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# taz.de -- Berliner Leiden: Die Stadt, in der nichts klappt
> Wer ein schlechtes Vorbild sucht, schaut verlässlich auf Berlin. Das
> Wahlchaos hat die Hauptstadt wieder mal zur Lachnummer gemacht.
Bild: Die Richtung stimmt: Gewählt wurde in Berlin – irgendwie halt
Berlin taz | Tote nach Schießereien, Auseinandersetzungen mit Macheten auf
offener Straße, in Bildungsrankings hintendran – und natürlich die Stadt,
die nur mit Müh und Not ihren zwischenzeitlich zum Symbol des Scheiterns
gewordenen Flughafen BER [1][fertigbekam]: Berlin, immerhin die
Bundeshauptstadt, schien seine Negativmeldungen nicht mehr toppen zu
können. Bis zur Bundestagswahl am 26. September, als in Berlin auch noch
ein Landesparlament gewählt und in einem Volksentscheid über die Enteignung
großer Wohnungsunternehmen abgestimmt wurde. Denn da passierte, was nun
[2][wahlweise als Wahlchaos], -desaster, -pleite oder -blamage die
Hauptstadt zur Lachnummer gemacht hat.
Natürlich kann es Pannen geben. Natürlich können irgendwann irgendwo
Wahlunterlagen ausgehen, richtige Stimmzettel im falschen Wahllokal landen
und umgekehrt. Und genauso kann es passieren, dass Wahlhelfer einfach nicht
erscheinen. Denn letztlich sind es Menschen und keine Algorithmen, die
diese Wahlen organisieren, die Stimmzettel ausgeben und auszählen. Und nach
jüngstem Stand gab es nicht überall Pannen, sondern in rund 100 der über
2.200 Wahllokale.
Aber warum überrascht es im Grunde nicht, dass ein solcher Pannensonntag
sich in Berlin ereignet und nicht in Bayern und auch nicht in
Mecklenburg-Vorpommern, wo ebenfalls neben dem Bundestag auch der Landtag
gewählt wurde? Dass ein ordnungsgemäßer Ablauf in allen Wahllokalen nicht
Standard ist?
Hat das vielleicht etwas damit zu tun, dass in dieser Stadt grundsätzlich
manches nicht funktioniert, was in anderen Städten und Bundesländern
klappt? Dass Menschen in Bürgerämtern Probleme haben, eine schlichte
Geburtsurkunde zu bekommen, ohne die es kein Kindergeld gibt?
Ideen und Lösungsvorschläge, solche Zustände zu ändern, gibt es genug – e…
in der Landespolitik oft gehörter, leider nicht beherzigter Satz lautet:
„Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Vielleicht ist
auch etwas in der DNA der Einwohnerschaft anders als sonst wo: etwas, das
man wohlwollend als lässig, ansonsten aber weniger nett bezeichnen kann.
Was am Wahlsonntag passiert ist, könnte sich am Ende noch als Verkettung
mehrerer unglücklicher Zufälle und Zustände herausstellen, die auch
anderswo Pannen zur Folge gehabt hätten. Jedenfalls theoretisch, weil die
Ursachen und Verantwortlichkeiten noch längst nicht aufgeklärt sind und bei
der jüngsten Sitzung der Landesregierung neun Tage nach der Wahl erst aus
sieben von zwölf Stadtbezirken offizielle Berichte vorlagen – was wiederum
an sich schon sehr aussagefähig ist.
Realistisch aber ist das nicht in einer Stadt, in der man meinen kann, dass
immer die anderen für etwas zuständig sein sollen. Im Kleinen heißt das,
dass Menschen übermäßig stark nach Ämtern, Regierung oder Müllabfuhr rufen,
statt etwa selbst mal wegzuräumen, was störend auf dem Bürgersteig liegt.
Im Großen blockieren sich in vielen Themen die Landesebene und die zwölf
Bezirke – und das seit Jahrzehnten, weil Zuständigkeiten zu wenig geklärt
sind.
Traurig: Diese Situation dürfte Berlin noch nicht mal schaden. Im
Gegenteil, Touristen könnten einfach mal selbst sehen wollen, warum in so
einer Stadt überhaupt noch etwas geht. Selbst Unternehmen können sich nicht
mit Grausen abwenden, weil die Stadt trotz aller Schwächen ein
Anziehungspunkt für gute Mitarbeiter ist – die aus der Ferne weniger an
Geburtsurkunden als an Clubs und Brandenburger Tor denken – und die Nähe
zur Bundespolitik ist hilfreich. Motivation für Veränderungen ist das
nicht.
12 Oct 2021
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## AUTOREN
Stefan Alberti
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