| # taz.de -- Aufrüstung in Russland: Moskaus Wirtschaft – untauglich | |
| > Russlands Präsident Putin setzt auf Kriegswirtschaft – und die Umsätze | |
| > von Rüstungsschmieden wachsen. Warum das nach hinten losgehen könnte, | |
| > zeigt das Beispiel Rostec. | |
| Bild: Frisch ausgeliefert: Ein Su-34-Kampfjet, hergestellt durch eine Tochterge… | |
| Der russische Konzern Rostec ist in der Gruppe der zehn weltweit größten | |
| Rüstungsunternehmen der am stärksten wachsende. Mit einem Umsatzplus von | |
| 26,4 Prozent auf 27,1 Milliarden Dollar wuchs der von einem engen | |
| Vertrauten des russischen Machthabers Putin geführte Staatskonzern so stark | |
| wie kein anderes der ansonsten in den USA, China und Großbritannien | |
| beheimateten größten Rüstungsschmieden der Welt. Die Umsätze sind mehr als | |
| dreimal so hoch wie die des [1][deutschen Branchenprimus Rheinmetall]. | |
| Doch an Rostec zeigt sich auch das Dilemma Russlands: Zwar wachsen die | |
| Umsätze, doch Oppositionelle und Anti-Korruptionskämpfer weisen immer | |
| wieder auf Misswirtschaft hin. Zudem wachsen die Umsätze dank des | |
| russischen Kriegs zwar rasant, doch die Konzentration auf die | |
| Kriegswirtschaft Russlands frisst Ressourcen und Zukunft. | |
| Davor warnt inzwischen der Chef der mehr als 400 Firmen umfassenden Holding | |
| selbst: Die Gewinne russischer Firmen würden durch die viel zu hohen Zinsen | |
| aufgefressen, Unternehmen rutschten in die Pleite, warnte Rostec-Chef | |
| Sergej Tschemesow bereits vor einem Jahr vor einem Kollaps der russischen | |
| Industrie. | |
| Um den Einbruch der Landeswährung Rubel und massive Kapitalflucht zu | |
| verhindern, hatte die russische Zentralbank den Leitzins vor gut einem Jahr | |
| auf 21 Prozent angehoben. Inzwischen liegt er immer noch bei 16,5 Prozent, | |
| was Ökonomen trotz zuletzt 7,7 Prozent Inflation als „prohibitiv“, also als | |
| Verhinderung von Investitionen für Unternehmen bezeichnen. | |
| ## Volle Halden vor den Werken | |
| Das angesehene Wiener [2][Institut für Internationale | |
| Wirtschaftsvergleiche] (wiiw) sieht das Riesenreich inzwischen vor einer | |
| „Beinahe-Stagnation“. Der „Hauptgrund für den Wachstumseinbruch ist die … | |
| restriktive Geldpolitik der russischen Zentralbank“, sagt Vasily Astrov, | |
| Russland-Experte des wiiw. Die Zinspolitik habe die Wirtschaft abgewürgt, | |
| weil damit Kredite unerschwinglich würden. Die Industrieproduktion wachse | |
| nur noch marginal und nur noch wegen des Rüstungssektors. | |
| Bestes Beispiel: Wieder einmal Rostec. Zwar liefern Tochterfirmen wie | |
| UralWagonSawod mehr Panzer aus als zuvor,doch die zivile Sparte des | |
| Unternehmens, die Eisenbahnwaggonproduktion, ist in eine tiefe Krise | |
| gerutscht: Bahntransporte sind massiv eingebrochen, weil russische Exporte | |
| drastisch geschrumpft sind. Andere Rostec-Töchter – wie Traditionsautobauer | |
| Lada oder der Lkw-Produzent Kamaz – fahren ebenfalls Verluste ein. | |
| Inzwischen sind die Halden vor den Werken voll mit unverkauften Fahrzeugen. | |
| Diese Abwärtsspirale dreht sich aber weiter: Die hohen Gehälter der | |
| Waffenschmieden haben zu erheblichen Lohnerhöhungen in anderen | |
| Wirtschaftszweigen geführt, die so unprofitabel wurden, vor allem vor dem | |
| Hintergrund wachsender chinesischer Konkurrenz, wie Ökonomen beklagen. | |
| Trotz der laut verkündeten immer größeren Freundschaft mit dem Reich der | |
| Mitte, musste Moskau chinesische Importe radikal begrenzen. | |
| Die Lage ist inzwischen so verheerend, dass russische Rüstungsfirmen | |
| Insolvenzen anmelden mussten und der Kreml russische Banken zu Krediten für | |
| Waffenproduzenten zwingen musste. Dies habe laut dem Harvard-Forscher und | |
| Ex-Investment-Banker Craig Kennedy zu einem „Grundstock aus toxischen | |
| Schulden“ geführt – also zu drohenden Kreditausfällen und somit zur Gefahr | |
| für das russische Bankensystem. Das muss mit erzwungenen Käufen russischer | |
| Staatsanleihen ohnehin schon die rasant steigenden Haushaltsdefizite | |
| finanzieren, wegen des Ausfalls ausländischer Kreditinstitute. | |
| ## Das Volk muss zahlen | |
| Russland war in den vergangenen Jahren durch große Haushaltsüberschüsse | |
| verwöhnt. Nun rutscht das Staatsbudget in ein Minus von 2,5 Prozent des | |
| Bruttoinlandsprodukts. Putins Kriegswirtschaft, in der der Kreml im | |
| laufenden Jahr voraussichtlich etwa 145 Milliarden Dollar ausgibt, ist die | |
| Hauptursache. Der Anteil der Verteidigungsausgaben steigt damit auf 32,5 | |
| Prozent der gesamten Staatsausgaben. | |
| Zugleich sinken sanktionsbedingt die Exporterlöse für Öl und Gas – die | |
| Haupteinnahmequelle des russischen Staats – deutlich. Die Folge: Die | |
| Bevölkerung wird zur Kasse gebeten. Die Mehrwertsteuer steigt am | |
| Neujahrstag von 20 auf 22 Prozent und gerade kleinere Unternehmen müssen | |
| eine drastisch erhöhte Einkommenssteuer zahlen. | |
| Auch in Sachjen Korruption ist Rostec beispielhaft: Leiter der Holding | |
| „Staatskooperation Rostec“ ist Sergej Tschemesow, der bis kurz vor dem | |
| Zerfall der DDR mit Putin in der KGB-Residenz in Dresden diente. Die | |
| 140-Millionen-Euro-Jacht des Putin-Vertrauten wurde nach der russischen | |
| Invasion in der Ukraine 2022 von spanischen Behörden beschlagnahmt. Er und | |
| Familienangehörige stehen wie Rostec seit der Krim-Annektion 2014 auf | |
| westlichen [3][Sanktionslisten]. Der im Gefängnis vergiftete Oppositionelle | |
| [4][Alexej Nawalny hatte seinem Land auf YouTube-Videos] die | |
| millionenteuren Villen Tschemesows gezeigt, die der sich nur von seinem | |
| Gehalt nicht leisten konnte. | |
| Rostec ist so in allen Belangen das Sinnbild für Russlands Niedergang. | |
| Zuletzt musste der Konzern einräumen, dass seine Rüstungsexporte stark | |
| eingebrochen seien. Und ein ranghoher russischer Rüstungsmanager sagte: | |
| Rostecs angeblicher Wunderpanzer Armata sei „untauglich für den Krieg“. Der | |
| Konzern ist so zwar durch die Ausweitung der Staatsaufträge stark | |
| gewachsen, doch weitgehend auf Russland selbst zurückgeworfen. | |
| Wachstumsperspektive: offen. | |
| 1 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Mathias Brüggmann | |
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