| # taz.de -- Gipfel im Kanzleramt: Pop-Stars fordern faire Beteiligung | |
| > Die Musikindustrie boomt, doch nicht alle Musikschaffenden haben etwas | |
| > davon. Herbert Grönemeyer und andere fordern Maßnahmen von | |
| > Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. | |
| Bild: Wolfram Weimer, zweiter von links. Rechts neben ihm Balbina; Herbert Grö… | |
| Es hatte was von einem vorweihnachtlichen Goodwill-Spendensammel-Telethon | |
| im Fernsehen. Am Donnerstagnachmittag trat Kulturstaatsminister Wolfram | |
| Weimer flankiert von Stars wie Balbina, Herbert Grönemeyer und Peter Maffay | |
| vor die versammelte Presse im Bundeskanzleramt und verkündete passend zum | |
| Weihnachtsbaum aus dem Sauerland, der in der großen Halle nahe der Treppe | |
| steht, eine frohe Botschaft: „Gerade eben hat der erste Popmusikgipfel im | |
| Bundeskanzleramt getagt. Der Musikmarkt boomt!“ Aber leider, so schränkte | |
| Weimer ein, kämen die Erlöse nur [1][den Majorlabels] und den | |
| Streaming-Plattformen zugute. | |
| Es klaffe eine Gerechtigkeitslücke in der Musiklandschaft und bedrohe die | |
| kulturelle Vielfalt. Also doch keine weiße Weihnacht? Immerhin aber sei ein | |
| Kick-off-Prozess in Gang gesetzt worden, und er, Wolfram Weimer, verstehe | |
| sich als „Mediator“, um Majorlabels und Streaming-Plattformen an den Runden | |
| Tisch zu holen. Nun stehe, ganz ähnlich wie bei Tarifauseinandersetzungen | |
| zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, der Anfang von Verhandlungen an. | |
| Vorausgegangen war dem Aufgalopp die Veröffentlichung einer von der | |
| Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie namens „Vergütung im deutschen | |
| Markt für Musikstreaming“, der deutsche Markt ist bisher kaum erforscht. | |
| Ihre Ergebnisse sind, wenig überraschend, betrüblich: [2][Seit 2015 boomt | |
| der globale Musikmarkt und auch in Deutschland verzeichnet Streaming seit | |
| 2018 die größten Umsätze]. Es „löste die Absatzkrise physischer Tonträger | |
| ab und machte den Markt über Urheberrechtsmechanismen wirtschaftlich | |
| nutzbar“. | |
| ## Sinkende Einkünfte | |
| Davon kommt in der Breite allerdings so gut wie nichts an. Die Studie sieht | |
| dringenden politischen Handlungsbedarf, denn die Macht von „global | |
| agierenden Akteuren“ aus der Digitalwirtschaft habe die Musiklandschaft | |
| bereits „sozial und kulturell verändert“. Für die Studie wurden mehrere | |
| tausend deutsche Musikschaffende befragt und nahezu drei Viertel davon | |
| gaben an, unzufrieden mit dem Vergütungsmodell zu sein. Denn sie erzielen | |
| immer weniger Einkünfte, obwohl die Streams zunehmen. | |
| Balbina forderte im Bundeskanzleramt Fairshare und „Mitbestimmung der | |
| Musiker:innen“. Die Deutungshoheit müsse bei denen liegen, „die in den | |
| Gewerken arbeiten“. Konzerteinnahmen sinken, KI stellt eine ernstzunehmende | |
| Bedrohung des Kreativprozesses dar, daher „muss sich die Binnenverteilung | |
| zugunsten der Künstler:innen ändern“. | |
| Dann trat [3][Herbert Grönemeyer] vors Mikrofon und erklärte betont | |
| gelassen, aber auch ein bisschen genervt, dass diese Auseinandersetzung | |
| zwischen Majorlabels, Streaming-Plattformen und Künstlerseite nun „bereits | |
| seit sechs Jahren“ schwele. Es gehe nur noch um Klicks, und die ließen sich | |
| im Darknet kaufen, Menschen zählten dagegen immer weniger. Jetzt sei es an | |
| der Zeit, ein Artist-centric-system einzuführen. Grönemeyer bezeichnete das | |
| Vergütungssystem als „größtes Idiotensystem des Kapitalismus“. Auch die | |
| Weihnachtstanne aus dem Sauerland nickte. | |
| Angeblich seien die Streaming-Plattformen gesprächsbereit, erklärte der | |
| Kulturstaatsminister auf Nachfrage, die Majorlabels seien es, die mauern. | |
| Das stimmt insofern, da sie bis heute über Verträge und | |
| Ausschüttungsmodelle mit den Streaming-Anbietern Stillschweigen bewahren. | |
| Er, Weimer, werde alles versuchen, um sie zur Verantwortung zu ziehen, zur | |
| Not auch über das Kartellamt. Stay tuned. | |
| 19 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Julian Weber | |
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