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# taz.de -- 1. Mai 2021 in Hamburg: Verbot und Chaos
> Linker Protest zum 1. Mai war in Hamburg verboten, dennoch suchten sich
> viele ihren Weg auf die Straßen. Die Polizei reagierte gewaltvoll.
Bild: Diese überflüssige Dusche ist man in Hamburg gewöhnt
Hamburg taz | Obwohl die Polizei sich Mühe gegeben hatte, Proteste zum 1.
Mai zu unterbinden, suchten sich am Samstag tausende Menschen ihren Weg,
dennoch zu demonstrieren. Auf Fahrrädern durchstreiften mehrere hundert
Personen das Reichenviertel Pöseldorf, wo [1][das Bündnis „Wer hat, der
gibt“] drei Kundgebungen angemeldet hatte, die die Versammlungsbehörde
unter Berufung auf den Infektionsschutz verboten hatte. Das
Verwaltungsgericht bestätigte das Urteil trotz des umfangreichen
Hygienekonzepts.
Auch das Anarchobündnis „Schwarz-roter erster Mai“ [2][durfte weder laufen
noch eine stationäre Kundgebung abhalten]. Rund 80 Personen versammelten
sich am Mittag dennoch am Schlump, wurden aber nach hundert Metern von der
Polizei gestoppt. Zwei kurzfristig angemeldete Kundgebungen für je 200
Personen verbot die Versammlungsbehörde im letzten Moment, aus Angst, diese
könnten als Ersatz-Anlaufpunkte dienen. Die Folge waren dezentrale Proteste
in der ganzen Innenstadt.
Was die Polizei nicht verhindern konnte, versuchte sie durch Übermacht und
gewaltvolles Durchgreifen zu zerstreuen. Vor den Wallanlagen saßen rund 40
Personen über fünf Stunden in einem Polizeikessel fest, darunter mindestens
eine Minderjährige. „Sie ließen uns nicht auf Toilette gehen, wir mussten
in einen Gulli pinkeln“, sagt die 14-Jährige Polly der taz. „Die
Polizist*innen trieben uns immer enger zusammen, sodass wir gar keine
Abstände mehr wahren konnten“, sagt Polly.
## Minderjährige vier Stunden gekesselt
Auch hätten die Polizist*innen selbst Abstände ignoriert, zum Teil
keine medizinischen Masken getragen und sich nicht dafür interessiert, ob
Verletzte oder Minderjährige im Kessel waren. Nach vier Stunden holte der
Ermittlungsausschuss die 14-Jährige heraus. Die Polizei brachte sie aufs
Kommisariat, wo ihre Eltern sie abholten. „Ich bin wütend und empört
darüber, wie die Polizei unsere Rechte missachtet hat“, sagt Polly.
Am Nachmittag versammelten sich mehrere hundert Personen im Schulterblatt,
eine Punkband spielte vom Balkon der Roten Flora. Dann [3][räumten
Wasserwerfer die Schanze]. Während die Polizei ein positives Fazit zog,
bilanzieren Aktivist*innen den Tag negativ: „Wer den Reichen an ihren
Luxus will, muss sich auf Stress einstellen, das hat die Stadt mit der
größten Millionärsdichte Deutschlands bewiesen“, sagt Carlotta Schmidt von
„Wer hat, der gibt“. „Ohne den martialischen Polizeieinsatz wäre alles
coronakonform abgelaufen, aber offenbar ist es der Innenbehörde wichtiger,
linken Protest zu kriminalisieren.“
Auch Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisiert
die „völlig unnötige Eskalation“ durch die Polizei. Sie habe damit der
Pandemieeindämmung einen Bärendienst erwiesen. Der Sprecher des
Linken-Landesverbandes, Keyvan Taheri, äußert Entsetzen über den Angriff
auf die Versammlungsfreiheit. „Diese grundrechtsfeindliche Haltung des
rot-grünen Senats ist für alle Demokrat*innen unerträglich“, sagt er.
2 May 2021
## LINKS
[1] /Brief-fuer-Verteilungsgerechtigkeit/!5762868
[2] /Demoverbote-in-Hamburg-am-1-Mai/!5762940
[3] /1-Mai-in-Berlin-und-Hamburg/!5769306
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Tag der Arbeit, Tag der Proteste
Protest
Hamburg
Repression
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Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
Polizei Berlin
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