# taz.de -- Aktivistin von Ende Gelände zu Protesten: „An die Orte der Zerst… | |
> Ende Gelände und Fridays for Future mobilisieren wieder für Streiks und | |
> Blockaden. Wie soll das zu Coronazeiten funktionieren? | |
Bild: Proteste gehen wieder los, hier am Samstag am Tagebau Garzweiler | |
taz: [1][Fridays for Future] hat für den 25. September zum [2][globalen | |
Massenstreik] aufgerufen, Ende Gelände lädt für das Wochenende danach ins | |
Rheinland. Ist die Zeit der Onlineproteste vorbei? | |
Kim Solievna: Ja und nein. Wir haben lange überlegt und verschiedene | |
Szenarien geprüft. Letztlich haben wir uns für [3][eine Massenaktion | |
entschieden], aber es wird anders als in vergangenen Jahren ablaufen. | |
Können Sie eine Massenaktion verantworten? | |
Das Hygienekonzept steht bei uns an erster Stelle. Wir entwickelt es | |
derzeit noch, aber es sind ja noch zwei Monate bis zur Aktion. Wir müssen | |
sehen, wie sich die Zahlen und Bestimmungen bis dahin entwickeln und unser | |
Konzept anpassen. | |
Was wird in diesem Jahr anders laufen? | |
„Dezentral“ ist das Stichwort für alles. Es wird nicht ein riesiges Camp | |
geben, sondern etwa zehn kleine Anlaufpunkte, wo man sich informieren, | |
organisieren und schlafen kann. Auch die An- und Abreise soll dezentral | |
laufen, die Aktionsgruppen werden kleiner sein als in anderen Jahren, auch | |
die Finger, in die sich die Protestzüge aufteilen, werden deutlich kleiner | |
sein. | |
Klingt nach viel Organisation. Lohnt sich das? | |
Es ist ein wesentlich größerer Aufwand und erfordert viel Abstimmung. | |
Unsere Kommunikation findet größtenteils noch digital statt. Das ist sehr | |
herausfordernd. Aber physische Präsenz verleiht Protesten immer mehr | |
Stärke. Die Zeit im Lockdown war spannend hinsichtlich der Frage, wie wir | |
uns trotzdem organisieren können. Aber wir mussten feststellen, dass | |
Protest im digitalen Raum viel leichter überhört wird. Für Ende Gelände ist | |
es außerdem wichtig, an die Orte der Zerstörung zu gehen und zu zeigen, wo | |
Ungerechtigkeiten passieren. | |
Der Kohlekompromiss ist in trockenen Tüchern, Datteln 4 ist im | |
Regelbetrieb. Gibt es im Rheinland überhaupt noch was zu gewinnen? | |
Indem wir wieder ins Rheinland gehen, stellen wir uns hinter den Widerstand | |
in den Dörfern, die durch die Tagebaue bedroht sind. Da darf keine weitere | |
Kohleabbaggerung stattfinden. Der sogenannte Kohlekompromiss ist absurd. | |
Das Kohleaustiegsgesetz schreibt die angebliche Notwendigkeit des Tagebaus | |
Garzweiler fest, obwohl die bereits wissenschaftlich widerlegt worden ist. | |
Deswegen müssen wir klar machen, dass dieses Gesetz klimapolitischer | |
Wahnsinn ist. | |
Einige fordern, dass reiche Industrieländer, die die Klimakrise maßgeblich | |
verursacht haben, Reparationen an ärmere Länder zahlen, die die Folgen | |
ausbaden müssen. Fordert Ende Gelände das auch? | |
So konkret nicht, aber wir weisen immer auf globale Ungerechtigkeit und | |
koloniale Strukturen hin, die wir zerstören müssen. Im Konflikt um Datteln | |
4 etwa haben wir [4][Blutkohle] in den Fokus gerückt und aufgezeigt, welche | |
Ungerechtigkeiten dieses Kraftwerk auf globaler Ebene reproduziert. Die | |
Steinkohle, die dort verbrannt wird, kommt zum größten Teil aus dem | |
sibirischem Kuzbass und Nordkolumbien, wo die Regionen unter dem Abbau | |
leiden. | |
Während der Sommer für die Klimabewegung eher ruhig war, hat Black Lives | |
Matter Massen auf die Straße gebracht. Welchen Einfluss hat das auf die | |
überwiegend weiße Klimabewegung? | |
Die Debatte, dass wir zu weiß sind, haben wir schon länger. Antirassismus | |
ist eine Grundkomponente der Klimagerechtigkeit, wir beschäftigen uns schon | |
lange damit und haben zum Beispiel interne Antirassismus-AGs. Über die | |
Proteste von BLM haben wir uns sehr gefreut. Klimagerechtigkeit kann es nur | |
in einer antirassistischen Gesellschaft geben. | |
26 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Klimaaktivismus-und-Gewerkschaft/!5695526 | |
[2] https://fridaysforfuture.de/save-the-date/?pk_campaign=home | |
[3] /Klimaprotest-trotz-Corona/!5703713 | |
[4] /Fossile-Rohstoffe-aus-Kolumbien-und-Russland/!5696962 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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