| # taz.de -- Zukunft der Bremer Jacobs University: Abwicklung im Geheimen | |
| > Von der geplanten Übergabe an ein deutsch-chinesisches Konsortium | |
| > erfuhren die Lehrenden der Bremer Jacobs-Uni aus der Presse. Sie fordern | |
| > Mitsprache. | |
| Bild: Hier soll nun künstliche Intelligenz einziehen: die Jacobs University in… | |
| Bremen taz | An der Bremer Jacobs University (JUB) rumort es: [1][Nachdem | |
| in der vergangenen Woche bekannt wurde], dass die wissenschaftlich | |
| renommierte Privat-Uni zu einem Zentrum für Künstliche Intelligenz (KI) | |
| gesundgeschrumpft werden soll, melden sich nun die Wissenschaftler*innen | |
| der JUB zu Wort. Sie formulieren derzeit einen offenen Brief an die Bremer | |
| Politik – die sich einhellig begeistert zeigte von der Aussicht, dass die | |
| JUB nun von dem deutschen Software-Riesen SAP, dem chinesischen | |
| Software-Entwickler Neusoft und dem Deutschen Forschungszentrum für | |
| Künstliche Intelligenz übernommen werden könnte. | |
| „Wir wussten davon überhaupt nichts“, sagt der Mathematik-Professor Marcel | |
| Oliver der taz. Er erfuhr nach eigenem Bekunden aus den Medien von der | |
| Übernahme: „Da ist vorher überhaupt nichts durchgesickert.“ Manche an der | |
| JUB vermuten gar, dass auch die Uni-Leitung um den Präsidenten Antonio | |
| Loprieno von der Entwicklung überrascht wurde. Sie hat sich zunächst auch | |
| gar nicht öffentlich zum Ende der JUB geäußert. | |
| Bislang sind die Pläne auch lediglich eine Absichtserklärung – doch | |
| spätestens im Sommer soll alles unter Dach und Fach sein. Was den | |
| rot-grün-roten Senat an den Plänen besonders begeistert, ist die Aussicht, | |
| dass die Einrichtung in Zukunft ohne staatliches Geld auskommen könnte. | |
| „Alles ist besser als eine Insolvenz in drei Jahren“, heißt es derweil in | |
| Uni-Kreisen. Dabei hatten die Wirtschaftssenatorin von der Linken und auch | |
| der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft in der Vergangenheit auch über eine | |
| Fusion der JUB mit der staatlichen Bremer Uni nachgedacht. | |
| Seit ihrer Gründung vor fast 20 Jahren hat die privatwirtschaftlich | |
| organisierte JUB immer wieder Zuschüsse und Bürgschaften erhalten – | |
| insgesamt bekam sie rund 200 Millionen Euro aus der öffentlichen Hand, um | |
| weiter existieren zu können. Zuletzt kündigte die namensgebende Jacobs | |
| Stiftung an, ihre Anteile an der JUB bis Jahresende abzugeben. Künftig | |
| sollen sich Lehre und Forschung ausschließlich der Künstlichen Intelligenz | |
| widmen, die Zahl der Plätze für Studierende soll auf 3.000 verdoppelt | |
| werden. | |
| ## Ende der Träume der privaten „Voll-Uni“ | |
| Auf Kritik bei den Professor*innen und Dozent*innen stößt vor allem die | |
| [2][Beteiligung von Neusoft an dem neuen Betreiberkonsortium] der | |
| Hochschule: „Da sind Konflikte vorprogrammiert“, sagt Marcel Oliver, der | |
| von der JUB fordert, diese nun auch zu thematisieren und auszutragen. Auch | |
| andere fürchten den Einfluss des chinesischen Staatsapparates auf Forschung | |
| und Lehre, von „relativ großen Vorbehalten“ ist in Gesprächen hinter den | |
| Kulissen die Rede, von einem „schillernden Ruf“ der Firma Neusoft. | |
| Präsident Antonio Loprieno war 2019 angetreten, um zu beweisen, dass es in | |
| Deutschland eine [3][“Mini-Volluniversität“ auch in privater Trägerschaft] | |
| geben kann. Das ist nun misslungen. Wie viel davon in ein Zentrum für | |
| Künstliche Intelligenz gerettet werden kann, ist unklar. Sicher ist, dass | |
| nicht alle Wissenschaftler*innen in dem neuen Konzept Platz haben, | |
| zahlreiche Studiengänge sind hinfällig; alle Studierenden sollen ihre | |
| Ausbildung aber noch hier beenden können. | |
| Die JUB habe „eine exzellente Reputation“, heißt es in dem Entwurf des | |
| offenen Briefes der Wissenschaftler*innen, der der taz vorliegt. „Es ist | |
| keine gute Idee“, den Gedanken an eine private Voll-Uni „ganz aufzugeben“, | |
| sagt Marcel Oliver, der einerseits auf den allgemeinen Bildungsauftrag | |
| pocht, andererseits aber auch darauf, dass die Forschung zur KI fachlich | |
| zumindest möglichst breit aufgestellt wird. | |
| Die Wissenschaftler*innen der JUB fordern nun, dass ihre Gremien in die | |
| Neuausrichtung der Uni maßgeblich eingebunden werden. „Das ist im Grunde | |
| eine Selbstverständlichkeit“, findet Oliver. Die Rechtslage ist da aber | |
| uneindeutig – bei allen Angelegenheiten, die Forschung und Lehre berühren, | |
| müssten die Hochschullehrer*innen an einer staatlichen Uni über die | |
| absolute Stimmenmehrheit in den entsprechenden Gremien verfügen, eine | |
| ähnliche Regelung gibt es auch bei der JUB. Andererseits geht es hier ja | |
| vorrangig um geschäftliche Fragen, und die Uni ist als gemeinnützige GmbH | |
| organisiert. | |
| An der Spitze der Jacobs-Uni zeigt man derweil nicht allzu viel Interesse | |
| an Mitsprache der Wissenschaftler*innen. Zwar würden die relevanten Gremien | |
| „selbstverständlich“ und „nach bestem Stand des Wissens über die jeweil… | |
| Entwicklungen“ informiert, sagt der JUB-Pressesprecher eilfertig. Zu | |
| konkreten Ergebnissen werde man aber erst dann sprechen können, „wenn es | |
| seitens der verantwortlichen Gremien entsprechende Beschlüsse gibt“. | |
| 24 Nov 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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