| # taz.de -- Abfüllzentrum von Coca-Cola blockiert: „Wasser ist keine Ware“ | |
| > In Lüneburg demonstrierten Aktivist*innen von Extinction Rebellion | |
| > gegen einen Brunnen, mit dem Coca Cola vor Ort Grundwasser entnehmen | |
| > will. | |
| Bild: Blockade für Klimagerechtigkeit: Aktivist*innen vor dem Lüneburger Coca… | |
| Lüneburg taz | Auf einem Holzaufbau, der mit etwas Fantasie geformt ist wie | |
| eine übergroße Coladose, steht ganz entspannt ein Weihnachtsmann mit | |
| Rauschebart. Er blickt auf Aktivist:innen, die ein Plakat mit der | |
| Aufschrift „Klimagerechtigkeit jetzt“ hochhalten. In seinem Rücken liegt | |
| die Abfüllanlage von Coca-Cola in Lüneburg. Der Weihnachtsmann hat für den | |
| Konzern keine Geschenke dabei. | |
| Anlass für die Aktion der Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion (XR) war | |
| der Weltwassertag am Montag. Insgesamt protestierten in drei Gruppen rund | |
| 100 Menschen gegen die Privatisierung von Wasser vor den Zufahrten zum | |
| Fabrikgelände. | |
| Konkret richtet sich der Protest gegen die von Coca-Cola betriebenen | |
| Brunnen in und um Lüneburg. Bislang fördern zwei Brunnen Grundwasser, das | |
| in der blockierten Anlage für die Marke „Vio“ abgefüllt wird. Ein dritter | |
| Brunnen ist derzeit im Testlauf. Die Aktivist:innen wollen den | |
| dauerhaften Betrieb verhindern. | |
| Die nicht angemeldete Demonstration begann um neun Uhr. Die Polizei kam | |
| kurze Zeit später dazu, um den Protest zu beobachten, löste sie aber nicht | |
| auf. Das „hohe Recht der Versammlungsfreiheit“, sagt Polizeisprecher Kai | |
| Richter, müsse gewahrt bleiben. | |
| Unter den Demonstranten war Jasper S. von der Lüneburger XR-Ortsgruppe. | |
| „Wasser ist ein Grundrecht und keine Ware“, sagt er. Es sei absurd, dass in | |
| der Klimakrise und mit sinkenden Grundwasserpegeln nach drei Dürrejahren in | |
| Folge diese Privatisierung erlaubt werde. Man müsse Coca-Cola „den Hahn | |
| abdrehen“, den dritten Brunnen sofort verbieten und die laufenden Lizenzen | |
| zur Grundwasserentnahme auslaufen lassen, fordert er von „Politik und | |
| Unternehmen“. | |
| ## Keine Reaktion auf offenen Brief | |
| Coca-Cola-Sprecherin Marlen Knapp reagiert mit Unverständnis auf diese | |
| Forderung: Das Unternehmen sei nur für 1,7 Prozent der gesamten | |
| Grundwasserentnahme im betroffenen Bereich verantwortlich. Außerdem werde | |
| nur Coca-Cola „Zielscheibe“ von Vorwürfen und „derartigen Protestaktionen | |
| und Angriffen“. Der Konzern nehme Bedrohungen wie Dürreperioden ernst und | |
| tue Einiges, um den Wasserverbrauch zu reduzieren. Seit 2015 habe man | |
| weltweit eine ausgeglichene Wasserbilanz. Das heißt, man gebe so viel | |
| sauberes Wasser in den Kreislauf zurück, wie man für die Abfüllung der | |
| Getränke benötige. | |
| Die Kritik ist für XR jedoch grundsätzlicher. Es brauche neue | |
| Nachhaltigkeitskonzepte, die auf „ewig“ angelegt seien, sagt Jasper S. Sie | |
| hätten das Gefühl von der Politik „bewusst ausgeschlossen und ignoriert“ … | |
| werden. Auf einen offenen Brief der Gruppe an Landrat und Oberbürgermeister | |
| habe es keine ernsthafte Reaktion gegeben. Deshalb wollten sie mit zivilem | |
| Ungehorsam „Druck auf die Straße bringen“ und so ihre „demokratische | |
| Stimme“ erheben, sagt Jasper S. Dass seine Mitstreiter:innen zu solch | |
| drastischen, aber friedlichen, Mitteln griffen, zeige die Dringlichkeit des | |
| Problems. | |
| Jukka Kilgus, dessen Gruppe den nördlichen Zugang am Christian-Herbst-Weg | |
| blockierte, sagt, seine Gruppe habe ein paar „Müsliriegel“ mitgenommen, um | |
| die Blockade den ganzen Tag über aufrechtzuerhalten. Es war die kleinste | |
| der drei Gruppen. In ihrem Zentrum lag eine umgedrehte Badewanne, an die | |
| sich drei Leute gekettet hatten. Auch Kilgus fordert: Die Politik solle | |
| sich mit ihnen auseinandersetzen. | |
| Emilia Püschel, Sprecherin der Stadt Lüneburg kann nachvollziehen, dass der | |
| dritte Brunnen die Lüneburger:innen beschäftigt. Das Thema Wasser gehe | |
| alle an, sagt sie. Der Stadtrat habe letzten Oktober diesbezüglich auch | |
| einen einstimmig angenommen Beschluss gefasst. Er fordert darin Land und | |
| Bund dazu auf, das Wasserschutzgesetz zu überarbeiten, um Kommunen mehr | |
| Handlungsspielraum zu geben und Nachhaltigkeit zu ermöglichen. | |
| Große Auswirkungen hatte der Protest auf Coca-Cola nicht. Durch | |
| „Umstellungen in der Logistik“ habe man Ausfahrten ermöglicht, sagt | |
| Konzernsprecherin Knapp. Zu einem wirtschaftlichen Schaden hätten die | |
| Behinderungen nicht geführt. | |
| Zumindest ist der Widerstand der Bürger:innen jedoch sichtbar. Mehrere | |
| Initiativen haben zudem zu einer Demo auf dem Marktplatz aufgerufen. Bis | |
| Redaktionsschluss blockierten die Aktivist:innen die Abfüllanlage | |
| weiterhin. | |
| 23 Mar 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Hagen Gersie | |
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