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# taz.de -- Rüstungsindustrie wächst: Olivgrüne Geldlawine
> Weltweit wachsen die Einnahmen von Waffenherstellern. Dahinter stecken
> die Kriege in Gaza und der Ukraine. Auch deutsche Rüstungskonzerne legen
> zu.
Bild: Steiler Anstieg: Messestand des weltgrößten Rüstungsherstellers Lockhe…
Lawinenartig – so beschreibt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut
Sipri den Umsatzanstieg der weltweit 100 größten Rüstungsunternehmen. Im
vergangenen Jahr lagen deren Einnahmen zusammen bei 679 Milliarden Dollar,
ein Zuwachs um 5,9 Prozent im Vergleich zu 2023. Das geht aus am Montag
veröffentlichten Zahlen des Instituts hervor.
Es sei das höchste je von Sipri registrierte Niveau, betonte Sipri-Forscher
Lorenzo Scarazzato. Gründe für die wachsende Nachfrage seien weiterhin die
Kriege in der Ukraine und Gaza, sowie steigende Militärausgaben vieler
Länder angesichts globaler und regionaler Spannungen.
Zum Gesamtanstieg trugen besonders die 26 europäischen Konzerne auf der
Top-100-Liste bei, von denen 23 Zuwächse verzeichneten. Insgesamt stiegen
die Einnahmen in Europa um 13 Prozent auf 151 Milliarden Dollar – die
ebenfalls stark gewachsene russische Rüstungsindustrie nicht mit
eingerechnet.
In den USA, die mit Einnahmen von insgesamt 334 Milliarden Dollar weiterhin
vorn liegen, betrug der Zuwachs derweil „nur“ 3,8 Prozent. Laut Sipri
leiden die Geschäfte mehrerer der größten US-Waffenproduzenten besonders
unter Lieferverzögerungen. Mit [1][Lockheed Martin] an der Spitze rangieren
gleichwohl fünf US-Konzerne unter den Top 6 der Welt. Das erste
[2][russische Unternehmen] findet sich auf Platz 7, das erste chinesische
auf Platz 8.
## Knallende Sektkorken
Den größten prozentualen Zuwachs überhaupt erreichte das tschechische
Unternehmen Czechoslovak Group, das seine Einnahmen nicht zuletzt mit einer
regierungsfinanzierten Munitionsinitiative für die Ukraine um 193 Prozent
(jetzt: 3,6 Milliarden Dollar) steigerte. Auch die staatliche
Verteidigungsindustrie der Ukraine, JSC Ukrainian Defense Industry, wuchs
stark – um 41 Prozent auf 3 Milliarden Dollar. Ein weiterer großer Gewinner
unter den Europäern ist Saab in Schweden (plus 23,9 auf 5,5 Milliarden).
Freuen kann sich zudem die Rüstungsindustrie Großbritanniens. Die sieben
britischen Unternehmen unter den Top 100 erzielten 2024 zusammen einen
Rüstungsumsatz von 52,2 Milliarden US-Dollar, ein Plus von 6,6 Prozent
gegenüber 2023. Mit BAE Systems auf Platz 4 schaffte es dabei erstmals seit
2017 wieder ein Konzern mit Sitz außerhalb der USA in die Spitzengruppe.
Der nach BAE Systems zweitgrößte europäische Konzern ist Leonardo aus
Italien (Platz 12), der seinen Rüstungsumsatz um 10 Prozent auf 13,8
Milliarden US-Dollar steigern konnte. Maßgeblich dazu beigetragen hat ein
im vergangenen Jahr gegründetes Joint Venture mit dem deutschen
Rüstungsunternehmen Rheinmetall zur Entwicklung eines Kampfpanzers und
eines neuen Schützenpanzers für die italienischen Streitkräfte.
Nicht nur angesichts der drastisch erhöhten Rüstungsausgaben wenig
überraschend legten die deutschen Rüstungskonzerne weit
überdurchschnittlich zu. Rheinmetall stiegt in der Sipri-Rangliste von
Platz 26 auf 20, ThyssenKrupp Marine Systems von 63 auf 61, Hensoldt von 70
auf 62 und Diehl von 80 auf 67. Gemeinsam steigerten sie ihre Einnahmen aus
Waffengeschäften um 36 Prozent auf 14,9 Milliarden Dollar.
## Nachhaltig ist das nicht
Mit einem Plus von 53 Prozent auf 2,1 Milliarden US-Dollar machte die
Rüstungssparte von Diehl, die in Überlingen am Bodensee ansässig ist, den
größten Sprung. Der fortdauernde Krieg in der Ukraine trieb die Nachfrage
nach Diehl-Produkten weiter an, unter anderem bei bodengestützten
Luftverteidigungssystemen.
Der um 47 Prozent auf 8,2 Milliarden US-Dollar gesteigerte Rüstungsumsatz
von Rheinmetall resultiert laut dem Sipri-Bericht vor allem auf der
wachsenden Nachfrage nach gepanzerten Fahrzeugen und Munition im
Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg. Rheinmetalls Umsätze aus der Ukraine
selbst verdoppelten sich 2024 auf 1,4 Milliarden US-Dollar, was auf das
Joint Venture mit der JSC Ukrainian Defense Industry zurückzuführen sei.
Scharfe Kritik an den gestiegenen Umsätzen der deutschen Rüstungskonzerne
übte die Linkspartei. Bei diesen „knallen die Sektkorken“, sagte der
Linksfraktionsvorsitzende Sören Pellmann. Bundeswirtschaftsministerin
Katherina Reiche (CDU) spräche zwar von einer „wirtschaftlichen Chance“
angesichts der immer weiter gehenden Militarisierung. Studien zeigten
jedoch, dass ein investierter Euro in die Rüstungsindustrie
gesamtwirtschaftlich maximal 50 Cent zusätzliche Produktion erbringe;
investiere man diesen Euro hingegen in Betreuungsinfrastruktur wie Kitas
oder Schulen, würden daraus 3 Euro.
„Die Wette der Bundesregierung, dass die Aufrüstung Jobs verspricht, geht
nicht auf“, so Pellmann. Vom „Whatever it takes“ des Kanzlers und den
Milliarden-Investitionen in die Rüstung bleibe der Bevölkerung gar nichts –
vermehrt würden lediglich die Gewinne der Rüstungsindustrie und ihrer
Aktionär:innen. Die Linken-Vorsitzende Ines Schwerdtner forderte, „deutlich
die Übergewinne zu besteuern“. Das wäre „das Mindeste“.
1 Dec 2025
## LINKS
[1] /Saudi-Arabiens-Kronprinz-bei-Trump/!6131203
[2] /Aufruestung-in-Russland/!6134160
## AUTOREN
Anne Diekhoff
Pascal Beucker
## TAGS
Rüstungsindustrie
Sipri
Rheinmetall
GNS
Aufrüstung
Osnabrück
Waffen
Verteidigung
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