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# taz.de -- Friedensforschungsinstitut Sipri: Weltweite Rüstungsumsätze errei…
> Zahlreiche Staaten rüsten gerade massiv auf. Das zeigt sich auch in den
> Verkaufszahlen. Besonders deutsche Waffenproduzenten nehmen deutlich mehr
> Geld ein.
Bild: Lackierung von 155 mm-Geschossen beim größten deutschen Waffenherstelle…
dpa | Die Bedrohung durch Russland, die Kriege in der Ukraine und im
Gazastreifen: Angesichts zahlreicher Konflikte hat die internationale
Rüstungsindustrie einen neuen Umsatzrekord verzeichnet. Die 100 größten
Waffenproduzenten der Erde steigerten ihre Einnahmen aus dem Verkauf von
Rüstungsgütern und Militärdienstleistungen im Jahr 2024 um
währungsbereinigte 5,9 Prozent, wie das Stockholmer
Friedensforschungsinstitut Sipri in einem neuen Bericht mitteilte. Sie
erreichten zusammen einen Umsatz von rund 679 Milliarden US-Dollar
(entspricht aktuell rund 586 Milliarden Euro) – der höchste je verzeichnete
Wert.
Angetrieben worden sei die Nachfrage nach Rüstungsgütern durch die Kriege
in der Ukraine und im Gazastreifen, geopolitische Spannungen auf globalem
wie regionalem Niveau sowie immer höhere Militärausgaben, berichten die
Friedensforscher. Viele Produzenten hätten ihre Fertigungslinien ausgebaut,
Anlagen vergrößert, Tochtergesellschaften gegründet oder andere Unternehmen
übernommen.
## Doppelte Einnahmen für eine Elon-Musk-Firma
Absoluter Branchenprimus bleiben die USA: Gleich 39 der 100 weltgrößten
Rüstungsunternehmen haben dort ihren Hauptsitz, darunter der unangefochtene
Spitzenreiter Lockheed Martin sowie RTX und Northrop Grumman auf Rang zwei
und drei der Sipri-Rangliste. Zusammen kommen die 39 US-Konzerne nach einem
Zuwachs um 3,8 Prozent auf Rüstungsumsätze in Höhe von 334 Milliarden
Dollar, also fast die Hälfte der weltweiten Summe.
Erstmals tauchte dabei auch das US-Raumfahrtunternehmen SpaceX (Platz 77)
von Multimilliardär Elon Musk in den Top 100 auf: Die Rüstungseinnahmen des
Unternehmens haben sich laut Sipri innerhalb eines Jahres auf 1,8
Milliarden Dollar mehr als verdoppelt.
Problemlos läuft die Waffenproduktion in den USA allerdings nicht, wie
Sipri anmerkt. Bei der Entwicklung und Produktion zentraler
US-Rüstungsgüter wie dem hochmodernen Kampfjet vom Typ F-35, U-Booten der
Columbia-Klasse und der Interkontinentalrakete Sentinel beobachtet das
unabhängige Institut Verzögerungen und Budgetüberschreitungen. Dies sorge
für Unsicherheiten, wann wichtige neue US-Waffensysteme und Upgrades für
bestehende Systeme geliefert und eingesetzt werden könnten.
## Rheinmetall in den Top 20
Deutlich legten die 26 aufgeführten Rüstungsunternehmen in Europa (ohne
Russland) zu: Ihre gesammelten Umsätze wuchsen um 13 Prozent auf 151
Milliarden Dollar. „Dieser Anstieg war mit der Nachfrage aufgrund des
Krieges in der Ukraine und der wahrgenommenen Bedrohung durch Russland
verbunden“, erläutert das Friedensforschungsinstitut.
Die vier aufgeführten [1][Konzerne aus Deutschland erzielten dabei zusammen
einen Umsatzsprung um satte 36 Prozent] auf nunmehr 14,9 Milliarden Dollar.
Ein wesentlicher Grund dafür war laut Sipri die mit der russischen
Bedrohungslage verbundene Nachfrage nach bodengestützten
Luftabwehrsystemen, Munition und gepanzerten Fahrzeugen.
Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall legte dabei besonders
kräftig um 47 Prozent auf rund 8,2 Milliarden Dollar zu. Damit kletterte
der Konzern in der Auflistung sechs Plätze nach oben und rangiert nun auf
Platz 20. Auch ThyssenKrupp (Rang 61), Hensoldt (62) und Diehl (67)
erzielten allesamt zweistellige Umsatzsprünge, womit sie ebenfalls jeweils
mehrere Plätze nach oben rutschten. Airbus (Platz 13), MBDA (30) und KNDS
(42) werden von Sipri als transeuropäische Konzerne eingestuft.
## So wirken sich die Kriege auf die Rüstungseinnahmen aus
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wirkt sich auch auf die Zahlen
der Rüstungskonzerne in den beiden Ländern aus: Das ukrainische Unternehmen
JSC Ukrainian Defense Industry steigerte seine Rüstungsumsätze demnach um
41 Prozent auf 3 Milliarden Dollar. Die beiden russischen Konzerne Rostec
und United Shipbuilding Corporation kamen gemeinsam auf ein Plus von 23
Prozent auf 31,2 Milliarden Dollar – und das, obwohl internationale
Sanktionen manche Rüstungskomponenten knapp werden ließen. Der eigene
Bedarf des russischen Militärs machte die Verluste durch fallende
Rüstungsexporte laut Sipri mehr als wett.
Und der Gaza-Krieg? Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen trug zum
einen zu gesteigerten Umsätzen der drei israelischen Konzerne in der
Auflistung bei, die zusammen ein Plus von 16 Prozent auf 16,2 Milliarden
Dollar verzeichneten. Zum anderen ließ das globale Interesse an
fortschrittlicher israelischer Militärausrüstung kaum nach – und das trotz
der international gewachsenen Kritik an Israels Vorgehen in Gaza. Vielmehr
hätten mehrere Staaten 2024 neue Bestellungen bei den israelischen
Unternehmen in Auftrag gegeben, stellte Sipri-Expertin Subaida Karim fest.
## Abhängigkeit von kritischen Mineralien
Bei den Aufrüstungsbemühungen in Europa warnt Sipri derweil vor wachsenden
Herausforderungen bei der Beschaffung der für die Rüstungsproduktion
benötigten Materialien. Besonders die [2][Abhängigkeit von kritischen
Mineralien] dürfte die europäischen Aufrüstungspläne erschweren, sagte
Sipri-Forscherin Jade Guiberteau Ricard. Bei solchen Mineralien ist Europa
unter anderem stark auf Lieferungen aus China angewiesen, das etwa bei
seltenen Erden quasi eine Monopolstellung innehat.
Die chinesische Rüstungsindustrie ringt nach Angaben der Friedensforscher
selbst mit ganz anderen Problemen. „Eine Reihe von Korruptionsvorwürfen bei
der chinesischen Waffenbeschaffung haben dazu geführt, dass große
Rüstungsaufträge 2024 aufgeschoben oder storniert wurden“, berichtete
Sipri-Experte Nan Tian.
Eine Folge davon ist, dass die chinesischen Rüstungsumsätze um 10 Prozent
einbrachen. Dadurch gingen sie in der Region Asien und Ozeanien insgesamt –
trotz beträchtlichen Zuwächsen in Japan und Südkorea – um 1,2 Prozent auf
130 Milliarden Dollar zurück. Damit war diese Weltregion die einzige mit
rückläufigen Zahlen.
## Greenpeace: Europa wird zum Aufrüstungs-Hotspot
Greenpeace kommentiert mit Blick auf die Sipri-Zahlen, dass sich die
Rüstungsproduktion immer stärker Richtung Europa verlagert. Während die
Einnahmen der US-Konzerne nur moderat angestiegen und in China sogar
gesunken seien, [3][seien sie auf dem hiesigen Kontinent förmlich
explodiert], sagte Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz der
Deutschen Presse-Agentur. „Europa wird immer mehr zum Hotspot der
weltweiten Aufrüstung.“
Das globale Allzeithoch bei den Rüstungsumsätzen zeige, dass die
internationale Gemeinschaft auf dem falschen Weg immer schneller
voranschreite. „Sicherheit und Frieden entstehen so sicher nicht“, monierte
Lurz.
Die Sipri-Datenbank zu den globalen Rüstungsumsätzen wurde 1989 ins Leben
gerufen. Seit 2015 umfassen die Daten des unabhängigen Instituts auch
Informationen chinesischer Unternehmen. Sipri rechnet dabei jeglichen
Verkauf von schweren Waffen und militärischen Dienstleistungen an
militärische Abnehmer im In- und Ausland ein.
1 Dec 2025
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