# taz.de -- Ausblick auf Berlin 2019: Das Jahr der Hoffnung | |
> Dreißig Jahre Mauerfall – eins der Ereignisse, die 2019 auf Berlin | |
> zukommen. Große Feierlichkeiten sind bislang nicht geplant – vielleicht | |
> weil andere Themen die Berliner mehr bewegen. | |
Bild: Fast schon ganz weg: die Berliner Mauer | |
Sind Jahresrückblicke schon schwierig genug, sind Jahresausblicke dann | |
nicht schier unmöglich? Aufzuschreiben, was kommt oder kommen könnte, als | |
Fortführung gegenwärtiger Trends, garniert mit ein paar Wild Cards und | |
einem gehörigen Schuss Fantasie? Ist das nicht alles Kaffeesatzleserei? | |
Nicht viel anders wird es jenen ergangen sein, die Ende 1988 einen Ausblick | |
auf das Jahr 1989 zu verfassen hatten. Wer hat da geahnt, dass in besagtem | |
Jahr kein Stein auf dem anderen bleiben würde, stattdessen alles umgestürzt | |
werden würde von einer friedlichen Revolution in Leipzig und Berlin, die | |
schließlich in den Fall der Berliner Mauer mündete? | |
Im kommenden Jahr wird Berlin dieses Ereignis zum dreißigsten Mal begehen, | |
und schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Zeit der Großevents wie des | |
Falls der Dominosteine (2009) und der Lichtgrenze (2014) vorüber ist. „Wir | |
werden den Mauerstreifen nicht mehr inszenieren“, kündigt Björn Weigel von | |
der landeseigenen Kulturprojekte GmbH an. „Stattdessen wollen wir uns nun | |
den Themen und Sorgen widmen, mit denen Berlin 30 Jahre nach dem Mauerfall | |
zu tun hat.“ | |
Keine spektakuläre Feier steht den Berlinerinnen und Berlinern und ihren | |
Besuchern ins Haus, kein touristisch vermarktbarer Blick zurück, sondern | |
eine Bestandsaufnahme samt Blick in die Glaskugel. Ein Begriff, um den das | |
Ganze sich drehen könnte, ist laut Weigel der Begriff „Hoffnung“. „Damit | |
konzentrieren wir uns nicht auf den 9. November 1989, sondern auf die | |
Monate davor, die schließlich im Mauerfall kulminierten“, so der | |
Projektverantwortliche von Kulturprojekte. | |
## Tröstlich und ernüchternd zugleich | |
Hört sich gut an, ist vielleicht aber auch nur die spätere Rationalisierung | |
eines Unbehagens. Was will man 30 Jahre nach dem 9. November, der nicht nur | |
für die meisten über 30 eine der folgenreichsten Zäsuren ist, noch | |
erzählen? | |
Und gibt es da nicht dieses populistische Hintergrundraunen, dem zufolge | |
diejenigen, die bereits einen Systemwechsel erlebt haben, gewappnet sind | |
für den nächsten? Vielleicht gar für eine „konservative Revolution“? | |
„Hoffnung“ ist da ein hübsch ungefährer Begriff, der sich den | |
dunkeldeutschen Seiten, die seit 2015 vor allem in Ostdeutschland | |
mitschwingen, nicht stellen muss. Dazu passt auch, dass der Koordinator, | |
den Kulturprojekte für 30 Jahre Mauerfall einstellen will, erst jetzt per | |
Ausschreibung gesucht wird. Die „Lichtgrenze“ hatte einen deutlich längeren | |
Vorlauf. | |
Vielleicht passen die anderen Ereignisse, die 2019 auf die Berlinerinnen | |
und Berliner zukommen, besser zu einem Jahr der Hoffnung. Das Dieselverbot | |
zum Beispiel oder auch der Volksentscheid zur Enteignung der Deutschen | |
Wohnen und aller anderer Miethaie mit mehr als 3.000 Wohnungen. Beides wird | |
kommen, so viel lässt sich schon sagen, auch wenn Jahresvorschauen wie | |
gesagt nicht einfach sind. | |
Und wenn nicht alles schiefgeht, wird 2019 auch das Humboldt Forum | |
eröffnen. In der Berlin-Ausstellung, die dort dann zu sehen sein wird, | |
werden 30 Jahre Mauerfall nur eine von mehreren Zäsuren in der Geschichte | |
der Stadt darstellen. | |
Wie tröstlich. Und wie ernüchternd zugleich. | |
Was bewegt Berlin 2019? Was hat 2018 besonders gemacht? Mehr dazu in der | |
gedruckten taz.berlin an diesem Wochenende. | |
28 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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