| # taz.de -- Kulturkürzungen des Bundes: Alles liegt auf Eis | |
| > Der Bund beendet die Netzwerkförderung der großen Produktionshäuser für | |
| > Darstellende Kunst. International werden sie eine kleinere Rolle spielen | |
| > müssen. | |
| Bild: Eines der betroffenen Produktionshäuser ist das Theater PACT Zollverein … | |
| Deutschland soll ja wieder was werden im internationalen Maßstab. Deshalb | |
| werden Schulden aufgenommen für Infrastruktur- und Rüstungsprojekte, auch | |
| künstliche Intelligenz und Quantencomputing sollen nicht zu kurz kommen. | |
| Für die Kultur scheint das nicht zu gelten. [1][Die Einstellung der | |
| Förderung des Bündnisses internationaler Produktionshäuser durch die | |
| Bundesregierung] ab 2026 dürfte dazu führen, dass die sieben wichtigsten | |
| Produktionsstätten dieser Art in Deutschland international künftig kleinere | |
| Brötchen backen und damit an Relevanz und Renommee verlieren. | |
| Das befürchtet jedenfalls Annemie Vanackere, Intendantin und | |
| Geschäftsführerin des Berliner HAU, einer der sieben Produktionsstätten. | |
| „Wir sind jetzt nicht in unserer Basis und Struktur bedroht. Das ist | |
| weiterhin Sache der Länder und Kommunen“ – die Grundfinanzierung vom HAU | |
| erfolgt durch das Land Berlin, von Kampnagel durch Hamburg, Mousonturm | |
| durch Frankfurt und Hessen, Hellerau durch Dresden und Sachsen und von | |
| tanzhaus nrw, FFT Düsseldorf und PACT Zollverein durch Nordrhein-Westfalen | |
| sowie die jeweiligen kommunalen Haushalte. | |
| „Aber mit dem Geld, das seit mittlerweile zehn Jahren durch die Förderung | |
| des Bündnisses da war, haben wir alle einen großen Schub gehabt und uns als | |
| Akteure in der internationalen Landschaft der Performativen Künste ganz | |
| anders positionieren können. Das ist jetzt am stärksten bedroht“, sagte sie | |
| der taz. | |
| Förderung des Bündnisses seit 2016 | |
| Seit 2016 wird das Bündnis Internationaler Produktionshäuser gefördert, in | |
| der Hochphase bis 2024 mit insgesamt 5 Millionen Euro jährlich für alle | |
| Partner. Große Werkschauen wurden daraus finanziert, zuletzt die [2][des | |
| schwedischen Choreografen Jefta van Dinther] und von [3][machina eX], den | |
| Pionieren des Game Theaters. | |
| Auch gemeinsame Projekte wie die Akademien für Produktion und | |
| Theaterjournalismus sowie ein umfangreiches Outreach-Programm wurden durch | |
| die Netzwerkförderung aufgebaut. „All das liegt nun auf Eis“, sagt | |
| Vanackere. | |
| [4][Gänzlich unerwartet kam das nicht]. Schon Claudia Roth, | |
| Kulturstaatsministerin der Ampelkoalition, hatte für 2025 die Gelder | |
| komplett gestrichen. Nach heftigen Protesten wurden als Übergangsgeld 1,8 | |
| Millionen Euro (anstelle der bislang 5 Millionen) zur Verfügung gestellt. | |
| Als fester Posten im Budget tauchte das aber nicht mehr auf, was es den | |
| Haushältern der jetzigen Regierung dann wohl auch leichter machte, trotz | |
| insgesamt erhöhtem Kulturetat auf diese Position zu verzichten. | |
| Paradoxerweise arbeiteten die ansonsten lustvoll verfeindeten | |
| Regierungskoalitionen aus SPD, Grünen und FDP sowie der aktuellen Großen | |
| Koalition bei der Abwicklung des Bündnisses Internationaler | |
| Produktionshäuser also Hand in Hand. | |
| „Damit endet ein erfolgreiches, bestens evaluiertes Modell der | |
| Bund-Land-Kommunen-Kooperation in der Förderung bundesrelevanter Orte der | |
| deutschen und internationalen Freien Darstellenden Künste“, konstatierten | |
| die Bündnispartner enttäuscht in einer gemeinsamen Presseerklärung. | |
| Gravierendste Folgen bei Hellerau | |
| Die Folgen für die einzelnen Häuser sind unterschiedlich. Am stärksten in | |
| der Substanz bedroht ist sicher das Europäische Zentrum der Künste | |
| Hellerau. Dort waren die Kürzungen durch das Land bereits sehr schmerzhaft. | |
| [5][Kampnagel Hamburg] kam komplett ohne Kürzungen auf Landesebene durch | |
| und steht am ungefährdetsten da. | |
| Das Berliner HAU, aber auch Einrichtungen, Veranstaltungen und | |
| Künstler*innen in NRW mussten bereits Kürzungen durch ihre Bundesländer | |
| hinnehmen, 3 Prozent im Falle Berlins. Die Kürzungen durch den Bund sind | |
| deshalb besonders schmerzhaft. Hinzu kommt, dass das Vertrauen einzelner | |
| Politiker*innen auf Landes- und kommunaler Ebene in die Bundespolitik | |
| erschüttert ist. | |
| „Wir als Kommune werden alles dafür tun, den Schaden zu begrenzen. | |
| Glücklich, das kann ich offen sagen, sind wir mit den aktuellen | |
| Entscheidungen aus Berlin nicht“, meldete sich etwa die Frankfurter | |
| Kulturdezernentin Ina Hartwig mit Bezug auf den Mousonturm zu Wort. | |
| Ob die eingestellte Förderung zur Nichtverlängerung von Verträgen einzelner | |
| Mitarbeitender führen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Die härtesten | |
| Einschnitte werden im Outreach- und Vermittlungsbereich erwartet. Für das | |
| HAU immerhin schloss Vanackere derartige personelle Konsequenzen gegenüber | |
| der taz aus. | |
| 25 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tom Mustroph | |
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