| # taz.de -- Bildungsstreik gegen G20: Fehlstunden bei Demo-Teilnahme | |
| > Schüler planen eine Demo während der Schulzeit gegen G20. Die GEW rät den | |
| > Schulen, dies als „praktischen Unterricht“ zu behandeln. | |
| Bild: Streik als Schul-Projekt: 2013 (Foto) noch toleriert, nun aber nicht mehr… | |
| Hamburg taz | Unter all die vielen Demos dieser Tage mischt sich auch ein | |
| Bildungsstreik. Das Bündnis „Jugend gegen G20“ ruft für Freitag früh ab | |
| 10.30 Uhr zu einer Demo in der südlichen Innenstadt auf. Die Route ab | |
| Deichtorplatz ist von der DGB-Jugend angemeldet und genehmigt. Allerdings | |
| ging am Dienstag ein Brief der Schulbehörde raus, der Schüler wie Lehrer | |
| vor einer Teilnahme warnte. | |
| „Die Demonstration findet zu einer Zeit statt, in der Schülerinnen und | |
| Schüler zur Teilnahme am Unterricht und Lehrerinnen und Lehrer zur | |
| Arbeitsleistung in den Schulen verpflichtet sind“, heißt es in dem | |
| Schreiben, das der taz vorliegt. Eine Demo-Teilnahme in der Unterrichtszeit | |
| stelle für Schüler eine „Schulpflichtverletzung“ dar. Sprich: Es gibt ein… | |
| Fehlstundeneintrag ins Klassenbuch. Und bei Lehrern sei dies eine | |
| „Dienstpflichtverletzung“. | |
| Der Brief bezieht sich auf eine Pressemitteilung der Lehrergewerkschaft | |
| (GEW) Anfang dieser Woche. Die Gewerkschaft habe Schüler und Bedienstete | |
| zum Bildungsstreik „aufgerufen“. Die GEW wehrt sich nun dagegen und spricht | |
| von einer „Falschbehauptung“. „Weder haben wir die Kollegen zu einem Stre… | |
| aufgerufen noch die Schüler“, sagt Frederik Dehnerdt vom GEW-Vorstand. | |
| Richtig sei, dass sich die GEW über das Schüler-Engagement freue und die | |
| Lehrer anrege, Thema und Aktivität im praktischen Politikunterricht zu | |
| behandeln. | |
| „Im Idealfall legt die Schulleitung einen Projekttag zur politischen | |
| Bildung fest, diskutiert morgens über den G20 und geht dann mit den | |
| Schülern zur Demonstration.“ Die Schüler, die dort nicht hin wollten, | |
| blieben bei den anderen Kollegen in der Schule. Projekttage seien von der | |
| Schulpflicht gedeckt. Auf diese Weise seien Schulen auch 2013 beim | |
| Schülerstreik für Geflüchtete vorgegangen. Nun aber seien Kollegen | |
| verunsichert. Dehnerdt: „Ein Lehrer fragt uns, ob er die Demo mit seinen | |
| Schülern beobachten und hinterher drüber reden kann, oder ob die Behörde | |
| das auch verbietet.“ | |
| Doch 2013 wie heute sehen die Juristen der Behörde die Sache anders. Die | |
| Demo-Teilnahme als „Praktischer Unterricht“, sei wegen der politischen | |
| Neutralität des Schulwesens „ausgeschlossen“, heißt es in dem Brief an die | |
| Schulleiter. Und weiter: „Dass auf einer solchen Demonstration die | |
| Schülerinnen und Schüler Gefahren ausgesetzt sein können und die nötige | |
| Aufsicht nicht zu realisieren ist, wissen Sie.“ | |
| ## Unentschuldigte Fehlzeit | |
| Dazu sagt Dehnerdt: „Die Demo ist per Definition friedlich. | |
| Schlimmstenfalls könnte es sein, dass man vom Deichtorplatz gar nicht los | |
| kommt.“ Jeanine Weigel von der DGB-Jugend Nord ergänzt: „Wir wissen von | |
| Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern auf die Demo kommen.“ Sie nennt die | |
| Haltung der Behörde „doppelzüngig“. Denn viele Schulen seien ohnehin durch | |
| den Gipfel beeinträchtigt, weshalb die Behörde bereits Eltern erlaubt, ihre | |
| Kinder an diesem Tag abzumelden. Das Bündnis stellte gestern ein | |
| Muster-Schreiben ins Netz, mit dem Eltern ihre Kinder für die Demo | |
| entschuldigen können. | |
| Doch die Schulbehörde bleibt ihrer Linie treu. „Eine Entschuldigung mit der | |
| Begründung ,Teilnahme an einer Demonstration' würden wir nicht | |
| akzeptieren“, sagt Pressesprecher Peter Albrecht. Es gelte als | |
| unentschuldigte Fehlzeit. Es gebe genug andere Möglichkeiten „außerhalb der | |
| Unterrichtszeit, seine Meinung kundzutun“. Auch die Grüne Schulpolitikerin | |
| Stefanie von Berg hält eine Demo-Teilnahme im Rahmen des Schulunterrichts | |
| für „schwierig“. „Erstens gilt die Schulpflicht“, sagt von Berg. Und z… | |
| fänden zahlreiche Demonstrationen außerhalb der Schulzeit statt, die jungen | |
| Menschen offen stünden. | |
| Sabine Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Links-Fraktion, ist | |
| anderer Meinung. SPD und Grüne müssten, nachdem nun schon wegen des G20 | |
| Abmeldungen möglich sind, von Drohungen ablassen und „akzeptieren, wenn | |
| Schulen Projektunterricht durch Teilnahme an Demonstrationen gestalten.“ | |
| 6 Jul 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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