# taz.de -- Besetzung des Lafayette in Berlin: Die Häuser denen, die drin lesen | |
> Mitarbeiter der Berliner Zentral- und Landesbibliothek besetzen das | |
> ehemalige Lafayette-Gebäude an der Friedrichstraße – mit Duldung des | |
> Eigentümers. | |
Bild: Alles muss raus: Die Galeries Lafayette an der Friedrichstraße nach dem … | |
Berlin taz | Seit über einem Jahr wird in Berlin darüber diskutiert, ob die | |
drei Standorte der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) unter ein | |
gemeinsames großes Dach an der Friedrichstraße ziehen sollen. Passiert ist | |
nichts. Und dabei wird es wohl auch bleiben. Finanzsenator Stefan Evers | |
(CDU) machte jetzt jedenfalls noch mal deutlich, dass es „für das Jahr 2025 | |
keine Veranschlagung für eine entsprechende Maßnahme gibt“. | |
Die ZLB will die Idee eines Umzugs in das „Quartier 207“ genannte ehemalige | |
Gebäude der Kaufhausgruppe Galeries Lafayette nicht einfach so abschreiben. | |
Die Bibliotheksfreund:innen haben über 18.000 Unterschriften für ihre | |
„Jahrhundertchance“ gesammelt, mit Unterstützung von Kultursenator Joe | |
Chialo (CDU) kontinuierliche Lobbyarbeit dafür gemacht – an diesem | |
Donnerstag wollen sie die nächste Stufe zünden und den Riesenbau besetzen. | |
„Wir geben nicht auf. Wir wollen zeigen, dass es Sinn macht, in dieses | |
Gebäude umzuziehen“, sagt ZLB-Sprecherin Anna Jacobi zur taz. Vormittags | |
wollen die Mitarbeiter:innen in dem [1][seit dem Sommer leerstehenden | |
Luxuskaufhaus] noch unter sich bleiben. Ab 14 Uhr dann ist „Berlins | |
Bevölkerung“ eingeladen, sich selbst davon zu überzeugen, „dass das Gebä… | |
der richtige Ort“ für die ZLB ist. | |
Es wird eine „solidarische“ Lesebühne geben, Workshops, Stände – und vi… | |
Leere. „Wir stellen uns ein bisschen ein Happening vor. Aber wir wissen | |
selbst nicht, was passiert und wie viele Leute kommen“, sagt Jacobi. | |
## Besetzung der eigenen Art | |
Es ist freilich eine Besetzung der eigenen Art. Um 18 Uhr soll sie | |
planmäßig schon wieder beendet werden. Und, so Jacobi: „Wir haben die | |
Duldung des Hausbesitzers für die Nutzung an diesem Tag.“ Vermutlich nicht | |
ganz uneigennützig. Denn der „Hausbesitzer“, der US-Immobilieninvestor | |
Tishman Speyer, will das Quartier 207 eigentlich gewinnbringend losschlagen | |
– und zwar an das Land Berlin. Ansonsten, so die Alternative, [2][kämen | |
eben Büros in den Glaskasten]. | |
Anfang 2022 hatte Tishman Speyer das Haus [3][für geschätzt 300 Millionen | |
Euro erworben], nur um es eineinhalb Jahre später der Kulturverwaltung für | |
fast das Doppelte als neuen Bibliotheksstandort anzubieten. Bald wurde | |
kolportiert, im Kaufpreis von gut 580 Millionen seien auch die nötigen | |
Umbauten enthalten. Den Haushaltspolitiker:innen standen trotzdem | |
schon damals die Haare zu Berge. | |
Kultursenator Chialo war dagegen elektrisiert, die Bibliotheksszene | |
sowieso. Beengte Verhältnisse in maroden Immobilien: Seit Jahren weist die | |
ZLB darauf hin, dass es an den vorhandenen Standorten am Blücherplatz in | |
Kreuzberg, der Breiten Straße in Mitte und dem Westhafen so wie bisher | |
nicht mehr weitergehen kann. | |
Ein ebenso [4][lang versprochener Neubau am Blücherplatz] kam über die | |
Phase des Versprechens faktisch nie hinaus – wie jetzt auch der von Chialo | |
in Aussicht gestellte Umzug ins neue Land der Verheißung, das Quartier 207. | |
Das ist unser Haus, heißt es nun sinngemäß aufs Neue von den | |
Besetzer:innen der ZLB. Der Kultursenator sei zur Aktion am Donnerstag | |
eingeladen, ob er auch kommt, wisse sie nicht, sagt ZLB-Sprecherin Jacobi. | |
## Das bisschen Haushalt | |
Klar ist: CDU-Mann Chialo hat zwar gerade erst [5][kampflos fast 130 | |
Millionen seines rund 1 Milliarde Euro umfassenden Jahresetats für 2025] in | |
den schwarz-roten Spartopf geworfen und empfiehlt der sich beschwerenden | |
Kultur angesichts des neuen Niedrigwassers beim öffentlichen „Geldfluss“ | |
einfach mehr „Eigenleistung“. Seine Lafayette-Idee verteidigt er gleichwohl | |
eisern weiter. | |
So erklärte der Kultursenator im Interview mit der FAZ vor ein paar Tagen | |
erneut, dass die Chance eines Umzugs in die Friedrichstraße „doch real | |
diskutiert und von einem Großteil der Bürgerinnen und Bürger begrüßt“ | |
worden sei, weil die ZLB „dort für wahnsinnige Belebung sorgen würde, auch | |
für ein Erstarken der Wirtschaft“. | |
Wenn nun aber plötzlich schon [6][Kürzungen bei der Komischen Oper] um 10 | |
Millionen Euro ein, so Chialo, derart „Riesenthema“ seien, „dann kann man | |
natürlich schwer zugleich über Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe | |
reden“. Um dann unmittelbar darauf doch wieder darüber zu reden: „Wenn die | |
finanziellen Mittel zur Verfügung stünden, würden wir sofort loslegen. | |
Andere mögen das Projekt begraben, ich begrabe es noch nicht.“ | |
Bei Melanie Kühnemann-Grunow sorgen solche Sätze mindestens für Irritation. | |
Chialo wisse sehr wohl, dass das Projekt tot ist, sagt die kulturpolitische | |
Sprecherin der SPD-Fraktion zur taz. „Er kann das wohl leider nur nicht | |
zugeben.“ Kühnemann-Grunow und die SPD standen der Lafayette-Idee dabei | |
[7][schon zu Beginn der Debatte im vergangenen Jahr skeptisch] gegenüber. | |
Schön, aber nicht finanzierbar: „Das habe ich von Anfang an gesagt.“ | |
## Kürzungen auch beim ZLB-Budget | |
Für einen neuen zentralen Bibliotheksstandort sieht die SPD-Politikerin | |
zappenduster. Ihr tue das „wirklich leid“, die ZLB leiste „super Arbeit�… | |
sie wisse auch, dass die Standorte aus allen Nähten platzen und die | |
Bausubstanz zum Teil katastrophal sei. Aber der Bibliothek werde auf | |
längere Sicht nichts anderes übrigbleiben, als weiter in den vorhandenen | |
landeseigenen Immobilien zu murksen und sich mit Provisorien zu behelfen. | |
Auch ein Neubau sei nicht drin. | |
„Angesichts der finanziellen Möglichkeiten bin ich da gerade mit meinem | |
Latein am Ende“, sagt Kühnemann-Grunow. Dies umso mehr, als es für die ZLB | |
künftig sowieso nicht mehr, sondern weniger Geld geben wird. Denn Chialos | |
Loblieder auf die Berliner Mammutbibliothek hin oder her: | |
Selbstverständlich findet auch sie sich auf der in der vergangenen Woche | |
veröffentlichten schwarz-roten Sparliste des Grauens. | |
Von den ursprünglich für die drei Standorte im kommenden Jahr eingeplanten | |
Zuschüssen in Höhe von 36,4 Millionen Euro sind 4 Millionen im Chialo-Etat | |
jetzt gestrichen worden. „Für Kulturpolitiker:innen ist das echt | |
eine schwere Zeit“, sagt die Kulturpolitikerin Kühnemann-Grunow. | |
28 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Aus-fuer-Galeries-Lafayette-in-Berlin/!6023985 | |
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[4] /Debatte-um-Zentral--und-Landesbibliothek/!6014268 | |
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[6] /Zukunft-der-Komischen-Oper-in-Berlin/!6028546 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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