| # taz.de -- Bald jede vierte Person im Rentenalter: Deutschland altert schnelle… | |
| > Selbst bei hoher Zuwanderung wird das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen | |
| > und Rentner:innen schlechter, prognostiziert das Statistische | |
| > Bundesamt. | |
| Bild: Schon jetzt kommen auf 100 Personen im Erwerbsalter 33 Personen im Renten… | |
| Wer brav für ältere Menschen in der U-Bahn aufsteht, darf das künftig | |
| häufiger tun. Deutschland altert weiter – und stärker als bisher | |
| prognostiziert. Schon in 10 Jahren wird mindestens jede vierte Person 67 | |
| oder älter sein. Das ist das Ergebnis der [1][neuesten | |
| Bevölkerungsvorausberechnung vom Statistischen Bundesamt], die am | |
| Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Zum Vergleich: 2024 war es nur jede | |
| fünfte Person. | |
| Gewagt wurde ein Blick in die Zukunft bis ins Jahr 2070. Wie viele alte und | |
| junge Menschen dann im Land leben, ist wichtig für die Rentendiskussion. | |
| „Wir blicken 45 Jahre nach vorne“, sagte Karsten Lummer, Leiter der | |
| Abteilung Bevölkerung, zu Beginn der Pressekonferenz. Entworfen wurden | |
| unterschiedliche Szenarien, je nachdem, wie sich Geburtenrate, | |
| Lebenserwartung und Zuwanderung entwickeln könnten. | |
| „Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit hat zugenommen“, sagt | |
| Lummer. 2023 und 2024 befand sich die deutsche Volkswirtschaft in einer | |
| Rezession. Unter diesen Rahmenbedingungen fänden nun „gravierende | |
| demografische Veränderungen“ statt. Der Trend ist klar. Die [2][Generation | |
| der Babyboomer] scheidet langsam aus dem Arbeitsleben aus. „Auf sie folgen | |
| deutlich kleinere Jahrgänge“, erklärt Lummer. Damit schreite die Alterung | |
| der Gesellschaft fort – „und zwar langfristig stärker als bei der letzten | |
| Vorausberechnung angenommen“. | |
| Das hat vor allem zwei Gründe: weniger Geburten und weniger Zuwanderung. | |
| 2024 lag die Geburtenrate bei 1,35 Kindern je Frau. Zwischen 2016 und 2021 | |
| waren es 1,6 Kinder. Mögliche Gründe für den Rückgang sieht Referentin Olga | |
| Pötsch in einer allgemeinen Verunsicherung „durch Inflation und Rezession, | |
| [3][Knappheit an bezahlbarem Wohnraum] und die politische Unsicherheit“. | |
| Ebenso abgenommen hat die Zuwanderung. Wer also noch die | |
| [4][Migrationsbegrenzungswünsche von Politiker:innen] im Ohr hat, darf | |
| sich wundern. „Die Zuwanderung hat seit 2022 deutlich abgenommen“, erklärt | |
| Lummer. Infolge des russischen Angriffskriegs waren mehr als 1,5 Millionen | |
| Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Das war der | |
| Höchstwert seit 1950. Im Jahr darauf sank die Nettozuwanderung dann auf | |
| 663.000 Personen, 2024 auf 430.000 Personen. Dabei ging nicht nur die Zahl | |
| der Asylsuchenden ging zurück. Auch aus der EU kamen weniger Menschen, vor | |
| allem aus Polen, Rumänien und Bulgarien. | |
| ## Mehr Alte, weniger Erwerbstätige | |
| Bis 2038 wird die Zahl der Menschen im Rentenalter je nach Szenario um 3,8 | |
| Millionen bis 4,5 Millionen Menschen steigen. Der Anteil an der | |
| Gesamtbevölkerung wächst dann auf 25 bis 27 Prozent – momentan sind es etwa | |
| 20 Prozent. Schon jetzt kommen auf 100 Personen im Erwerbsalter 33 Personen | |
| im Rentenalter. Dieser Altenquotient wird sich verschlechtern, wie sehr, | |
| kommt auf das Szenario an. | |
| „Im Jahr 2070 werden es im günstigsten Fall 43 Personen im Rentenalter | |
| sein“, erklärt Karsten Lummer. Im ungünstigsten Fall könnte der | |
| Altenquotient sogar auf 61 steigen. Das wäre fast eine Verdopplung. „Dann | |
| kämen auf eine Leistungsempfängerin oder einen Leistungsempfänger aus den | |
| Alterssicherungssystemen weniger als zwei Einzahlende“, so Lummer. | |
| ## Einwanderung allein kann die Lücke nicht schließen | |
| Diese Lücke zwischen Erwerbstätigen und Rentner:innen kann laut | |
| Prognosen auch nicht durch stärkere Einwanderung geschlossen werden. Selbst | |
| bei hoher Zuwanderung und moderater Geburtenentwicklung werde die Zahl der | |
| Menschen im Erwerbsalter voraussichtlich sinken: von heute 51,2 Millionen | |
| auf 45,3 Millionen im Jahr 2070. Bei wenig Zuwanderung sogar auf 37,1 | |
| Millionen. | |
| Insgesamt werden 2070 voraussichtlich aber auch weniger Menschen im Land | |
| leben als heute. Zum Jahresende 2024 lebten rund 83,6 Millionen Menschen in | |
| Deutschland. Bei einer moderaten Entwicklung von Geburtenrate, | |
| Lebenserwartung und Einwanderung liegt die Prognose bei 74,7 Millionen | |
| Menschen im Jahr 2070. Nur bei zwei von 27 Berechnungsvarianten mit sehr | |
| hoher Zuwanderung und stark steigender Geburtenrate würde die Bevölkerung | |
| leicht wachsen. | |
| Regional wurden große Unterschiede prognostiziert. Während die | |
| westdeutschen Flächenländer vielleicht stabil bleiben, wird die Bevölkerung | |
| in den ostdeutschen Flächenländern bis 2070 um 14 bis 30 Prozent | |
| schrumpfen. Nur die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen könnten bei | |
| hoher oder mittlerer Zuwanderung wachsen. | |
| Für Karsten Lummer steht damit fest: „Der Druck auf die Sozialsysteme | |
| steigt.“ Was die Politik daraus mache, sei aber eine andere Frage. Derzeit | |
| wird im Land heiß über eine Rentenreform diskutiert. So ziemlich jede | |
| mögliche Stellschraube der gesetzlichen Rentenversicherung wird gedanklich | |
| bewegt: [5][Beamte und Abgeordnete] sollen mit einzahlen. Oder: Die | |
| Beitragsjahre sollen zählen statt einer starren Altersgrenze – das war nur | |
| der [6][jüngste Vorstoß, der für Aufregung sorgte.] Um all diese Fragen | |
| soll sich ab nächster Woche eine von der Bundesregierung [7][eingesetzte | |
| Rentenkommission kümmern.] | |
| 11 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/12/PD25_446_12.ht… | |
| [2] /Generationen-und-Arbeitsmarkt/!6111908 | |
| [3] /Bekaempfung-von-Wohnungslosigkeit/!6123640 | |
| [4] /Konservative-Anti-Migrations-Plaene/!6063398 | |
| [5] /Rente-in-der-Zukunft/!6132208 | |
| [6] /Debatte-ueber-Rentenreform/!6136407 | |
| [7] /Umstrittenes-Gesetzespaket/!6127371 | |
| ## AUTOREN | |
| Jasmin Kalarickal | |
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