| # taz.de -- Empfang für Antisemitismusbeauftragten: Hamburger Tempelverband mu… | |
| > Zum Senatsempfang für den scheidenden Beauftragten Hensel wurde die | |
| > liberale Gemeinde nicht eingeladen. Die sieht sich ein weiteres Mal | |
| > diskriminiert. | |
| Bild: Nur noch eine Ruine: der erste Tempel des liberalen Judentums in der Hamb… | |
| Ist es eine erneute Kränkung oder schlicht folgerichtig? Zur Verabschiedung | |
| des Hamburger Beauftragten für Antisemitismus und jüdisches Leben sind die | |
| Vertreter des liberalen Judentums nicht eingeladen worden. Dagegen hat der | |
| „Israelitische Tempelverband – Liberale Jüdische Gemeinde in Hamburg“ nun | |
| mit einem offenen Brief protestiert. Mit der Nichteinladung sei die | |
| strukturelle Diskriminierung des Tempelverbandes erneut sichtbar geworden, | |
| heißt es in dem Schreiben. | |
| Der [1][Antisemitismusbeauftragte Stefan Hensel gibt dieses Ehrenamt zum | |
| Jahresende auf]. Er begründete seinen Schritt mit der Belastung durch sein | |
| Engagement. „Der zeitliche Aufwand und die anhaltende Konfrontation mit | |
| Hass und persönlichen Übergriffen sind im Rahmen eines Ehrenamts für mich | |
| nicht mehr vereinbar“, teilte er mit. Zukünftig wolle er sich den positiven | |
| Seiten jüdischen Lebens widmen. | |
| Hensel ist allerdings auch wegen seiner Amtsführung kritisiert worden, was | |
| mit einem Streit zwischen den jüdischen Gemeinden Hamburgs zu tun hat. Der | |
| Tempelverband erhebt Anspruch auf das Erbe [2][einer der ersten | |
| Reformgemeinden überhaupt], die sich 1817 in Hamburg gründete. Mit gut 350 | |
| Mitgliedern ist sie deutlich kleiner als die 2.300 Köpfe zählende Jüdische | |
| Gemeinde in Hamburg (JGH), die orthodox dominiert ist und vom Hamburger | |
| Senat als Hauptansprechpartner angesehen wird. | |
| Für seine erste Amtszeit war Hensel einvernehmlich von der JGH und dem | |
| Tempelverband vorgeschlagen worden. Über die Jahre haben sich [3][Hensel | |
| und der Tempelverband aber entfremdet]. Schon kurz nach Hensels offizieller | |
| Ernennung habe sich der Tempelverband über dessen Haltung gewundert, sagte | |
| Eike Steinig, der Zweite Vorsitzende des Tempelverbandes, der taz. Steinig | |
| irritiert, dass Hensel bei der Nominierung seine Mitgliedschaft in der JGH | |
| verschwieg. Er unterstellt ihm „eine Befangenheit zu unseren Ungunsten“. | |
| ## Ohne Bewerbungsverfahren erneut bestellt | |
| Vor gut einem Jahr hat der Senat Hensel für eine weitere Amtszeit bestellt | |
| – ohne ein Bewerbungsverfahren. Weder die öffentliche Kritik des | |
| Tempelverbandes an Hensels Amtsführung noch die Bewerbung Steinigs für das | |
| Amt berücksichtigte der Senat dabei; federführend war die Behörde für | |
| Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG). | |
| Steinig klagte und bekam recht: Der Senat muss das Bewerbungsverfahren | |
| fortsetzen. Inzwischen hat auch ein Bewerbungsgespräch Steinigs bei | |
| Wissenschaftssenatorin Maryam Blumenthal (Die Grünen) stattgefunden. | |
| Die Senatorin war auch bei dem Senatsempfang mit etwa 40 Personen im | |
| Bürgermeistersaal des Rathauses zugegen, ebenso ihre Staatsrätin Eva Gümbel | |
| (Grüne), die Sprecherin für Antidiskriminierung der | |
| Grünen-Bürgerschaftsfraktion Filiz Demirel sowie die | |
| Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). | |
| Der Tempelverband kritisiert, dass bei der Verabschiedung als Vertreter des | |
| Judentums ausschließlich Philipp Stricharz, der erste Vorsitzende der JGH, | |
| gesprochen habe und der Tempelverband gar nicht erst eingeladen wurde. | |
| „Angesichts der historischen wie aktuellen Bedeutung unserer Gemeinde für | |
| das jüdische Leben in Hamburg stellt sich uns die Frage, aus welchen | |
| Gründen eine Einladung unterblieben ist“, heißt es in dem offenen Brief. | |
| Der Tempelverband habe seinen Dachverband in New York über diese | |
| Diskriminierung informiert. | |
| Der Tempelverband erwarte „eine umgehende und klare Kurskorrektur der | |
| politischen Verantwortungsträger – insbesondere der SPD und von Bündnis | |
| 90/Die Grünen“. Bisherige Versuche, die religionspolitischen Sprecher | |
| beider Parteien für das Thema zu sensibilisieren, hätten zu nichts geführt. | |
| Als besonders irritierend empfinde der Verband, dass bei dem Empfang | |
| „zentrale politische Akteurinnen, die explizit für Fragen von | |
| Gleichstellung und Antidiskriminierung zuständig sind, anwesend waren“. | |
| Gerade vor diesem Hintergrund wiege es schwer, dass die Gemeinde erneut von | |
| einer staatlichen Veranstaltung ausgeschlossen worden sei. | |
| Der Tempelverband bittet den Senat deshalb um Auskunft: warum er bei der | |
| Einladung nicht berücksichtigt worden sei. Nach welchen Kriterien die | |
| Senatskanzlei jüdische Gemeinden bei ihren Einladungen auswähle. Wie der | |
| Senat sicherzustellen gedenke, „dass [4][alle jüdischen Gemeinden | |
| gleichberechtigt und ohne politische Einflussnahme] in relevante staatliche | |
| Formate einbezogen werden“. | |
| Dass der Tempelverband bei dem Empfang übergangen wurde, erklärt die | |
| Wissenschaftsbehörde damit, dass nur ein sehr kleiner Kreis eingeladen | |
| worden sei. „Die Auswahl der Gäste lag in großen Teilen beim scheidenden | |
| Beauftragten selbst, der als zu verabschiedende Person ein entsprechendes | |
| Auswahlrecht hatte“, teilte die Behörde mit. | |
| 6 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Zu-viele-Anfeindungen/!6112967 | |
| [2] /Online-Projekt-zur-juedischen-Geschichte-/!6107745 | |
| [3] /Kritik-an-Antisemitismusbeauftragtem/!6014445 | |
| [4] /Juedische-Gemeinden-in-Hamburg/!6117508 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
| ## TAGS | |
| Jüdische Gemeinde Hamburg | |
| Jüdisches Leben | |
| Judentum | |
| Religion | |
| Hamburg | |
| Diskriminierung | |
| Grüne Hamburg | |
| Hamburger Senat | |
| Jüdische Gemeinde Hamburg | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Antisemitismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Orthodoxe gegen Liberale in Hamburg: Ringen ums jüdische Erbe | |
| Die orthodoxe Jüdische Gemeinde Hamburg wollte der liberalen Gemeinde ihr | |
| Namensrecht streitig machen. Damit ist sie vor dem Landgericht gescheitert. | |
| Jüdische Gemeinden in Hamburg: Streit ums jüdische Erbe | |
| In Hamburg soll die große Synagoge wiederaufgebaut werden. An dem Bau | |
| entzünden sich auch widerstreitende Interessen in der jüdischen Gemeinde. | |
| Hamburger Antisemitismusbeauftragte: Der alternativlose Kandidat | |
| Um ihren Bewerber als Antisemitismusbeauftragten durchzudrücken, hat die | |
| Hamburger Wissenschaftsbehörde eine Amtsleiterin kaltgestellt. Der | |
| Konkurrent siegt vor Gericht. |