| # taz.de -- Vorbilder im Rentenstreit: Das Prinzip Ströbele | |
| > CDU-Fraktionschef Spahn will die Abweichler im Rentenstreit einzeln | |
| > vorladen. Diese Methode erinnert an den Krimi um den Afghanistan-Einsatz | |
| > 2001. | |
| Bild: Nein, ja, nein, ja, nein, ja, nein, ja: Abstimmung zum Afghanistan-Einsat… | |
| Im November 2001 bombardierten die [1][USA Afghanistan], um nach 9/11 die | |
| Taliban zu stürzen. [2][Kanzler Gerhard Schröder] und der grüne | |
| Außenminister Joschka Fischer wollten die USA mit 4.000 Bundeswehrsoldaten | |
| unterstützen. Doch acht Grüne, darunter Christian Ströbele, hielten das für | |
| falsch. Der US-Krieg werde den Terror nicht bekämpfen, sondern noch mehr | |
| Gewalt erzeugen – eine vollkommen zutreffende Einschätzung. Damit fehlte | |
| Rot-Grün eine eigene Mehrheit für die Entsendung der Bundeswehr. Kanzler | |
| Schröder ließ durchblicken, dass die SPD auch mit der FDP regieren könne. | |
| Es kam, wie jetzt im Rentenstreit bei Schwarz-Rot, zum Showdown. | |
| Die grünen Dissidenten wurden, wie die Jung-Unionisten heute, von der | |
| Fraktionsspitze in Einzelgesprächen bearbeitet. Kanzler Schröder legte den | |
| acht Grünen nahe, ihr Mandat zurückzugeben, wenn sie ein Ja nicht mit ihrem | |
| Gewissen vereinbaren könnten. | |
| Keiner der acht wollte das Ende von Rot-Grün. Das ist eine Ähnlichkeit zu | |
| heute: Auch [3][die Junge Gruppe will die Regierung nicht stürzen], der | |
| Kollaps von Schwarz-Rot wäre eher ein Kollateralschaden. Anders ist | |
| allerdings die öffentliche Resonanz. Die 18 Jung-PolitikerInnen werden | |
| medial mit anerkennendem Schulterklopfen bedacht. Die grünen Abweichler | |
| wurden 2001 in vielen Medien als Fundis, unbelehrbare Pazifisten, | |
| verantwortungslose Gesinnungsethiker bezeichnet, die nur den Betrieb | |
| aufhalten. | |
| Die Dissidenten berieten sich 2001 vier Tage lang vor der Abstimmung in | |
| fiebrigen Dauerdebatten. „Außer duschen haben wir in diesen Tagen alles | |
| zusammen gemacht“, so eine der Abweichlerinnen später. In einer Kreuzberger | |
| Pizzeria entstand bei einem Treffen die Idee, dass vier Ja und vier Nein | |
| sagen. Dieses Stimmensplitting sollte ein Protestsignal setzen, ohne die | |
| Regierung zu stürzen. | |
| ## Das Kalkül der Abweichler | |
| In manchen Medien war zu lesen, dass die acht ausgelost haben, wer beim | |
| Nein bleiben durfte. Das stimmte aber nicht. Es war eher ein bösartiges | |
| Gerücht, dass die Gewissensnot der acht in Zweifel ziehen sollte. Eine | |
| Rolle bei dem Kalkül der Abweichler spielte: Wären alle bei ihrem Nein | |
| geblieben, dann wäre Rot-Grün am Ende gewesen. Die Bundeswehr aber wäre mit | |
| Unterstützung der Opposition trotzdem nach Afghanistan entsandt worden. | |
| Neben Ströbele [4][stimmten am 16. November 2001] Annelie Buntenbach, | |
| Christian Simmert und Winfried Hermann mit Nein – Steffi Lemke, Irmingard | |
| Schewe-Gerigk, Sylvia Voß und Monika Knoche schweren Herzens mit Ja. | |
| Rot-Grün war gerettet. Simmert erlitt im Dezember einen Hörsturz und stieg | |
| aus der Politik aus. | |
| Ströbele kommentierte nach der Abstimmung: „Ich bin in der schizophrenen | |
| Situation, dass ich mit Nein gestimmt habe, aber mit der Abstimmung | |
| zufrieden bin.“ Einen ähnlichen Satz wird man am Freitagmittag vielleicht | |
| von [5][Johannes Winkel] hören. | |
| 3 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Mutmasslicher-Terroranschlag-in-den-USA/!6132980 | |
| [2] /Ausschuss-zu-Nord-Stream-2/!6121397 | |
| [3] /Rentenstreit-in-der-Union/!6134885 | |
| [4] /Kanzler-kriegt-Vertrauen/!1140344/ | |
| [5] /Unionsstreit-ueber-Rentenreform/!6133809 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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