| # taz.de -- Rentenstreit in der Bundesregierung: Stunde der Wahrheit für die 1… | |
| > Die Junge Gruppe in der Union lehnt die schwarz-roten Rentenpläne ab. Bei | |
| > der Probeabstimmung heute wird sich zeigen, wie viele Abweichler es gibt. | |
| Bild: Johannes Winkel (l), Vorsitzender der Jungen Union, vor Sitzung des CDU-B… | |
| dpa | Die „Renten-Rebellen“ der Union müssen am Nachmittag bei einer | |
| Probeabstimmung in der Sitzung der Bundesfraktion Farbe bekennen. Mithilfe | |
| dieses Votums will die Fraktionsführung feststellen, mit wie vielen | |
| Abweichlern sie bei einer Entscheidung im Bundestag rechnen muss. Die | |
| schwarz-rote Koalition hat eine Mehrheit von zwölf Stimmen im Parlament. | |
| Zur Jungen Gruppe, die sich seit Monaten gegen [1][das Rentenpaket] stemmt, | |
| zählen 18 Abgeordnete. Das heißt, dass die Koalition von CDU, CSU und SPD | |
| ohne sie keine sichere Mehrheit hat. | |
| ## Das Problem | |
| Die [2][Junge Gruppe lehnt das von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) | |
| geschnürte und von der Bundesregierung beschlossene Rentenpaket ab]. Das | |
| darin angepeilte Rentenniveau – also das Verhältnis der gesetzlichen Rente | |
| eines Standardrentners mit 45 Beitragsjahren zum Durchschnittsverdienst | |
| aller Erwerbstätigen – von 48 Prozent über 2031 hinaus würde ihrer | |
| Überzeugung nach inakzeptable Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe | |
| verursachen. | |
| Die Spitzen von Union und SPD haben sich [3][am Freitag im | |
| Koalitionsausschuss trotzdem darauf festgelegt], den Gesetzentwurf nicht | |
| mehr zu ändern. Allerdings haben sie ein Kompromissangebot vorgelegt: | |
| Danach soll die längst beschlossene Rentenkommission schon dieses Jahr mit | |
| Vorbereitungen für eine große Reform loslegen, bis Mitte 2026 Vorschläge | |
| vorlegen und auch mit Vertretern der jungen Generation besetzt werden – zum | |
| Beispiel aus der Jungen Gruppe der Union. Außerdem soll sie auch Themen | |
| behandeln, die für die SPD bisher ein Tabu waren, zum Beispiel ein späteres | |
| Renteneintrittsalter als 67. | |
| ## Die Ausgangsposition der Jungen | |
| Der Jungen Gruppe reicht das Kompromissangebot nicht aus. Nach drei Tagen | |
| Bedenkzeit veröffentlichte sie am Montag ein Positionspapier, in dem das | |
| Gesetz nach wie vor als „nicht zustimmungsfähig“ bezeichnet wird. Den | |
| Mitgliedern der Gruppe wird aber das Abstimmungsverhalten freigestellt. | |
| „Allen frei gewählten Abgeordneten kommt eine eigene staatspolitische | |
| Verantwortung zu“, heißt es in dem Papier. Diese umfasse die Rücksicht auf | |
| den Koalitionsfrieden, aber auch auf die finanzielle Stabilität des Landes. | |
| „Vor diesem Hintergrund wird jedes Mitglied der Jungen Gruppe die Argumente | |
| abwägen und eine Entscheidung treffen.“ | |
| Im Klartext heißt das: Die Jungen müssen sich nun zwischen ihrer | |
| inhaltlichen Überzeugung und dem Koalitionsfrieden entscheiden. | |
| ## Das Agieren der Führung | |
| Die Freigabe der Abstimmung kommt der Strategie der Führungsriege entgegen. | |
| Vor allem Unionsfraktionschef Jens Spahn nimmt sich seit Tagen die Jungen | |
| nacheinander vor und versucht, sie umzustimmen. Medienberichten zufolge | |
| soll er dabei zumindest durch die Blume mit hinteren, wenig | |
| aussichtsreichen Listenplätzen bei der nächsten Bundestagswahl gedroht | |
| haben. | |
| „So konkret habe ich das nicht“, sagte Spahn am Sonntag in der ARD-Sendung | |
| „Miosga“ dazu. „Ich führe einfach freundliche, klare Gespräche, ich dro… | |
| nicht.“ Es sei aber klar, dass „über Szenarien und Konsequenzen“ gesproc… | |
| werde. | |
| ## Die Mehrheit im Bundestag | |
| Wie viele der Jungen überzeugt werden müssen, lässt sich nicht genau sagen. | |
| Im Bundestag sitzen 630 Abgeordnete, davon gehören 328 der Koalition an – | |
| das sind 12 mehr als die absolute Mehrheit von 316, die auch | |
| Kanzlermehrheit genannt wird, weil sie zum Beispiel bei der Wahl des | |
| Kanzlers oder der Vertrauensfrage erreicht werden muss. | |
| Bei der Abstimmung über einfache Gesetze reicht aber die einfache Mehrheit | |
| der abgegebenen Stimmen aus. Das heißt, die Zahl der notwendigen Stimmen | |
| hängt auch davon ab, wie viele Abgeordnete überhaupt anwesend sind. Wenn | |
| alle da wären, müssten sechs Mitglieder der Jungen Gruppe für den | |
| Gesetzentwurf stimmen, um eine eigene Mehrheit der Koalition von 316 | |
| Stimmen zu sichern – sofern die schwarz-roten Reihen ansonsten geschlossen | |
| bleiben. | |
| ## Die Wackelkandidaten | |
| Philipp Amthor (CDU) ist Parlamentarischer Staatssekretär im | |
| Digitalministerium und Mitgliederbeauftragter im CDU-Vorstand. Von ihm sagt | |
| man schon seit längerem, dass er die Koalition nicht über die Klinge | |
| springen lassen würde. | |
| Aber nicht er, sondern der CDU-Abgeordnete Daniel Kölbl hat sich nun als | |
| Erster öffentlich erklärt. „Ich möchte keine Regierungskrise. Deswegen | |
| werde ich mein Abstimmungsverhalten im Zweifel entgegen meiner inhaltlichen | |
| Überzeugung so ausrichten, dass meine Stimme nicht die entscheidende Stimme | |
| für ein Scheitern des Rentenpakets wäre“, sagte er dem Spiegel. | |
| Neben ihm hat sich bisher nur [4][der Chef der Jungen Union, Johannes | |
| Winkel, festgelegt] – hinter verschlossenen Türen. Er kündigte in der | |
| CDU-Vorstandssitzung am Montag nach Teilnehmerangaben an, dass er mit Nein | |
| stimmen werde. | |
| ## Der Zeitplan | |
| Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will eine Abstimmung im Bundestag am | |
| kommenden Freitag. Selbst wenn in der Probeabstimmung am Dienstag noch | |
| Stimmen fehlen sollten, wären noch drei Tage Zeit, um die Mehrheit zu | |
| sichern. | |
| Theoretisch wäre auch noch eine Verschiebung in die Woche vor Weihnachten | |
| möglich. Das will aber eigentlich niemand in der Koalition und es wäre auch | |
| nur mit einer Verkürzung der vorgeschriebenen Fristen möglich. Am 19. | |
| Dezember soll der Bundesrat nach dem Plan der Koalitionsspitzen zustimmen | |
| und am 1. Januar das Gesetz in Kraft treten. | |
| ## Die Opposition | |
| Sie schaut zu und wundert sich. Für Grüne und AfD ist eine Zustimmung zum | |
| Rentengesetz tabu. Als Stimmenbeschafferin käme also [5][theoretisch nur | |
| die Linke infrage]. Die will nach Angaben von Parteichefin Ines Schwerdtner | |
| erst am Dienstag über ihr Abstimmungsverhalten beraten. Schwerdtner zeigte | |
| sich skeptisch: „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir vor allem das | |
| Rentenniveau absichern wollen und dass wir nichts zustimmen werden, was die | |
| Lebensbedingungen der Rentnerinnen und Rentner verschlimmert. Ich glaube, | |
| der Begleittext verschlimmert das de facto.“ | |
| So oder so wäre ein Gesetzbeschluss ohne eigene Mehrheit ein | |
| Offenbarungseid für die Koalition und vor allem für die Union ein Albtraum. | |
| Die CDU hat eine Zusammenarbeit mit der Linken per Parteitagsbeschluss | |
| ausgeschlossen. | |
| 2 Dec 2025 | |
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