# taz.de -- Wochenvorschau Berlin: Mauerfalljubiläum gut vorbereitet | |
> Eine Diskussion über die Aufhebung des Schießbefehls, ein Buch über | |
> getrennte Familien und das Wiedersehen mit zwei Ausstellungen aus dem | |
> Jahr 1989. | |
Bild: Foto von Chris Gueffroy, dass am Denkmal für die Opfer an der Berliner M… | |
Der Fall der Mauer jährt sich zwar erst im Herbst zum dreißigsten Mal, | |
trotzdem kann man sich schon jetzt in aller Ruhe auf dieses runde Jubiläum | |
vorbereiten. Am Dienstag beispielsweise gibt es im Tränenpalast noch einmal | |
eine Diskussion mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) über die | |
Aufhebung des Schießbefehls an der innerdeutschen Grenze sowie an der | |
Berliner Mauer, der sich bereits am 4. April zum dreißigsten Mal jährte. | |
Hintergrund war unter anderem auch der Tod des 20-jährigen Kellners | |
[1][Chris Gueffroy], der in der Nacht zum 6. Februar 1989 mit seinem Freund | |
Christian Gaudian durch den Britzer Verbindungskanal von Treptow nach | |
Neukölln versuchte zu flüchten. Gueffroy war der letzte Mensch, der bei | |
einem Fluchtversuch erschossen wurde, und er setzte die Regierung der DDR | |
auch durch die Medienberichte im Westen offenbar ziemlich unter Druck. | |
Übrigens: Karin Gueffroy, die Mutter von Chris, erfuhr erst zwei Tage | |
später, dass ihr Sohn tot ist. Ein knappes Jahr später stellte sie beim | |
DDR-Generalstaatsanwalt Strafanzeige gegen die Grenzer, die auf ihren Sohn | |
geschossen haben. 1991 kam der erste Mauerschützenprozess in Gang, | |
allerdings bekam nur einer von ihnen zwei Jahre Haft auf Bewährung: wegen | |
Totschlags. | |
Eine andere Möglichkeit, sich mit 30 Jahren Mauerfall zu befassen, ist die | |
Vorstellung des kürzlich erschienenen Buches von Norbert Kaczmarek | |
„Geteilte Leben. Ein Ost-West-Briefwechsel nach dem Mauerbau“ am Donnerstag | |
um 19 Uhr an der Gedenkstätte Berliner Mauer. Der Autor erzählt, wie seine | |
Familie vom Bau der Berliner Mauer getrennt wurde und wie sich zwischen ihm | |
und seinem Vater Georg Kaczmarek von 1961 bis zu dessen Tod 1968 ein | |
intensiver Briefwechsel entwickelte. Von 1961 bis zum Tod Georg Kaczmareks | |
schrieb der Sohn von seinem neuen Leben in Westberlin und der Vater vom | |
Familien- und Berufsleben in Norberts alter Heimat. Gut, dass es besonders | |
heute, wo Grenzen wieder wichtiger werden, solche Dokumente gibt. | |
## Bilder zweier Ausstellungen | |
In Potsdam schließlich eröffnet ebenfalls am Donnerstag, allerdings um 18 | |
Uhr, im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte eine Ausstellung, | |
der eine so einfache wie geniale Idee zugrunde liegt. Sie zeigt einfach | |
noch einmal zwei Ausstellungen, die sich 1989 auf sehr unterschiedliche | |
Weise der untergehenden DDR näherten. | |
Die Ausstellung „Suchet der Stadt Bestes“ wurde von Potsdamer Bürgern | |
zusammengetragen, die sich öffentlichkeitswirksam gegen die Zerstörung der | |
Potsdamer Altstadt starkmachten. Die Potsdamer Nikolaikirche gab dafür den | |
Raum, etwa 10.000 Besucher kamen. Nach dem Mauerfall wurde die Ausstellung | |
zu einem der Ausgangspunkte für eine neue, behutsame [2][Stadtsanierung in | |
Potsdam]. | |
Auf der anderen Seite sind im Haus der Brandenburgisch-Preußischen | |
Geschichte Fragmente der SED-Propaganda-Leistungsschau „40 Jahre DDR – | |
Hauptstadt Berlin“ zu sehen, die im Sommer 1989 auf dem Gelände der | |
Allunions-Ausstellung in Moskau zu sehen war. Einige der Tafeln wurden 2016 | |
in einem Museumsdepot im Oderbruch wiedergefunden. Sie dokumentieren | |
eindrücklich, wie das Regime der DDR noch wenige Monate vor dem Fall der | |
Mauer trotz Perestroika und Auflösungserscheinungen auch in der DDR eine | |
„erfolgreiche Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ im Land zu | |
behaupten versuchte. | |
8 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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