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# taz.de -- Schülerstreik für Lampedusa: Politikunterricht auf der Straße
> Mit einem Schulstreik setzen sich Jugendliche für ein Bleiberecht der
> Lampedusa-Flüchtlinge ein. Trotz angedrohten Klassenbucheintrags machten
> 3.500 mit.
Bild: Demo statt Unterricht: Rund 3.500 Schüler forderten ein Bleiberecht für…
Hamburgs Schülerschaft zeigt Courage: Mit einem Schulstreik haben am
Donnerstag etliche Schüler gegen die Flüchtlingspolitik des SPD-Senats
demonstriert. Sie setzten sich für ein humanitäres Bleiberecht der 300
libyschen Flüchtlinge der Lampedusa-Gruppe nach Paragraf 23
Aufenthaltsgesetz ein. Laut Polizeiangaben boykottierten rund 3.500 Schüler
aus Stadtteilschulen und Gymnasien aller Altersklassen den Unterricht und
zogen in einer Demonstration durch die Innenstadt zur Ausländerbehörde und
danach zur SPD-Zentrale im Kurt-Schumacher-Haus. Dabei skandierten sie
lautstark: „Kein Mensch ist illegal – Bleiberecht überall“ und „No Bor…
no Nation – stop Deportation.“
„Wir mussten eine neue Form des Widerstands wählen, um nicht einfach in der
Normalität des Schulunterrichtes unsere Augen zu verschließen“, sagte die
16-jährige Gymnasiastin, Nadia Abd el Hafez, die zur Gruppe von 100
Schülern gehört, die den Schulstreik organisiert haben. Die Schüler
forderten überdies eine generelle Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge und
freien Zugang zu Bildung und Ausbildung für Flüchtlingskinder. „Doch die
Politik ist zu feige“, schimpft Abd el Hafez. „Es ist peinlich in dieser
Stadt zu leben – aber wir sind die Zukunft in dieser Stadt.“
Vorbild ihrer Aktion war der landesweite Schulstreik im Oktober in
Frankreich – Anlass war dort die Abschiebung zweier Mitschüler gewesen.
Inspiriert fühlten sich die Organisatoren auch von der Schüleraktion im
vorigen Dezember, als die 18-jährige Fabiola Cruz, ihre Mutter Gabriela
sowie ihre beiden jüngeren Schwestern Andrea und Maria nach Honduras
abschoben werden sollten. Damals hatten die Elternräte der
Max-Brauer-Schule und der Stadtteilschule Winterhude rund 1.000 Schüler vom
„Protest des zivilen Ungehorsams während der Schulzeit“ überzeugen könne…
Die Abschiebung wurde verhindert.
Auch diesmal waren die Schüler nicht allein: So hatte die
Lehrergewerkschaft GEW den Schulstreik „Politikunterricht auf die Straße
bringen“ offen als „Zeichen von Zivilcourage“ unterstützt. „Wenn sich
Schüler für die Rechte von Flüchtlingen einsetzen“, sagte die
GEW-Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze, sei das als „praktischer
Politikunterricht zum Zwecke der politischen Bildung zu verstehen“. Allein
aus Hamburg sind laut GEW in den letzten zwei Jahren 61 Schüler nebst
Familien abgeschoben worden. Daher beteiligten sich auch zahlreiche Lehrer
an dem Protestmarsch.
Dass der Schulstreik auch Politikunterricht ist, machte die 23-jährige
Berufsschülerin Leonie Meliones deutlich. Deutschland stehe als
Rüstungsschmiede in der Pflicht zu helfen. „Statt die Fluchtursachen wie
Rüstungsexporte und Kriegseinsätze zu unterbinden, werden die Flüchtlinge
bekämpft“, beklagte Meliones.
Die Schulbehörde gibt an, was den Unterrichtsboykott angeht „cool“ zu
bleiben, sagte Sprecher Peter Albrecht. Angesichts von 225.000 Schülern sei
die „kleine Demonstration kein Kulturkampf“, sagte Albrecht. „Wer fehlt,
wird ins Klassenbuch eingetragen und braucht eine Entschuldigung der
Eltern.“
12 Dec 2013
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Wahl in Bremen
Streik
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Verdi
Lampedusa
Demonstrationen
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