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# taz.de -- Die Wahrheit: Wahl in Eigenverantwortung
> Das Chaos am Berliner Wahltag sollte als Chance gesehen werden. Nur
> herausgeforderte Wählerinnen und Wähler zeitigen vorzeigbare Ergebnisse.
Bild: Kam viel häufiger vor als bisher gedacht: Lange Warteschlangen in Wahllo…
Parallel zur Bundestagswahl wurden in Berlin auch so etwas wie Landtags-
und Kommunalwahlen abgehalten. Ich habe zuvor einige
Wahlkampfveranstaltungen moderiert. Das war sehr schön, da konnte man
Politiker auf alles ansprechen.
Mein persönliches Highlight: Auf die Frage, was denn nun wohl gegen die
Biodiversitätskrise zu tun sei, antwortete eine Vertreterin der FDP mit dem
konkreten Vorschlag: Abschaffung der Hundesteuer. Nimm das, Artensterben!
Nur bei einem Thema erntete man durch die Bank bei allen Parteien hilfloses
Schulterzucken: Wie kommt man in Berlin an einen verdammten Termin im
Bürgeramt, um sich etwa einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen? Denn
die Buchungsoptionen via Internet oder Telefon funktionieren einfach nicht.
Aber die Regierenden zeigten sich bürgernah. Aus ihren Beraterteams wurden
uns echte Geheimtipps zugespielt: Immer montags um 8.30 Uhr solle man es
versuchen, besser noch um 8.35 Uhr, da seien die Chancen am größten. Nein,
das sei ja mal wieder typisch für diese Partei, behauptete eine Vertreterin
der Konkurrenz, das zeige nur deren Inkompetenz in Sachen Verwaltung. Um 24
Uhr müsse man nach Terminen gucken – und sehr oft den Refresh-Button
drücken. Ach was, hieß es von dritter Seite, eine einfache Mail an die
Notfalladresse des Bürgeramts genüge.
Mein Einwand, dass ich meinen Wunsch nach einem Reisepass nicht unbedingt
als Notfall einstufen würde, stieß auf Verwunderung. Der Bürger wieder mit
seinen naiven Vorstellungen! Natürlich ist in Berlin das Ausstellen eines
Reisepasses ein Notfall, was denn sonst?
So gesehen wunderte uns das inzwischen bundesweit bekannte Wahlchaos nur
bedingt. Wahlbeteiligungen von bis zu 150 Prozent, geschätzte Ergebnisse,
fehlende Wahlzettel, stundenlange Schlangen. Ich kann persönlich bezeugen,
dass eine 17-Jährige, die vor mir in der Reihe stand, die Wahlscheine auch
für Bundestags- und Landtagswahl erhielt, obwohl sie nur kommunal
wahlberechtigt war, worauf sie auch artig hinwies. Um darauf den harschen
Bescheid der Wahlhelferin zu erhalten, dann solle sie gefälligst die
anderen Scheine nicht ausfüllen. Die Zettel bekam sie trotzdem mit in die
Kabine. Richtig so! Hier wird noch auf Eigenverantwortung gesetzt!
Ein bezirksbekannter Querdenker stand hinter mir in der Schlange, er gab
nach einer Stunde des Wartens entnervt auf. Siehste, dachte ich, hier
wählen eben nur die Besten. Deshalb haben wir auch immer sehr
hochqualitative Wahlergebnisse. In Bayern etwa soll ja immer alles sehr gut
funktionieren, bestimmt auch Wahlen. Und was kommt dabei raus? Eben!
Aber da geht doch noch mehr. Mein Vorschlag: Wahltermine zukünftig vom
Bürgeramt ausgeben lassen! Wer es dann trotzdem noch schafft, wählen zu
gehen, dessen Stimme ist es auch wirklich wert, berücksichtigt zu werden.
8 Oct 2021
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Kommunalwahl
Biodiversität
Parlamentswahlen
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