# taz.de -- Berichterstattung über E-Mobilität: Wirklichkeit zurechtgebogen | |
> Mit falschen Szenarien von wegfallenden Arbeitsplätzen wird Stimmung | |
> gegen die E-Mobilität gemacht. Dabei würde eine Verkehrswende neue Jobs | |
> schaffen. | |
Bild: Geht doch: E-Golf in Sachsen | |
BERLIN taz | Sie können es einfach nicht lassen, obwohl sie es besser | |
wissen müssten. „E-Mobilität gefährdet Jobs“, [1][titelt die | |
Wirtschaftszeitung] Handelsblatt am Montag auf der ersten Seite. Von | |
410.000 Arbeitsplätzen, die „durch den Abschied vom Verbrennungsmotor“ | |
wegfallen könnten, ist die Rede. Die falsche Botschaft verbreitet sich via | |
Nachrichtenagentur Reuters in Windeseile, denn sie übernimmt die Zahl in | |
die Überschrift ihrer Meldung. Dabei ist genau das Gegenteil richtig. | |
E-Mobilität sichert Jobs. | |
Der Hintergrund: Das Handelsblatt berichtet in seiner Montagsausgabe über | |
eine Studie der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität. Das ist ein | |
BeraterInnengremium, das die Bundesregierung 2018 eingesetzt hat. Aufgabe | |
dieser Kommission ist, Handlungsempfehlungen für den Wandel der Mobilität | |
zu erarbeiten. Beteiligt sind VertreterInnen von Unternehmen, | |
Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Verbänden und Wissenschaft. | |
Der Verkehrssektor steht vor Veränderungen wie seit Beginn der | |
Industrialisierung nicht mehr. Die Kommission ist der Versuch, | |
VertreterInnen mit verschiedenen Interessen ins Gespräch zu bringen, damit | |
die anstehenden Änderungen möglichst einvernehmlich in Angriff genommen | |
werden können. | |
Die Studie, auf die sich das Handelsblatt bezieht, kommt aus der | |
Arbeitsgruppe 4 der Plattform, die sich mit „Sicherung des Mobilitäts- und | |
Produktionsstandortes, Batteriezellproduktion, Rohstoffe und Recycling, | |
Bildung und Qualifizierung“ befasst. Sie wurde dem Handelsblatt vor der | |
Veröffentlichung zugespielt. | |
## Typisch für GegnerInnen der Verkehrswende | |
Darin geht es vor allem um die nötige Weiterbildung für die Beschäftigten. | |
Die spielt aber in der Berichterstattung kaum eine Rolle. Die Studie dient | |
dem Handelsblatt nur dazu, das Ressentiment von der bösen E-Mobilität zu | |
bedienen. Die von der Redaktion herausgestellte Zahl der angeblich | |
gefährdeten Jobs wird in der Untersuchung selbst als pessimistisches | |
„Extremszenario“ beschrieben. | |
Es ist also schlicht so: Niemand geht davon aus, dass dieses Szenario | |
realistisch ist – weder Gewerkschaften noch der Verband der | |
Automobilhersteller. Das geht auch aus dem Text zur Titelgeschichte des | |
Handelsblatts hervor. Denn dem „Extremszenario“ liegt die – falsche – | |
Annahme zugrunde, dass die deutschen Autohersteller meilenweit hinter der | |
internationalen E-Konkurrenz zurückbleiben. | |
Doch die deutschen Produzenten bringen in Kürze Dutzende von E-Modellen auf | |
den Markt, gerade sind große Werbekampagnen für diese Fahrzeuge angelaufen. | |
VW rüstet in Zwickau ein ganzes Werk auf die Herstellung von E-Autos um, | |
und zwar ohne Arbeitsplätze abzubauen. Das ist möglich, weil dort mehr | |
Fahrzeuge als vor der Umstellung gebaut werden. | |
Was das Handelsblatt macht, ist typisch für die GegnerInnen einer | |
Verkehrswende: Sie stellen E-Mobilität in ein schlechtes Licht, auch wenn | |
die Wirklichkeit dafür zurechtgebogen werden muss. Der Subtext lautet: | |
Diese neuen Antriebe sind schlecht für den Wirtschaftsstandort, sie kosten | |
Arbeitsplätze, wehrt euch dagegen, so gut und so lange es geht, und kauft | |
die Dinger bloß nicht. Dieser Angstdiskurs ist nicht nur schlecht fürs | |
Klima, sondern auch für die Wirtschaft. | |
Es ist richtig, für die Produktion von E-Autos werden weniger Leute | |
gebraucht als für die Herstellung konventioneller Fahrzeuge, weil weniger | |
Teile verbaut werden. Aber durch eine Verkehrswende, zu der die Umstellung | |
auf E-Mobilität zwingend gehört, entstehen neue Arbeitsplätze in der | |
Branche selbst durch neue Dienstleistungen und in anderen Bereichen, etwa | |
bei der Bahn oder im öffentlichen Nahverkehr. | |
Wer jetzt die Entwicklung von E-Autos verschleppt, gefährdet Arbeitsplätze. | |
Autos mit Verbrennermotor werden schon in wenigen Jahren schwer verkäuflich | |
sein. Das ist eine absehbare Realität, die dann auch das Handelsblatt | |
einsehen muss. | |
13 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/autoindustrie-umstellung-a… | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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