# taz.de -- Andreas Scheuer und die Fachleute: Best Scheuer ever | |
> Der Bundesverkehrsminister hat es derzeit nicht leicht. Dabei versucht er | |
> alles, um sich ins beste Licht zu rücken. Das gelingt nur bedingt. | |
Bild: Scheuer hätte gern ein bessere Image als das des „Auto-Ministers“. N… | |
BERLIN taz | Der angeschlagene Bundesverkehrsminister [1][Andreas Scheuer] | |
hat es in diesen Tagen nicht leicht, viele warten seit Monaten auf die | |
Nachricht von seiner Abberufung. Doch davon ist dem CSU-Mann nichts | |
anzumerken, als er am Dienstagabend im Auditorium Friedrichstraße in | |
Berlin-Mitte im grünen Pullover und dunklem Jackett ans Podium tritt. Zum | |
zweiten Mal innerhalb weniger Monate ist Scheuer in diesem Raum. Das letzte | |
Mal war er hier bei einer Veranstaltung des Fahrradverbands ADFC, lässt er | |
die etwa 200 ZuhörerInnen wissen. Für Radpolitik hat Scheuer viel Geld | |
lockergemacht. „Die Stimmung war gut, davon können Sie sich inspirieren | |
lassen“, ruft Scheuer. | |
Das Publikum regt sich nicht. | |
Es sitzen an diesem Abend vor allem VerkehrswissenschaftlerInnen und | |
VertreterInnen der Industrie im Parkett. Und zu denen möchte kein Funke so | |
richtig überspringen, so sehr sich der Minister auch bemüht. | |
Die Akademiker und (wenigen) Akademikerinnen sind zum parlamentarischen | |
Abend der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ gekommen. Das ist | |
eine von der Regierung eingesetzte Kommission, die Handlungsempfehlungen | |
erarbeiten soll. Beteiligt sind VertreterInnen aus Wissenschaft, Politik, | |
Industrie, Gewerkschaften und Umweltverbänden. Die Kommission soll | |
versuchen, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen, die | |
etwa beim [2][autonomen Fahren] oder der [3][Umstellung von | |
Verbrennungsmotoren auf E-Autos] aufeinanderprallen. | |
## Wer den Schadenersatz hat, braucht für den Spott … | |
Scheuer spricht von „einem breit angelegten Prozess“ und von Emotionen, die | |
bei Fragen der Mobilität aufbrechen würden. „Wir denken nicht nur ans | |
Automobil“, ruft er. Scheuer wirkt nicht eben entspannt, aber auch nicht | |
getrieben. | |
Dabei steht er wegen des von ihm verursachten [4][Pkw-Maut-Desasters] enorm | |
unter Druck. Scheuer hatte nämlich Verträge mit den Maut-Betreibern | |
unterschrieben, bevor der Europäische Gerichtshof Zeit hatte, überhaupt | |
über die Rechtmäßigkeit des Projekts zu entscheiden. Seit die Richter die | |
Maut verboten haben, stehen Schadenersatzansprüche von mehr als einer | |
halben Milliarde Euro im Raum. | |
Andernorts zeigt Scheuer durchaus, dass dieses Debakel an ihm nagt. Als der | |
Minister jüngst über die Angriffe auf ihn ausgiebig im CSU-Parteivorstand | |
gejammert hat, soll Parteichef Markus Söder Medienberichten zufolge | |
demonstrativ desinteressiert gewesen sein – autsch! | |
Aber zurück nach Berlin, wo Scheuer sich gegenüber seinem akademischen | |
Publikum gut gelaunt gibt. Bei der Diskussion über die Zukunft der | |
Mobilität gehe es nicht nur um das Automobil, erklärt Scheuer noch mal. | |
„Wir denken über verschiedene Verkehrsträger hinweg.“ | |
## Der verräterische Terminkalender | |
In Wirklichkeit ist Scheuer keineswegs so vielspurig unterwegs, wie er an | |
diesem Abend glauben machen möchte. Sein Terminplan jedenfalls, das ergibt | |
die Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag, spricht eine andere | |
Sprache. Im vergangenen Jahr hat er sich elf Mal separat mit VertreterInnen | |
der Autoindustrie getroffen, aber nicht ein einziges Mal hatte er einen | |
Einzeltermin mit VertreterInnen von Umweltverbänden. | |
Das Auditorium in Berlin jedenfalls befindet Scheuer als die richtige | |
Bühne, um über das viele Geld für den Radverkehr und die vielen, vielen | |
Milliarden Euro für die Bahn zu sprechen, die die Bundesregierung in den | |
kommenden Jahren zur Verfügung stellt. „Wir investieren so viel wie nie | |
zuvor in den Verkehrssektor“, sagt er und kündigt an, dass er alle | |
Bürgermeister des Landes anschreiben will, damit sie vor dem Rathaus oder | |
der Turnhalle Ladesäulen für Elektroautos aufstellen. | |
Immer wieder lobt und umgarnt er die anwesenden Fachleute für ihre | |
Mitarbeit in der Kommission. „Wenn Sie nicht über mich positiv schreiben, | |
dann wenigstens über die Experten der Nationalen Plattform Zukunft der | |
Mobilität“, sagt er, an die JournalistInnen im Raum gerichtet. Beifall gibt | |
es auch dafür nicht. Der Applaus am Ende ist allenfalls freundlich. | |
Bevor Scheuer das Auditorium verlässt und die ExpertInnen unter sich | |
diskutieren, spricht der Moderator des Abends, der Journalist Alfons Frese | |
vom Tagesspiegel, kurz mit dem Minister. „Fehlendes Marketing kann man | |
Ihnen nicht vorwerfen“, sagt Frese. „Man hat den Eindruck, Sie sind der | |
erfolgreichste Verkehrsminister aller Zeiten.“ Da lachen selbst die | |
trockenen Fachleute. | |
29 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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