# taz.de -- Besetzungen von Hochschulen: Streit um Palästina-Proteste | |
> Mehr als 100 Uni-Dozent:innen kritisieren in einem Brief die Räumung von | |
> Besetzungen an Universitäten. Die Wissenschaftsministerin reagiert | |
> empört. | |
Bild: Eine Frau diskutiert während propalästinensischen Demonstration an der … | |
BERLIN taz | Die propalästinensischen Proteste an der Freien Universität in | |
Berlin dauerten nur kurz: Nach wenigen Stunden wurden sie mit massivem | |
Polizeiaufgebot beendet. Doch sie schlagen hohe Wellen. Am Dienstag hatten | |
rund 150 Aktivist:innen versucht, auf dem Uni-Gelände einen Hof zu | |
besetzen und Zelte aufzubauen. Die Uni-Leitung schaltete die Polizei ein. | |
79 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Es wurden 80 | |
Strafermittlungsverfahren und 79 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. | |
Mehr als 100 Professor:innen und Dozent:innen von mehreren Berliner | |
Hochschulen [1][veröffentlichten daraufhin ein Statement]: „Unabhängig | |
davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden | |
sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf | |
friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt“, | |
heißt es darin. | |
Sie fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, „von Polizeieinsätzen | |
gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher | |
Verfolgung abzusehen“. Mehrere prominente Wissenschaftler:innen haben | |
unterzeichnet, darunter die Philosoph:innen Rahel Jaeggi, Eva von | |
Redecker und Robin Celikates, der Historiker Michael Wildt, die | |
Soziologinnen Naika Foroutan und Sabine Hark und der Jurist Maximilian | |
Steinbeis. | |
„Schock-Brief: Uni-Profs stellen sich hinter Judenhasser-Mob“, titelte die | |
Bild-Zeitung. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger [2][sagte | |
der Zeitung,] das Statement mache sie „fassungslos“: Statt sich klar gegen | |
Israel- und Judenhass zu stellen, würden die Uni-Besetzer verharmlost. | |
Gerade Lehrende müssten „auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“. | |
## Rücktrittsforderung an Ministerin | |
Im Netz erntete die FDP-Politikerin dafür scharfen Protest. Ralf Michaels, | |
Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales | |
Privatrecht in Hamburg, antwortete ihr auf X: „Es widerspricht Ihrer Rolle | |
als Bundesbildungsministerin, die Verfassungstreue Hochschullehrender so | |
pauschal anzuzweifeln.“ | |
Die Ministerin unterstelle den Unterzeichnern pauschal Antisemitismus und | |
setze sie „der Hetze der Bildzeitung“ aus, schrieb Matthias Goldmann, | |
Professor für internationales Recht in Wiesbaden. Kritischer Diskurs sei so | |
nicht mehr möglich. [3][Der Linken-Politiker und Jurist Niema Mossavat | |
forderte Stark-Watzinger gar zum Rücktritt auf]. | |
Zuspruch bekam die Ministerin von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai | |
Wegner. „Für die Verfasser dieses Pamphlets habe ich überhaupt kein | |
Verständnis“, sagte der CDU-Politiker der Bild. Antisemitismus und | |
Israelhass seien „keine Meinungsäußerungen, sondern Straftaten“. | |
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin und CDU-Vize Karin Prien zeigte sich | |
„fassungslos“, wie Wissenschaftler:innen „auf das humanitäre Leid in | |
Gaza verweisen, ohne die Geiseln der Hamas mit nur einer Silbe zu | |
erwähnen“. | |
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte, die | |
Aktivist:innen würden von Hass auf Israel und Juden angetrieben. | |
„Gerade von Hochschuldozenten hätte ich erwartet, dass dies zumindest klar | |
benannt wird, wenn sich schon für diese Form des Protestes eingesetzt | |
wird.“ | |
## Aufruf zum Boykott | |
[4][Bei den Protesten an der FU waren der Slogan „From the River to the | |
Sea, Palestine will be free“ und der Ruf nach einer „Intifada“ – Arabis… | |
für „Aufstand“ – zu hören gewesen]. | |
Die Gruppe „Student Coalition Berlin“ (SCB) veröffentlichte vorab auf | |
Instagram einen Forderungskatalog. Unter anderem solle die Universität für | |
einen sofortigen Waffenstillstand und Stopp deutscher Rüstungsexporte | |
einstehen. Auch verlangt die Gruppe einen umfassenden kulturellen und | |
akademischen Boykott Israels, was auch ein Ende der wissenschaftlichen | |
Kooperationen der FU mit israelischen Universitäten bedeuten würde. | |
In anderen Städten gab es zuletzt weitere Protestcamps. In Bremen und | |
Leipzig ließen die Unis sie räumen. In Köln stehen Zelte auf einer Wiese, | |
[5][in Hamburg gibt es eine Mahnwache]. | |
9 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfVy2D5Xy_DMiaMx2TsE7YediR6qifxoLD… | |
[2] https://www.bild.de/politik/inland/regierung-fassungslos-uni-skandal-eskali… | |
[3] https://twitter.com/niemamovassat/status/1788331014206419228?s=48&t=Xke… | |
[4] /Raeumung-eines-Camps-an-der-FU-Berlin/!600616 | |
[5] /Propalaestinensische-Gruppen-in-Hamburg/!6006138 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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