| # taz.de -- Barbie und Oppenheimer im Kino: Es geht nur gemeinsam | |
| > Kinorettung oder Kinountergang? Barbie und der Feminismus, Oppenheimer | |
| > und der Machismo – sie können nur gemeinsam die Welt regieren. | |
| Bild: Margot Robbie in einer Filmszene von „Barbie“ (l.) und Cilian Murphy … | |
| Es gab eine Zeit, in der galten das „Ah, oh!“ und „Winke, winke!“ der | |
| Teletubbies als antipädagogisch. Eltern sorgten sich, dass ihre Kleinen | |
| durch die wortschatzarmen, enervierend niedlichen Knuffelfiguren nicht | |
| genügend „echte“ Sprache mitbekämen. | |
| Heute freut man sich, wenn Kinder überhaupt mal in den übersichtlich | |
| programmierten, von Jugendschützer:innen kontrollierten Fernseher | |
| gucken, anstatt sich von der Social-Media-Welt traumatisieren zu lassen. | |
| Vielleicht sollte man diese Großmut auch Barbie gegenüber gelten lassen. | |
| Immerhin ist sie eine analoge Puppe, eine Erwachsenenfigur gar, die | |
| Mädchen, wie es [1][Greta Gerwig ihrem umstrittenen Film] voranstellte, | |
| erstmalig die Möglichkeit bot, kreativ etwas anderes als eine Mutter zu | |
| spielen. (Abgesehen davon, dass es durchaus auch Mütter von jungen, | |
| normativ-überperfekt geformtem Frauen mit klitzekleinen Ballettfüßchen | |
| geben muss. Die sich dann wahrscheinlich ärgern, weil ihre Töchter sich nur | |
| für Äußerlichkeiten interessieren, anstatt zu Feminismusdemos zu gehen.) | |
| Überhaupt stecken in der Barbenheimer-Diskussion, die beiden Filmen | |
| wahlweise bestätigt, das Kino zu retten oder seinen Untergang einzuleiten, | |
| jede Menge Genderaspekte: Nicht nur auf den Feminismus, den Barbie nach | |
| Ansicht vieler verrät beziehungsweise Greta Gerwig nicht ernst genug nimmt, | |
| lohnt ein detaillierter Blick, sondern auch auf den latenten Macho-Vibe, | |
| den man zunächst in den Daten rund um „[2][Oppenheimer“] wahrnehmen könnt… | |
| wenn man möchte. | |
| ## Sehr, sehr langer Film | |
| Also Achtung, Damen, aufgepasst, meiner ist drei Stunden lang: Es handelt | |
| sich wie gesagt um einen sehr, sehr langen 70-mm-Film, dessen sehr, sehr | |
| lange (17 Kilometer) Imax-3D-Rollen so schwer sind (272 Kilo), dass manche | |
| Kinos sie nicht spielen können. Der Film hat den vermutlich längsten … | |
| Score, den je ein langer Film hatte – der Komponist Ludwig Göransson lässt | |
| nur wenige Pausen. | |
| Die Heldenreise des Films stellt einen Mann in den Mittelpunkt – und macht | |
| ihn damit zum Helden –, der die dickste Waffe baut, die je gebaut wurde. | |
| Die dramaturgische Entwicklung der Hauptfigur fußt darauf, dass jener | |
| Bombenbauer nach dem Abwurf der Bomben und dem Tod von mindestens 230.000 | |
| Menschen doch tatsächlich ins Zweifeln gerät und er sich für die Kontrolle | |
| der Atomenergie einsetzt. Nebenbei ist er ein echter Stecher, wie man in | |
| seinen Sexerinnerungen, die ihm ausgerechnet bei der Anhörung bildhaft in | |
| den Sinn kommen, schnell sieht. | |
| Aber abgesehen davon sind beides gute Filme, und das meine ich komplett | |
| unironisch. Denn neben der formalen Spiel-, Technik- und | |
| Inszenierungsfreude zeigen sie, dass die Welt weder schöner ist, wenn | |
| Barbies sie regieren, noch wenn Oppenheimers das tun. Es geht nur | |
| gemeinsam. | |
| ## Barbie und Oppenheimer | |
| Das ist die versöhnliche Botschaft, die sowohl am Ende von „Barbie“ | |
| deutlich und ebenfalls recht unironisch verkündet wird als auch das Ende | |
| von „Oppenheimer“ bestimmt, das geprägt ist von den persönlichen und | |
| globalen Konsequenzen seiner Arbeit. | |
| Großmut ist also the key. Und wen der neue Kinohype kaltlässt – nicht nur | |
| der „Oppenheimer“- und „Barbie“-Ticketverkauf erfreut momentan die | |
| Lichtspielhäuser, auch politisch unbedenkliche [3][Independentproduktionen | |
| wie „Talk to Me“] profitieren laut Variety vom Barbenheimer-Effekt – oder | |
| wer befürchtet, dass die Mattel-Merchandisingverkäufe mit dem Filmstart in | |
| unfassbare Höhen schnellen und die Großkonzernbonzen noch reicher machen, | |
| der sei etwas besänftigt: | |
| Bislang konnte die Barbie die aus bekannten Gründen (Krise, Digitalisierung | |
| etc.) seit Jahren einbrechenden Mattel-Profite noch nicht retten, laut | |
| Medienberichten kaufen die Konsument:innen nach wie vor immer weniger | |
| echtes Spielzeug, Margot Robbie hin oder her. Aber Mattel sitzt bestimmt | |
| schon an einem Oppenheimer-Ken. Inklusive langer, dicker und schwerer | |
| Bombe. | |
| 8 Aug 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jenni Zylka | |
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