# taz.de -- Antisemitismus an Bildungseinrichtungen: Jede*r Zehnte ist mobilisi… | |
> Unter Studierenden gibt es genau so viel Antisemitismus wie im Rest der | |
> Bevölkerung. Bildungsministerin Stark-Watzinger will dagegen vorgehen. | |
Bild: Will antisemitische Täter*innen exmatrikulieren: Bundesbildungsministeri… | |
BERLIN taz | Weniger klassischer Judenhass, dafür viel Zustimmung zu | |
„israelbezogenem Antisemitismus“, und das vor allem, aber eben nicht nur, | |
unter muslimischen Studierenden. Wirklich überraschend sind [1][die | |
Studienergebnisse] nicht, die Forscher*innen am Donnerstag zusammen mit | |
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) vorgestellt haben. | |
Doch die Zahlen untermauern, was bisher spürbar, aber nicht genau | |
quantifizierbar war: [2][Antisemitismus] durchzieht die deutschen | |
Hochschulen genauso wie die restliche deutsche Gesellschaft. „Erschreckend“ | |
nannte Stark-Watzinger dies. | |
Die Forscher*innen hatten online rund 2.000 Studierende befragt. Rund 8 | |
Prozent stimmen allgemein antisemitischen Aussagen zu, weitere 10 Prozent | |
teilweise. Ähnlich sind die Zustimmungsanteile auch auf „israelbezogenen | |
Antisemitismus“. Hoch sind die Zustimmungswerte unter Muslim*innen, unter | |
Studierenden dieses Glaubens stimmt mehr als ein Drittel antisemitischen | |
Aussagen zu, in der Gesamtbevölkerung liegt der Wert ähnlich. | |
Wer im Ausland seine Hochschulberechtigung erworben hat, ist zudem im | |
Schnitt öfter antisemitisch (18 Prozent) eingestellt als Personen, die das | |
deutsche Schulsystem durchlaufen haben (7 Prozent). Unabhängig von der | |
Konfession steigt mit zunehmender Religiosität auch die Zustimmung zu | |
antisemitischen Aussagen. Rund jede*r Zehnte an den Hochschulen ist | |
mobilisierbar für radikale antiisraelische Proteste, noch einmal so viele | |
blicken positiv auf diese Demos und sind für sie ansprechbar. | |
Die Diskriminierungsforscherin Julia Bernstein forderte bei der Vorstellung | |
der Studie von den Unis mehr Ehrlichkeit: So müsse es als explizit | |
antisemitisch benannt werden, wenn etwa Vermisstenplakate der nach Gaza | |
verschleppten Israelis abgerissen werden. Antisemitismus bedrohe jüdisches | |
Leben in Deutschland ganz konkret: „Es geht nicht nur um Philosophie, | |
sondern um das konkrete Leben von Menschen, die sich nicht mehr trauen, | |
sich als Juden zu outen.“ Sie fordert „langfristige pädagogische Projekte�… | |
Nötig seien zudem Präventionsprogramme und Deradikalisierungsprogramme, um | |
Antisemitismus an den Unis zu bekämpfen. | |
## Antisemitismus im Zusammenhang mit BDS | |
Bildungsministerin Stark-Watzinger betonte die Bedeutung konsequenter | |
Bestrafung derjenigen Studierenden, die antisemitische Straftaten begehen. | |
Sie forderte das Land Berlin erneut auf, es Unis rechtlich wieder zu | |
ermöglichen, [3][Studierende auszuschließen]. In allen anderen | |
Bundesländern ist dies möglich. „Wo Straftaten begangen werden, muss die | |
Möglichkeit bestehen, zum Schutz der jüdischen Studierenden eine | |
Exmatrikulation herbeizuführen.“ | |
Dies fordert auch die Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion, Hanna | |
Veiler: „Präventionsprogramme sind gut, aber sie reichen nicht.“ Ihre | |
Forderung: „Die Unis müssen klare Konsequezen ziehen und antisemitische | |
Täter exmatrikulieren.“ Die Studie nennt sie „einen guten ersten Schritt�… | |
es sei „unglaublich wichtig“, konkrete Zahlen zu haben. Aber es brauche | |
dringend weitere Studien, insbesondere solche, die die Erfahrungen | |
jüdischer Studierender in den Mittelpunkt stellten. Stark-Watzinger räumte | |
ein, dass bisher zu wenig über Antisemitismus an Unis geforscht worden sei: | |
„Wir wissen zu wenig.“ | |
Einen kleinen Beitrag, die Forschungslücke Antisemitismus an Hochschulen zu | |
schließen, dürfte eine Studie liefern, die der Bundesverband der | |
Rias-Meldestellen für Antisemitismus am Donnerstag vorstellte. Hier wurden | |
antisemitische Vorfälle im Zusammenhang mit der BDS-Bewegung untersucht, | |
die Sanktionen, Deinvestitionen und einen Boykott Israels fordert. BDS | |
spielt auch an Unis immer wieder eine Rolle. | |
Für die nun vorgestellte Studie werteten Forschende antisemitische Vorfälle | |
zwischen 2015 und 2022 aus, die jüngste Eskalation nach dem 7. Oktober 2023 | |
wurde in der Studie also nicht mehr berücksichtigt. Doch schon im | |
Untersuchungszeitraum kam es laut Studie „regelmäßig“ zu antisemitischen | |
Vorfällen bei BDS-nahen Veranstaltungen. | |
Kritiker*innen der Bewegung würden „antisemitisch beleidigt, bedroht | |
oder gar angegriffen.“ Einer der Autoren, Daniel Poensgen, sagt: „Von einer | |
gewaltlosen Kampagne kann in Deutschland keine Rede sein.“ | |
Schon in den letzten Jahren hatte es immer wieder antisemitische Vorfälle | |
an deutschen Unis gegeben, meist in Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt. | |
Seit dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilist*innen am 7. | |
Oktober 2023 und dem anschließenden Militäreinsatz Israels im Gazastreifen | |
hat sich die Lage an den Unis noch einmal zugespitzt. Im November | |
eskalierte an der Berliner Universität der Künste eine Protestaktion gegen | |
Israels Einsatz in Gaza. Jüdische Studierende berichteten anschließend, | |
sich auf dem Uni-Gelände nicht mehr sicher zu fühlen. | |
Im Dezember besetzten Studierende der FU Berlin einen Hörsaal, um gegen | |
Israels Vorgehen in Gaza zu protestieren. Die Uni-Leitung erstattete | |
Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Zudem gab es auch Anzeigen gegen | |
Unbekannte, unter anderem wegen antisemitischer Schmierereien. Und im | |
Februar griff ein Student der FU einen jüdischen Kommilitonen brutal an und | |
verprügelte ihn so schwer, dass er ins Krankenhaus musste. | |
14 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/de/2024/20240314_studie_antisemiti… | |
[2] /Antisemitismus/!t5007709 | |
[3] /Verschaerfung-des-Hochschulgesetz/!5994788 | |
## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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