| # taz.de -- Blogger der „Welt“ Don Alphonso: Der Troll vom Tegernsee | |
| > Don Alphonso twittert über Linke, die dann von seinen rechtsextremen | |
| > Followern bedroht werden. Sein Arbeitgeber Springer verteidigt ihn. | |
| Bild: Wo hört Rainer Meyer auf und wo beginnt Don Alphonso? | |
| Allzu viel weiß man nicht über Rainer Meyer. Er ist ein Mann, der Fahrräder | |
| liebt. Er hat ein Faible für feines Porzellan und lässt sich in pittoresken | |
| Wohnzimmern ablichten. Meyer trägt gerne traditionelle Janker, ist 52 Jahre | |
| alt, sitzt in der [1][Jury des Medienpreises des Deutschen Bundestags] und | |
| ist Autor bei der Welt. Er könnte einer von denen sein, die sich, würde er | |
| denn nicht am Tegernsee wohnen, im Edelrestaurant Borchardt treffen und ab | |
| und zu rüberwinken an die Tische, wo sich die Nikolaus Blomes und Ulf | |
| Poschardts dieser Welt zuprosten. | |
| Er könnte eine dieser Figuren sein, die sehr erfolgreich im Strom der | |
| konservativen Edelfedern mitschwimmen, trotz ihrer immer wieder zutage | |
| tretenden reaktionären Ansichten. Rainer Meyer könnte einer von vielen | |
| sein, an die man sich längst gewöhnt hat. Aber Rainer Meyer führt ein | |
| problematisches Doppelleben: ein Doppelleben als Don Alphonso. | |
| Don Alphonso reicht es nicht, in Überschriften zu fragen, ob man | |
| Seenotrettung vielleicht einfach lassen sollte, so wie es die Zeit 2018 | |
| tat. Don Alphonso möchte und muss ständig einen Schritt weitergehen. Auf | |
| welt.de betreibt er zwei Blogs, sie tragen die Namen „Die Stützen der | |
| Gesellschaft“ und „Deus Ex Machina“. So hießen sie schon bei der FAZ, und | |
| Don Alphonso wählte dort Titel wie „Der rote N**** auf dem Dach“ oder „D… | |
| ostafrikanische Kulturkreis als Erklärung für sexuelle Nötigung“. | |
| In den Texten werden solche Überschriften dann äußerst blumig relativiert, | |
| bis man so eingelullt von dieser nervtötenden Sprache ist, dass man kaum | |
| noch wahrnimmt, was einem da eigentlich ins Gehirn gepflanzt werden soll. | |
| Don Alphonso ist der barocke Landschaftsgärtner der rechten Ideologien. Er | |
| verabscheut Greta Thunberg, kritisiert den „Ärger über den weißen Mann“, | |
| spricht von „Gaudimigration“ und „prekären Frauen mit Vorlieben für | |
| dressierte Eunuchen“. | |
| Der Autor Stephan Anpalagan hat solche Beispiele erst kürzlich [2][in den | |
| sozialen Medien] zusammengetragen. Liest man sie, wird deutlich: Don | |
| Alphonso könnte ein anonymer rechter Vorzeigetroll erster Güte sein, denn | |
| er erfüllt sämtliche Voraussetzungen. Nur: Don Alphonso ist eben auch | |
| Rainer Meyer. Und Don Alphonso ist Autor beim Springer-Konzern. | |
| ## Erst Shitstorm, dann echte Bedrohung | |
| „Die Methode Don Alphonso ist die der rechten Trollmethodik, aber mit der | |
| Legitimation eines anerkannten Journalisten“, schrieb auch [3][Natascha | |
| Strobl], Analystin von rechten Netzwerken und Rechtsradikalismus auf | |
| Twitter. Das macht ihn so gefährlich. Als Don Alphonso greift Meyer nicht | |
| nur rhetorisch und moralisch immer wieder in die unterste Schublade, er | |
| setzt auch mehrheitlich links angesiedelte JournalistInnen einer massiven | |
| Gefahr aus. Wer auf seinem Twitter-Account erwähnt wird, ist gezwungen, | |
| sich eine neue Telefonnummer oder sogar Wohnadresse zuzulegen. | |
| Die Journalistin Sibel Schick hat das erlebt. Seit Jahren wird sie die | |
| Geister nicht mehr los, die Don Alphonso rief. „Am Anfang war es ein | |
| Shitstorm“, sagt Schick. Alphonso hatte im Jahr 2018, [4][bevor sein | |
| damaliger Arbeitgeber, die FAZ], ihn entließ und er vom Springer-Konzern | |
| mit offenen Armen empfangen wurde, in seinem Blog über sie geschrieben und | |
| den Namen ihres damaligen Arbeitgebers veröffentlicht. Schick erschien | |
| plötzlich auf dem Radar der rechtsradikalen Szene und landete auf dem | |
| YouTube-Kanal des Identitären-Chefs Martin Sellner. Aus dem anfänglichen | |
| Shitstorm wurde eine ernste Bedrohung. | |
| Kurz darauf wurden ihre Adresse und ihre Telefonnummern geleakt, sagt sie. | |
| Kommentare wie „Hitler hätte dich vergasen sollen“ waren von da an Alltag | |
| für sie. Mit Schicks Adresse wurden unzählige Bestellungen getätigt, sie | |
| wurde angerufen, zu Hause und auf der Arbeit. Schick zog schlussendlich in | |
| eine andere Stadt. Noch bevor sie sich umgemeldet hatte, wurde auch ihre | |
| neue Adresse veröffentlicht. Es gehe darum, „die betreffende Person zu | |
| isolieren, ihr privat und beruflich zu schaden“, sagt Schick. | |
| ## Bis es eskaliert | |
| Schick ist eine von vielen Betroffenen, die der Hetze von Don Alphonso und | |
| seiner Anhänger ausgesetzt ist. Als der Rechtsextremismusexperte Robert | |
| Wagner von Alphonso [5][auf Twitter] als „Befürworter politischer Gewalt“ | |
| bezeichnet wird, findet er sich wenig später auf einer Feindesliste von | |
| Neonazis wieder. Der Journalist Sebastian Pertsch berichtet von ähnlichen | |
| Erfahrungen, er sei „angegriffen, beleidigt, mit Hass und Häme überzogen“ | |
| und bedroht worden, erklärt er [6][öffentlich auf Twitter]. | |
| Als Ssaman Mardi, Mitarbeiter für die Grünen im Bundestag, ein Foto von | |
| sich auf Twitter mit einem Sticker teilt, auf dem das Zeichen der Antifa | |
| abgebildet ist, antwortet ihm Don Alphonso ebenfalls auf Twitter: „Eure | |
| Steuergelder bei der Arbeit im Bundestag. Ich dachte eigentlich, dass man | |
| sich nach 1945 das Anlegen von Armbinden überlegen würde. Ssaman Mardi | |
| arbeitet einer Grünen-Abgeordneten zu.“ Später erhält Mardi Dutzende | |
| Morddrohungen, erzählt er. Er sagt über Don Alphonso: „Seine Gefolgschaft | |
| zögert nicht lange, schwärmt aus und radikalisiert sich in Kommentaren und | |
| Beleidigungen sowie auf anderen Plattformen zunehmend, bis es vollends | |
| eskaliert.“ | |
| Meyers Anhängerschaft besteht unter anderem aus bekannten und | |
| einflussreichen Rechtsextremen. Von den 133 aktivsten Accounts, die | |
| beispielsweise Inhalte der Identitären Bewegung auf Twitter teilen, folgen | |
| 62 Prozent Don Alphonso, analysierte der [7][linke „Volksverpetzer“-Blog] | |
| kürzlich. Inhalte, die normalerweise „nur“ von den unzähligen Accounts der | |
| rechten Trollarmeen verbreitet werden, werden durch Alphonso und seine | |
| Position als Welt-Autor legitimiert und bekommen einen bürgerlichen | |
| Anstrich. | |
| ## Kritik nicht erwünscht | |
| Auf eine Anfrage der taz, wie die Welt zu den Vorwürfen gegen ihren Autor | |
| stehe, verweist man auf einen kürzlich [8][erschienenen Kommentar] von | |
| Peter Praschl. Der allgemeine Tenor im Springer-Haus lautet: Wer die | |
| Hasskampagnen ihres Autors kritisiert, stellt sich gegen die | |
| Meinungsfreiheit und betreibt sogenannte linke Hetze. | |
| Im Fall des von Recep Tayyip Erdoğan und Neofaschisten attackierten | |
| Welt-Autors Deniz Yücel habe Poschardt Ähnliches erlebt, sagte Letzterer | |
| vergangene Woche [9][im Deutschlandfunk]. „Da war es die AKP und die AfD, | |
| Alice Weidel, Herr Meuthen und Frau von Storch. Und jetzt sind es eben | |
| Mario Sixtus, Frau Stokowski und andere, die auf der anderen Seite des | |
| politischen Spektrums jemanden öffentlich vor sich hertreiben.“ Margarete | |
| Stokowski ist unter anderem Spiegel-Kolumnistin, Sixtus Filmemacher. Beide | |
| positionieren sich on- wie offline vehement gegen rechte Positionen und | |
| Misogynie. Wer sich also gegen organisierte Hasskampagnen stellt oder | |
| darauf aufmerksam macht, ist für Poschardt gleichzusetzen mit Despoten und | |
| faschistoiden Hetzern. | |
| Deutschland und Springer 2019 bedeutet eben immer noch: Wer Hetzer | |
| kritisiert, wird selbst zu einem gemacht. Wer rechte Menschenfeinde | |
| bekämpfen möchte, dem werden die angeblich gleichen Methoden vorgeworfen. | |
| Und wer sich in seinem Blatt einen Rainer Meyer leistet, um vermeintlich | |
| die Meinungsfreiheit zu schützen, der ist mitverantwortlich für die für | |
| viele offenbar immer noch unvorstellbaren Auswüchse dieser Politik. | |
| Don Alphonso hielt übrigens lange Zeit wenig von dem Arbeitgeber, der ihn | |
| nun so vehement verteidigt. Wie viele Rechte nutzt er etablierte | |
| Plattformen, um sich in den bürgerlichen Diskurs zu drängen. Das machte er | |
| vor Jahren deutlich. „Ich lege keinerlei Wert auf eine Verlinkung durch | |
| einen Konzern, der der Inbegriff der Gosse und eine Schande für den | |
| Journalismus ist.“ Meyer sprach damals von Springer. | |
| 28 Nov 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bundestag.de/parlament/parlamentspreise/medienpreis/jury_medien… | |
| [2] https://www.facebook.com/stephan.anpalagan/posts/2526433714058813 | |
| [3] https://twitter.com/Natascha_Strobl/status/1197862947554496523 | |
| [4] /Haeme-auf-Twitter/!5486363 | |
| [5] https://twitter.com/robertwagner198/status/1196086631343804416 | |
| [6] https://twitter.com/Pertsch/status/1191873536333406214 | |
| [7] https://www.volksverpetzer.de/schwer-verpetzt/don-alphonso | |
| [8] https://www.welt.de/kultur/plus203742856/Streit-um-Don-Alphonso-Die-Quittun… | |
| [9] https://www.deutschlandfunkkultur.de/debatte-um-don-alphonso-wenn-hass-aus-… | |
| ## AUTOREN | |
| Juri Sternburg | |
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