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# taz.de -- Nazi-Weihnacht auf dem Land: Völkische kommen mit dem Lastenrad
> Im niedersächsischen Masendorf hat ein völkischer Weihnachtsmarkt
> stattgefunden. Die Rechtsextremen griffen Antifaschist*innen und
> Presse an.
Bild: Eine Schar geht in altfränkischem Aufzug zum Weihnachtsmarkt
[1][Masendorf], Ende November. In den dörflichen Ortsteil von Uelzen
strömen Menschen in altmodischer Kleidung. Alle Jahre wieder richtet die
völkische Familie Schröder zum ersten Advent einen Weihnachtsmarkt aus. Es
ist eines der größten Treffen von Rechtsextremen in Niedersachsen.
Gebäck zum Glühwein bringen die anreisenden Gäste mit auf den Hof in der
niedersächsischen Heide. In der großen Scheune des Dreiseiten-Hofs muss es
eng geworden sein. „Das ist keine rechtsextreme Veranstaltung, sondern ein
Weihnachtsmarkt!“, brüllt eine Frau vom Hof her.
Zu sehen ist sie nicht. Denn die Sicht auf die Einfahrt versperrt ein
Autoanhänger. Die ankommenden Brauchtumsfreunde widerlegen die gebrüllte
Aussage: Es sind an die 200 Gäste aus verschiedenen rechtsextremen
Netzwerken – darunter Aktive der AfD, der Identitären Bewegung (IB) und der
Jungen Nationalisten (JN).
Der völkische Nationalismus ist die ideologische Basis dieser heterogenen
Szene. „Nach unserer Einschätzung dürfte dies die größte bekannte
Versammlung der völkisch-nationalistischen Kreise gewesen sein“, sagt
[2][Martin Raabe von der „Gruppe beherzt für Demokratie und Vielfalt“]. Die
Öffentlichkeit schaue zum Nazi-Hof in Eschede, doch auch der Hof in
Masendorf müsse beachtet werden. Raabe und langjährige Beobachter der Szene
wie Olaf Meyer sind sich sicher: „Diese politischen Zusammenkünfte sind
keinesfalls privat und sollten alle angehen, denn hier baut sich etwas
Größeres auf.“
## „Beherzte“ treffen sich gegenüber zum Kaffee
Seit Jahren wehrt sich die Initiative in der Region gegen völkische
Siedler:innen, die versuchen den ländlichen Raum zu erobern, indem sie
weitere Höfe kaufen. Das Netzwerk richtet immer wieder Solidaritätsaktionen
mit Anwohner*innen in den betroffenen Ortschaften aus. Am 1. Advent
trafen sich 20 Beherzte auf einem Hof gegenüber dem rechten Treffpunkt –
„zum Kaffeetrinken“, sagt Raabe.
„Die Völkischen wollen ihren Einfluss lieber ungestört ausbreiten,
vernetzen sich jetzt sogar mit Neonazis aus Eschede und Mecklenburg“,
erklärt der pensionierte Pastor. „Sie besitzen Jagdscheine, eine Pacht und
trafen sich hier vor Kurzem auch zur Treibjagd. Da sind dann auch bekannte
Rechtsextreme dabei.“ Antifaschist Meyer ergänzt: „Es gibt hier mindestens
zwei aktive rechtsextreme Jugendbünde, die Kinder nach den Idealen der
NS-Zeit erziehen.“
Gerade der rechte Nachwuchs stört sich in Masendorf an Presse und Protest.
Auf der öffentlichen Straße vor dem Hof gehen selbsternannte Ordner
beherzte Aktivisten an. Einen Mann stoßen mehrere Männer hin und her. Mit
Regenschirmen versuchen sie, Journalist*innen aggressiv das
Fotografieren zu verbieten.
Drei Polizeibeamte sprechen Ermahnungen aus und fahren wieder weg. Später
am Abend beschädigen Unbekannte mit schweren Steinen das Auto eines
Nachbarn, der sich gegen Rechts bekennt. Ein [3][buntes Beherzt-Kreuz] wird
ebenfalls beschädigt – darauf steht die Botschaft „Kreuz ohne Haken – F�…
Vielfalt“. Abends hört ein Nachbar, wie die Parole „Arbeit macht frei!“
gegrölt wird.
Bereits im vergangenen Jahr waren „junge Kerle mit Messer am Hosenbund“
durch die Straßen des kleinen Dorfes patrouilliert, berichtet Meyer. „Die
Vorfälle offenbaren, dass die Rechtsextremen nicht nur hinter ihrem Zaun
auf ihrem Grundstück aktiv sind“, meint Raabe. Und er betont: „In diesen
Kreisen bewegen sich viele Akademiker:innen.“
Das Landesamt für Verfassungsschutz stellte [4][in seinem letzten
Jahresbericht] zwar fest, dass „völkische Siedler“ in Niedersachsen zu
einer „Belastung für das gesellschaftliche Zusammenleben auf lokaler Ebene
werden“ könnten, sie hätten jedoch „keinen prägenden Einfluss auf die
ideologische Entwicklung des Rechtsextremismus“. Das Amt will auch „keine
Aktivitäten“ sehen.
Da widerspricht Meyer: „Sie sind doch bis in die Spitzen der AfD zu
finden.“ Laut Meyer nahm am diesjährigen Adventstreffen auch der
[5][AfD-Landtagsabgeordnete Peer Lilienthal teil, dessen Frau Hildburg
Meyer-Sande] aus der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend und der IB
kommt. Gerade bei diesem Fest sei auch zu beobachten, wie entgrenzt die
Szene intern mittlerweile ist.
Ein JN-Bundesvorstandsmitglied kommt mit dem Lastenrad und Familie. Vor dem
Hof der Schröders parken am 1. Advent rund 90 Autos, einige gehören
Angehörigen der [6][verbotenen „Artgemeinschaft“]. Raabe sagt: „Es war für
uns schockierend und für die Dorfbewohner*innen mit einem Gefühl von
Machtlosigkeit verbunden, zu sehen, wie diese nicht sehr ‚himmlische
Heerschar‘ praktisch das Dorf übernahm.“
10 Dec 2025
## LINKS
[1] /Treffen-von-Rechtsextremen/!5687404
[2] /Mit-Kreuzen-gegen-voelkische-Siedler/!6055544
[3] /Voelkische-Siedler-in-Niedersachsen/!6079232
[4] https://www.mi.niedersachsen.de/download/218679/Verfassungsschutzbericht_20…
[5] /Antifa-Sprecher-ueber-Rechte-in-Lueneburg/!6071712
[6] /Rechtsextreme-Artgemeinschaft-verboten/!5962927
## AUTOREN
Andreas Speit
Andrea Röpke
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