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# taz.de -- Algorithmen im Fußball: Elf Dateien sollt ihr sein
> Ein erfolgloser Provinzverein wird dänischer Fußball-Meister. Wie konnte
> das passieren? Über Algorithmen, Statistik und
> Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Bild: Dänischer Meister aus der Provinz: FC Midtjylland
Matthew Benham ist reich und erfolgreich. Doch damit gibt er sich nicht
zufrieden. Er will beweisen, dass man einen Fußballklub auf Basis
statistischer Analysen führen kann. Benham, 47, hat in Oxford Physik
studiert, arbeitete als Derivatehändler im Londoner Bankenviertel, stieg
aus, gründete eine Sportwettfirma und verdiente aufgrund seiner
mathematischen Modelle und Wahrscheinlichkeitsrechnungen ein kleines
Vermögen mit Wetten auf Fußballspiele.
Mittlerweile arbeiten 80 Analysten, Mathematiker, Statistikexperten und
Physiker für sein Sportanalyseunternehmen Smart Odds in London. Benham war
davon überzeugt, dass seine Algorithmen und Statistiken auf das Spielfeld
übertragbar seien.
Zunächst erwarb er die Mehrheit bei seinem Herzensklub FC Brentford und
führte den Verein, der seit Jahrzehnten zwischen dritter und zweiter Liga
pendelte, an die Schwelle zur Premier League. 2014 folgte dann sein
Meisterstück – er kaufte den bis dahin erfolglosen dänischen Provinzverein
FC Midtjylland.
Seine einzige Bedingung war, dass der Verein seine Statistiken und
Wahrscheinlichkeitsrechnungen zur Grundlage seiner Spielphilosophie machte.
Ein Jahr später wurden sie, trotz eines viel geringeren Etats als die
Hauptstadtklubs in Kopenhagen, dänischer Meister.
## Individuelle Leistungsprofile
Zur Bewertung seiner Spieler greift der FC Midtjylland auf in London
berechnete „KPIs“ zurück, Key Performance Indicators. Smart Odds verfügt
dank der KPIs über individuelle Leistungsprofile für jeden einzelnen
Spieler. Spielzüge, Standards, Laufwege und Transfers werden auf Grundlage
mathematischer Modelle und statistischer Analysen errechnet.
In der Halbzeitpause bekommt der Trainer eine Spielanalyse aus der Londoner
Firma auf sein Smartphone geschickt. Die Computer in London rechnen dem
Trainer vor, wo die Stärken und Schwächen seiner Mannschaft in der ersten
Halbzeit lagen. „Anstelle von Gefühlen haben wir jetzt Fakten“, sagt der
Trainer des FC Midtjylland Riddersholm, „und das gibt uns das Vertrauen,
vor nichts Angst haben zu müssen, wenn wir gut arbeiten.“
Der Vorstandschef Ankersen beziffert den Leistungsvorsprung, den man
mithilfe der datenbasierten Wahrscheinlichkeitsrechnungen bislang erzielen
konnte, auf fünf Prozent. Im Leistungssport ist das eine Welt. „Nehmen Sie
die Standardsituationen“, sagt er. „Wir schauen, welche Spieler das größte
Potenzial in dieser Kategorie haben, und dann lassen wir sie mit einem Team
von Spezialisten arbeiten, damit sie ihre Effektivität überproportional
steigern. Das Ziel ist es, dass sie die besten Spieler Europas in dieser
Kategorie werden.“
## Verliererklub komplett umkrempelt
Seit der Baseballmanager Billy Beane den Verliererklub Oakland A's in den
Neunzigern komplett umkrempelte, ist der datenbasierte Ansatz in den USA
nicht mehr aus dem Sport wegzudenken. Beane änderte die Trainingsmethodik,
das Scouting, führte Sabermetrics ein – ein ausgeklügeltes System
statistischer Datenanalyse, mit dem alle Vereinsstrukturen auf ihre
Tauglichkeit überprüft wurden.
Sein System funktionierte, vier Jahre lang in Folge erreichten die Oakland
Athletics die Playoffs. Die Geschichte wurde später von Hollywood verfilmt,
mit Brad Pitt in der Hauptrolle. Erleben wir gerade, durch die
Algorithmisierung des Fußballs, eine ähnliche Revolution im europäischen
Vereinsfußball? Lautet die neue Fußballphilosophie: „Elf Dateien müsst ihr
sein“?
14 Aug 2015
## AUTOREN
Alem Grabovac
## TAGS
Fußball
Algorithmen
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Durchschnitt
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