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# taz.de -- Automarkt in China: Wenn Musk auf Sozialismus schwört
> Auf Chinas E-Automarkt ist ein Preiskampf ausgebrochen, der die Branche
> zu zerfleischen droht. Der deutsche Autobauer VW steckt mittendrin.
Bild: Produktion von E-Autos im Werk Hongqi Fanrong in Changchun, China am 05.0…
Peking taz | Auch kreative Comedy-Autoren müssen auf so einen Plot erst mal
kommen: Ende vergangener Woche unterschrieb Elon Musk einen offenen Brief,
der auf Initiative des chinesischen Industrieministeriums zustande gekommen
war. Darin bekannte er sich dazu, mit seiner Firma Tesla die
„sozialistischen Grundwerte“ zu stärken. Auch Erzkapitalist Musk merkt
gerade: Wer in China überleben möchte, muss sich den Spielregeln der
kommunistischen Partei unterwerfen.
Derzeit ist die Lage nicht nur für Tesla angespannt, sondern für die
gesamten Branche. Auf dem chinesischem Elektroauto-Markt, dem mit Abstand
größten der Welt, tobt ein brutaler Preiskampf, der weite Teile der
Industrie zu zerfleischen droht. Allein in diesem Jahr hat die Branche in
China über 150 neue Automodelle vorgestellt. Von den nach wie vor über
Hundert Start-ups im Bereich E-Mobilität, die im Land aktiv sind, werden
mittelfristig wohl nur eine Hand voll überleben. Bereits in den kommenden
Monaten dürfte Dutzenden von ihnen die finanzielle Puste ausgehen. Selbst
vielversprechende Marken wie Xpeng oder der in Shanghai ansässige Autobauer
Nio, der derzeit auch in Europa durchstarten möchte, schreiben tiefrote
Zahlen.
Als traditionelle Automarke mit einem nach wie vor soliden Standbein im
Verbrenner-Segment hat der deutsche Platzhirsch Volkswagen jene
existenzielle Sorgen zwar bislang nicht. Dennoch sind die Wolfsburger
mittlerweile ebenfalls mittendrin in jener Rabattschlacht, von der man sich
doch eigentlich fernhalten wollte. Nach einer zuletzt aggressiven
Preissenkung von 16 Prozent ist das Modell ID.3 in seiner Basisversion in
China bereits für umgerechnet gut 15.000 Euro zu haben. Zum Vergleich: Auf
dem europäischen Markt kostet der (allerdings nicht exakt baugleiche)
Elektro-Pkw rund 40.000 Euro.
Die Wolfsburger stehen derzeit massiv unter Druck. [1][Jahrelang rangierte
man im chinesischen Markt auf der Poleposition], nun jedoch verkauft die
chinesische Konkurrenz von BYD (Build Your Dreams) mehr Pkws. Angetrieben
wird der Paradigmenwechsel vor allem durch die Verkehrswende, bei der die
deutschen Autobauer deutlich hinterherhinken. Die chinesischen Marken sind
nämlich technisch mindestens auf Augenhöhe, mit ansprechenderen
Entertainment-Systemen ausgestattet – und vor allem deutlich günstiger als
„Made in Germany“.
Um dem Preiskampf entgegenzuwirken, hat sich die Branche vergangene Woche
zu einem ungewöhnlichen Entschluss durchgerungen: Bei einer Konferenz in
Shanghai haben insgesamt 16 Autohersteller einen offenen Brief
unterschrieben, in dem sie sich dazu verpflichten, eine „abnorme
Preisgestaltung“ zu vermeiden. Tesla ist der Stellungnahme als einzige
ausländische Firma beigetreten – und hat damit die eingangs erwähnte
„Sozialismus-Klausel“ unterstützt.
## Ein Trend, der die Branche alarmiert
[2][Auch VW hofft darauf, dass der Preiskampf endlich nachlässt]. Beim
„China Auto Forum“ in Shanghai sprach China-CEO Ralf Brandstätter von einer
„ungesunden Marktentwicklung“. Das Kapital, das die Branche im Zuge des
Preiskampfes verbrenne, brauche man eigentlich für Investitionen. Im
zukunftsträchtigen E-Segment hat VW derzeit lediglich einen Marktanteil von
2,7 Prozent, zusammen mit den Absätzen der beiden Joint Ventures liegt man
nur auf dem 10. Platz. BYD verkauft derzeit bei Pkws locker zehnmal so
viel.
Noch ein Trend, der die Branche alarmiert: Die Zeiten mit dreistelligen
Zuwachsraten sind vorbei, der staatliche Autoverband rechnet für 2023 „nur“
noch mit 36 Prozent Plus bei den Verkäufen. Wohl auch ein Grund dafür, dass
der „Waffenstillstand“ der 16 Autobauer gerade einmal 48 Stunden hielt. Der
chinesische Autoverband zog den offenen Brief zurück, da er möglicherweise
gegen das Kartellrecht verstoße. Bereits zuvor hatte das erste Unternehmen
gegen die Selbstverpflichtung verstoßen: Ausgerechnet Elon Musk versprach
den Chinesen umgerechnet 450 Euro, wenn sie auf Empfehlung eines
Tesla-Kunden ein neues Model 3 oder Model Y kaufen.
11 Jul 2023
## LINKS
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[2] /Automesse-in-Shanghai/!5929192
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
grüne Mobilität
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