# taz.de -- Jugend-Demonstration am 1. Mai: „Die Angst vor den Rechten politi… | |
> Der Tag ist auch für die junge Generation wichtig, sagt eine | |
> SDAJ-Aktivistin – und erklärt, warum es dieses Jahr in Kreuzberg sogar | |
> eine eigene Jugenddemo gibt. | |
Bild: „Mit abstrakten Themen ist es schwierig, Jugendliche zu erreichen“: S… | |
taz: Frau Schulz, Sie sind 1996 geboren. Was verbinden Sie mit dem 1. Mai | |
1987? | |
Marie Schulz: Hm, wie sage ich das am besten? Ich glaube, ich verbinde | |
damit, dass dieser Tag als politischer Tag in Kreuzberg bis heute so | |
gesetzt ist: 1. Mai, da geht was politisch, das ist bis heute so, das weiß | |
jeder. | |
Gilt das auch für diejenigen in Ihrem Alter, die weniger politisch aktiv | |
sind als Sie? | |
Ich habe schon das Gefühl, dass auch unpolitische Leute in meinem Alter | |
etwas mit dem 1. Mai verbinden, und zwar nicht nur frei haben und feiern. | |
Das sieht man ja auch daran, dass viele Leute auf die 18-Uhr-Demo gehen, | |
die sonst nicht ständig auf Demonstrationen sind. | |
In den letzten Jahren hat Ihr Bündnis aus verschiedenen Jugendgruppen den | |
Jugendblock auf der 18-Uhr-Demo organisiert, in diesem Jahr veranstalten | |
Sie eine eigene Demo. Warum? | |
In diesem Jahr war lange unklar, ob die 18-Uhr-Demonstration angemeldet | |
wird oder nicht. Für uns war das schwierig, wir wollen Schülerinnen und | |
Schüler auf die Demo bringen, vielleicht auch Leute, die noch nie auf einer | |
Demo waren – die könnte das abschrecken. Weil wir aber auch keine | |
Konkurrenzveranstaltung machen wollen, rufen wir jetzt auf zu einer | |
Jugenddemo um 16 Uhr für alle, die einen sichereren Rahmen zum | |
Demonstrieren wollen. Wer möchte, kann danach noch auf die | |
18-Uhr-Demonstration gehen. | |
Gerade in diesem Jahr werden viele Vergleiche zur Situation in den | |
achtziger Jahren gezogen – die Jugend ist heute viel unpolitischer als | |
damals, heißt es dann oft. Ist da was dran? | |
Ob man Jugendliche politisch erreicht oder nicht, kommt sehr darauf an, wie | |
man es versucht. Meine Erfahrung ist: Mit abstrakten, unkonkreten Themen | |
ist es eher schwierig, Jugendliche zu organisieren. Wenn es was mit ihrem | |
eigenen Leben zu tun hat, geht es aber sehr wohl. Der Krieg in Syrien zum | |
Beispiel ist gefühlt für viele erst mal so weit weg, dass sie sich nicht | |
zum Protest aufraffen – wenn dann aber ein Bundeswehroffizier an die Schule | |
kommt, wird dagegen sehr wohl etwas unternommen. Dann ist das viel | |
greifbarer. | |
Warum klappt es nur mit den konkreten Themen? | |
Ich glaube, das hat etwas damit zu tun, dass man vielleicht nicht mehr so | |
leicht mit politischen Themen in Berührung kommt wie früher. | |
Politikwissenschaftsunterricht gibt es in Berlin zum Beispiel nur an den | |
Gymnasien, das heißt, superviele Leute erreicht das überhaupt nicht. Wenn | |
man dann nicht zufällig politische Eltern oder Freunde hat, spielen | |
politische Themen erst mal gar keine Rolle. | |
Sie haben schon früh angefangen, sich politisch zu engagieren. Wie kam es | |
dazu? | |
Ich weiß gar nicht so genau, warum. Aber ich habe schon ziemlich früh | |
angefangen, nach einem Grund zu suchen, warum die Dinge so sind, wie sie | |
sind. Ich komme nicht gerade aus normal bürgerlichen Verhältnissen, und | |
ich habe zum Beispiel angefangen, mich damit zu beschäftigen, warum es in | |
Deutschland für manche Leute viel schwerer ist, eine gute Bildung zu | |
bekommen, als für andere. Und dann haben natürlich auch Leute eine Rolle | |
gespielt, die ich kennengelernt habe. Es ist ja fast nie so, dass man | |
einfach ganz alleine aktiv wird, da spielt immer auch das Umfeld eine | |
Rolle. | |
Trump, Le Pen, AfD – überall sind Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. | |
Bringt das Jugendliche dazu, sich zu engagieren? | |
Auf jeden Fall. Wenn ich mich in letzter Zeit mit Leuten in meinem Alter | |
oder mit Jüngeren unterhalte, habe ich das Gefühl, dass das fast jeden | |
umtreibt, dass das für alle ein Thema ist, auch wenn sie es vielleicht erst | |
mal eher moralisch als politisch begründen. Überhaupt ist dieses Thema, | |
also die Angst vor rechtsextremen Bewegungen und der Widerstand dagegen, | |
ein ganz wichtiges Thema für Jugendliche. Ich kenne ganz viele, die darüber | |
politisch geworden sind. | |
Die Proteste gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm 2007 waren damals für | |
viele Jugendliche ein prägendes Ereignis. Dieses Jahr wird im Juli gegen G | |
20 protestiert. Wird das für die heute 17-, 18-Jährigen ähnlich wichtig? | |
Das finde ich schwierig zu beantworten. Eigentlich habe ich das Gefühl, | |
diese Gipfel sind schon so normal geworden, das ist kein großes Thema mehr. | |
Und viele wissen auch gar nicht, worum es bei den G 20 genau geht. Wenn da | |
viele Jugendliche hinfahren sollen, müsste man noch viel klarer aufzeigen, | |
dass das, was da passiert, auch für die Jugend verheerend ist. | |
1 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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