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# taz.de -- „Welt“-Autor Don Alphonso: Das große Schweigen
> Don Alphonso ist in der Jury des Medienpreises des Bundestags. Auf
> Twitter attackiert er Linke. Stören sich die anderen Jury-Mitglieder an
> ihm?
Bild: „Dann hat der ja meine Privatadresse“: Welt-Autor Don Alphonso
Die zahlreichen sprachlichen Entgleisungen und Aktivitäten des
Welt-Bloggers Don Alphonso wurden inzwischen dutzendfach beleuchtet. [1][In
dieser] und in anderen Zeitungen. Und auf Twitter, dieser Plattform, auf
der sich niemand so richtig entscheiden kann, ob dort die Themen gesetzt
werden oder sich bloß ein paar journalistische Meinungsblasen gegenseitig
bekriegen.
Wenn ich auf der Straße oder in der U-Bahn frage, kennt eigentlich niemand
Don Alphonso. Und dennoch gibt es Gründe, warum man Don Alphonso, seine
Arbeit und vor allem seinen Arbeitgeber, die Welt, kritisch in den Fokus
rücken sollte.
Dass es einen Typen gibt, der in einem Springer-Medium Texte schreibt, die
rassistische und antisemitische Interpretationen zulassen, wer wäre
überrascht? Dass dieser Mann in den sozialen Medien als Katalysator für
rechtsextreme Themen dient – auch keine Seltenheit. Dass der gleiche Mann
mit dem Allerweltsnamen Rainer Meyer sich ein Pseudonym wie „Don Alphonso“
gibt und sich gerne als Edelfeder präsentiert, obwohl die meisten seiner
Texte nur ganz knapp an toxischen Tagebucheinträgen eines abgehängten
Wüterichs vorbeischrammen – geschenkt!
Warum also dieser Text? Nun, weil Don Alphonso eine Gefahr darstellt für
Menschen, die er an den virtuellen Pranger stellt. Die Namen der Opfer: Wer
sie sucht, findet sie. Es sind Journalist*innen, Politiker*innen, deren
Mitarbeiter*innen. Nach Erwähnung durch Don Alphonso sahen sie sich laut
eigener Aussage mit Telefonterror und Morddrohungen konfrontiert. Sie
berichten von Schmähungen, Beleidigungen, von beruflichen wie privaten
Folgen.
## Geliebt vom Chefredakteur
Don Alphonso weist es selbstverständlich weit von sich, Schuld an all
diesen Vorgängen zu tragen. Aber die Fülle an Fällen, die Vorsicht, mit der
Privatpersonen, Kolleg*innen und ganze Redaktionen sich an das Thema Don
Alphonso wagen, spricht für sich. Als ich 2019 meinen ersten Text zum
[2][„Troll vom Tegernsee“ schrieb], wurde mir empfohlen, sämtliche
Online-Profile auf privat zu stellen. Zur Kontaktaufnahme riet man mir,
eine neue E-Mail-Adresse anzulegen. Das ist der Normalzustand, wenn es um
den Mann geht, der neben seinen Netz-Attacken gerne Fotos von glasierten
Kuchen und stattlichen Bergen postet.
Die Autorin Margarete Stokowski fasste das System Rainer Meyer [3][in einem
Tweet] prägnant zusammen: „1.) Leute kritisieren auf twitter irgendwas
Rassistisches oder Sexistisches 2.) Meyer aka Don Alphonso screenshottet
alles mit 3.) und teilt vorab auf seinem Profil ein paar Screenshots und
behauptet desaströs Hintergrundinfos zu haben über die angeblich so
mächtigen Protagonist*innen des sogenannten Shitstorms, die er aber
exakt niemals hat, denn er kann nicht mehr recherchieren als unsere Omas,
4.) Die Leute, die er rausstellt, zufällig meist migrantische Frauen ohne
unbefristeten Arbeitsvertrag, werden schon mal von seinen Followern,
zufällig oft Faschos, online angegriffen, 5.) Paar Tage später kommt dann
ein ewig langer und schlecht lesbarer (Causa Stil) Text von ihm auf Welt
Online, wo alles nochmal nacherzählt wird, wo er dann schreibt woher diese
Protagonist*innen schon mal Geld bekommen haben (am geilsten:
staatliche Stellen)“.
Mehr gäbe es zu Don Alphonso eigentlich nicht zu sagen. Wenn da nicht die
Menschen wären, die mit ihm arbeiten, die ihn schützen.
Da ist natürlich sein Arbeitgeber, die Welt, deren Chefredakteur Ulf
Poschardt, ein liberal daherkommender Porsche-Fan. Wenn sein Autor Don
Alphonso, wie jüngst von Antonia Baum [4][in der Zeit], sehr analytisch
filetiert wird, dann fällt Poschardt nicht mehr dazu ein als [5][„i <3 Don
Alphonso“ zu tweeten]. Poschardt findet offenbar nichts Verwerfliches
daran, einen rechten Schaumschläger zu verteidigen. Aber Poschardt
verteidigt ihn nicht nur, er liebt ihn offenbar sogar. Für Liebe braucht
man nämlich keine Argumente mehr.
## Antworten der Jury
Und es gibt noch weitere Menschen, die mit Don Alphonso zusammenarbeiten.
Zum Beispiel die Jury zur Vergabe des Medienpreises des Bundestags, direkt
berufen von Wolfgang Schäuble. Es mag etwas merkwürdig anmuten, dass ein
Blogger, vor dem sich zahlreiche Kolleg*innen fürchten, in einer Jury
sitzt, die Journalistenpreise vergibt. [6][Und tatsächlich berichtete
vergangenes Jahr etwa der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow], dass er
Zuschriften von Journalist*innen erhalte, die ihre Beiträge nicht
einreichen wollten, weil der Medienpreis seinen unabhängigen Ruf verloren
habe. Eine kurze, persönliche und sicher nicht repräsentative Umfrage im
Kollegenkreis fördert ähnliche Haltungen zutage: Seinen Text an eine Jury
schicken, in der Rainer Meyer sitzt? Nein danke. Auch Reaktionen wie „Dann
hat der ja meine Privatadresse“ gibt es.
Außer Rainer Meyer beziehungsweise Don Alphonso sitzen in der Jury [7][noch
weitere Mitglieder]. Daniel Goffart von der Wirtschaftswoche etwa, Anita
Fünffinger aus dem ARD-Hauptstadtstudio, Torsten Kleditzsch von der Freien
Presse Chemnitz, Shakuntala Banerjee vom ZDF oder Marc Felix Serrao von der
NZZ.
Wie soll es einer Jury möglich sein, ordentlich zu arbeiten, wenn offenbar
signifikante Teile der potenziellen Preisträger*innen sich weigern,
ihre Texte einzureichen oder sogar Angst vor einem Jurymitglied haben? Ist
jemandem in den Sinn gekommen, die Jury zu verlassen, so wie es
beispielsweise die Jury-Mitglieder des Ludwig-Erhard-Preises taten, nachdem
Friedrich Merz den Preis ablehnte, mit Verweis auf die Mitgliedschaft des
rechten Bloggers Roland Tichy?
Antworten auf diese Fragen gibt die Jury nur spärlich. Auf meine Anfragen
gab es entweder gar keine Reaktion oder es wurde auf die Vorsitzende
verwiesen, Prof. Dr. Claudia Nothelle von der Hochschule Magdeburg-Stendal.
Mehrere Jurymitglieder erklärten, die Vorsitzende würde ein Statement
abgeben, welches „für die gesamte Jury spricht“.
Prof. Dr. Nothelle antwortete schließlich auf die Frage, inwiefern es für
Sie problematisch oder eben unproblematisch ist, gemeinsam mit Rainer Meyer
in einer Jury zu sitzen, wie folgt: „Normalerweise beschäftigen wir uns mit
den eingereichten Beiträgen und nicht mit dem, was die Jurykolleginnen und
-kollegen so treiben. Dennoch gehen diese Debatten selbstverständlich nicht
spurlos an uns vorüber. Ich kann nur sagen: Ich stehe für einen
Journalismus, der nicht hetzt, nicht beleidigt und nicht menschenverachtend
ist.“
## Offene Fragen
Dieses Statement klingt dann doch nicht so, als spräche die Jury mit einer
Stimme. Oder spricht die Vorsitzende hier etwa auch für Rainer Meyer? Das
wäre dann doch zu absurd. Ansonsten herrscht eben größtenteils Schweigen.
Als wäre es einigen Jury-Mitgliedern peinlich, über dieses Thema zu
sprechen. Weitere Fragen werden entweder wortreich umschifft – oder eine
Antwort wird ganz explizit abgelehnt.
Wie eine Jury, die es in einem solch wichtigen Punkt nicht schafft, eine
gemeinsame Haltung zu finden, den Medienpreis des Parlaments vertreten
soll, bleibt eine der vielen offenen Fragen, die das Wirken von Don
Alphonso in der Medienlandschaft hinterlässt.
10 Feb 2021
## LINKS
[1] /Bedrohungen-ausgeloest-von-Welt-Autor/!5705120
[2] /Blogger-der-Welt-Don-Alphonso/!5641160
[3] https://twitter.com/marga_owski/status/1354110559168376832?s=20
[4] https://www.zeit.de/2021/06/rainer-meyer-don-alphonso-blog-rechte-gewalt-re…
[5] https://twitter.com/ulfposh/status/1357253201934884869?s=20
[6] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/kritik-an-welt-autor-rainer…
[7] https://www.bundestag.de/parlament/parlamentspreise/medienpreis/jury_medien…
## AUTOREN
Juri Sternburg
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