| # taz.de -- Biobäuerin über Regeln für „Genfood“: „Meine Lebensmittel … | |
| > Pola Krenkel sorgt sich, wie sie weiterhin Nahrungsmittel ohne Gentechnik | |
| > anbieten kann. Denn die EU erwägt, die Kennzeichnungspflicht zu lockern. | |
| Bild: Gentechnik oder nicht? Ein reifer Maiskolben | |
| taz: Frau Krenkel, am Mittwoch wollen sich die EU-Institutionen auf eine | |
| [1][Lockerung der Regeln] für viele Lebensmittel aus gentechnisch | |
| veränderten Pflanzen einigen. Zahlreiche mithilfe neuer Gentechnikmethoden | |
| wie Crispr/Cas hergestellte Nahrungsmittel sollen künftig weder | |
| gekennzeichnet noch geprüft werden. Wie finden Sie das als Biobäuerin? | |
| Pola Krenkel: Ich finde das natürlich blöd, weil ich als Biobäuerin | |
| weiterhin gentechnikfreie Nahrungsmittel produzieren will. Meine | |
| Lebensmittel sollen gentechnikfrei bleiben. Ich weiß nicht, wie ich das | |
| noch garantieren kann, denn durch Wind, Insekten oder Vögel kann Saatgut | |
| weitergetragen werden. Wir haben außerdem Angst, dass die Mehrkosten, die | |
| entstehen, um gentechnikfreie Produktion weiterhin sicherzustellen, am Ende | |
| bei uns Bäuerinnen und Bauern hängen bleiben. | |
| taz: Gibt es nicht weiterhin Sicherheitsabstände oder andere Vorschriften, | |
| die verhindern sollen, dass gentechnisch verändertes Saatgut auf andere | |
| Felder driftet? | |
| Krenkel: Man kann die Natur nicht kontrollieren. Hier im Süden ist die | |
| Landwirtschaft kleinteiliger strukturiert als im Norden. Konventionelle und | |
| Bioflächen liegen dicht beieinander. Da stelle ich mir das sehr schwierig | |
| vor. | |
| taz: In der Bio-Landwirtschaft wären nach dem Gesetzesvorschlag aber | |
| weiterhin alle Gentechnikpflanzen verboten. Reicht Ihnen das nicht? | |
| Krenkel: Das muss dann auch praktisch umsetzbar sein. Es muss klar geregelt | |
| werden, wie das funktionieren soll. Bisher sehe ich da nicht viel. | |
| taz: Gentechnisch veränderte Pflanzen können anders als konventionelle | |
| patentiert werden. Warum ist das für Sie ein Problem? | |
| Krenkel: Dadurch, dass wir nicht kontrollieren können, ob das Saatgut auf | |
| unsere Flächen fliegt, müssten wir dann eine Strafe zahlen. Oder das | |
| Saatgut bezahlen, das wir gar nicht bestellt haben? Das wollen wir nicht. | |
| Außerdem: Das sind dann wieder große Firmen, die viel in der Hand haben: | |
| BASF und Bayer zum Beispiel. Das ist grundsätzlich schwierig. Die machen ja | |
| jetzt auch den Druck, die wollen die Deregulierung der neuen Gentechnik. | |
| taz: Deshalb hat das EU-Parlament in seinem Vorschlag von April 2024 ein | |
| Verbot von Patenten auf die meisten Pflanzen der neuen Gentechnik | |
| aufgenommen. Beruhigt Sie das? | |
| Krenkel: Das kann die EU gar nicht allein durchsetzen, weil dafür | |
| internationale Verträge geändert werden müssten, zum Beispiel das | |
| Europäische Patentübereinkommen. Und ob sich der Vorschlag des Parlaments | |
| durchsetzt, ist ja auch unklar. Der Rat fordert so etwas gar nicht erst. | |
| taz: Was würde die Reform für Verbraucher bedeuten? | |
| Krenkel: Sie wissen nicht mehr, was sie auf den Teller bekommen. Denn | |
| sowohl bei der konventionellen Ware, als auch der ökologischen wäre nicht | |
| mehr klar, ob es gentechnisch veränderte Lebensmittel sind. In einer | |
| Umfrage haben sich 79 Prozent der Menschen für eine klare Kennzeichnung | |
| ausgesprochen. | |
| taz: Was ist Ihrer Meinung nach so gefährlich an der Gentechnik in der | |
| Landwirtschaft? | |
| Krenkel: Solche Eingriffe in die Umwelt haben immer Folgen. Wir wissen | |
| nicht, was es für Folgen hat, weil diese nicht genug erforscht sind. | |
| taz: Kann man mit der Gentechnik den Hunger bekämpfen? | |
| Krenkel: Das sehe ich nur bedingt. Auch die Welternährungsorganisation FAO | |
| ist dieser Meinung. Als Biobäuerin bin ich nicht für Monokulturen, sondern | |
| für Diversität. Die Gentechnik geht ja immer in die Richtung der großen, | |
| intensiven Landwirtschaft. Einzelne Pflanzen werden verändert, nicht viele | |
| verschiedene Sorten, die werden dann gefördert und großflächig angebaut. | |
| taz: Die Befürworter versprechen sich von der Technik zum Beispiel mehr | |
| Getreide, das besser mit der Klimakrise klarkommt. Finden Sie das | |
| überzeugend? | |
| Krenkel: Das klingt erst mal gut. Und es gibt auch Wissenschaftler, die | |
| sich für die neue Gentechnik aussprechen, wobei da auch viel Druck seitens | |
| der Fördergeldgeber kommt. Ich vertraue auf die wissenschaftlichen Stimmen, | |
| die sich dagegen aussprechen wie die Fachstelle für Gentechnik und Umwelt | |
| und das Bundesamt für Naturschutz. | |
| taz: Glauben Sie, dass die Gentechnik es überhaupt schafft, solche | |
| Superpflanzen gegen die Klimakrise zu erzeugen? | |
| Krenkel: Nicht wirklich. Denn selbst wenn die Methode der Genschere | |
| Crispr/Cas einen viel schnelleren Züchtungserfolg möglich macht, sagen | |
| selbst Experten, dass Eigenschaften wie Trockenresistenzen zu komplex sind. | |
| In den USA ist die Gentechnik schon lange dereguliert, und trotzdem sind | |
| dort kaum solche Pflanzen auf dem Markt. | |
| taz: Wenn die EU-Institutionen ihre Verhandlungen abgeschlossen haben, muss | |
| der Ministerrat formal über das Ergebnis abstimmen. Wie sollte sich der | |
| deutsche Agrarminister Alois Rainer (CSU) dabei verhalten? | |
| Krenkel: Deutschland sollte dagegen stimmen oder sich zumindest enthalten. | |
| Und wenn die Reform doch durchkommt, wollen wir, dass der Staat uns | |
| Biobauern mit den Mehrkosten nicht alleinlässt. | |
| 1 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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