| # taz.de -- Illegale Rüstungsexporte nach Sudan: Wie Waffen aus Europa nach Da… | |
| > Woher kommen die Waffen, mit denen die RSF-Miliz in Darfur Massaker | |
| > begeht? Die Spur führt über Libyens Wüste in die Vereinigten Arabischen | |
| > Emirate. | |
| Bild: Ein Frau, die aus El Fasher fliehen musste, mit ihrem Kind im Flüchtling… | |
| Die Düsentriebwerke, die auf der Landebahn aufheulen, sind von Weitem zu | |
| hören. Seit im Nachbarland Sudan der Krieg begann, landen im libyschen | |
| Kufra fast jede Nacht Transportmaschinen. Sie werden entladen und heben | |
| dann wieder ab. „Alleine in den letzten drei Monaten habe ich 300 Maschinen | |
| gezählt“, berichtet Journalist Mohamed Senussi aus Kufra, der über jedes | |
| Flugzeug Buch führt, der taz. „Einige kommen mit Kennnummern der | |
| Vereinigten Arabischen Emirate aus Abu Dhabi.“ | |
| Die Oasen von Kufra liegen im Südosten Libyens mitten in der Sahara-Wüste. | |
| Eine öde Landschaft – und eine traditionelle Schmuggelroute für Gold, | |
| Migranten und Waffen. Die Landebahn steht unter Kontrolle der Libyschen | |
| Nationalarmee (LNA) von General Khalifa Haftar, des international nicht | |
| anerkannten Herrschers über Libyens Osten. Der Flughafen wird seit vier | |
| Jahren stetig ausgebaut, bis zu dreimal täglich setzen dort schwere | |
| Transportmaschinen russischer Bauart auf. | |
| Von seinen Kontakten in Kufra weiß Mohamed Senussi, dessen Name hier aus | |
| Sicherheitsgründen geändert wurde, dass aus dem Bauch dieser Maschinen oft | |
| Fahrzeuge ausgeladen und 240 Kilometer weiter nach Sudan gebracht werden. | |
| Über Kufra und andere Schmuggelrouten erhielten die dort gegen die | |
| sudanesische Armee kämpfenden Rapid Support Forces (RSF) jüngst neue | |
| Rüstungsgüter: gepanzerte Truppenfahrzeuge, sogar Kampfdrohnen – sie stehen | |
| für eine ganz neue Dimension eines Krieges in Afrika. | |
| Seit mehr als zwei Jahren herrscht der grausame Krieg in Sudan. Die RSF, | |
| eine paramilitärische Miliz, trat im April 2023 in den Aufstand gegen | |
| Sudans Militärregime und kämpft seitdem gegen die Armee um die Macht. | |
| El Fasher, die größte Stadt in Darfur im Westen Sudans, hat in diesem | |
| Zusammenhang jüngst traurige Berühmtheit erlangt. Ende Oktober stürmte die | |
| RSF nach anderthalb Jahren Belagerung die Stadt. [1][Von den rund 250.000 | |
| Menschen, die zuletzt in El Fasher lebten, konnten sich laut Hilfswerken | |
| nur rund 10.000 in die nächsten Vertriebenenlager retten]. Der Verbleib der | |
| übrigen 240.000 ist unbekannt. [2][Satellitenaufnahmen lassen darauf | |
| schließen, dass Leichenberge aufgehäuft und verbrannt wurden]. | |
| Das Massaker der RSF in El Fasher schockierte nicht nur wegen der | |
| Grausamkeit, mit der die Miliz einen Massenmord beging. Videos im | |
| RSF-eigenen Telegram-Kanal zeigten jüngst immer häufiger moderne | |
| Waffensysteme – darunter solche mit Komponenten aus Europa und aus | |
| Deutschland. Sudans Botschafter bei der EU, Abdelbagi Kabeir, sagte dazu in | |
| Brüssel Ende November: „Europäische Waffen befeuern Kriegsverbrechen.“ | |
| Im März 2024 kämpfte die RSF noch in Sudans Hauptstadt Khartum gegen die | |
| sudanesische Armee, die dort mit Hilfe von Waffennachschub aus Ägypten, der | |
| Türkei und Russland schließlich siegte. Doch auch die RSF hatte | |
| offensichtlich Nachschub erhalten. In einem Telegram-Video vom März 2024 | |
| präsentiert ein RSF-Kämpfer stolz einen gepanzerten Truppentransporter. Mit | |
| seiner Handy-Kamera führt der Kämpfer die Innenausstattung seines Fahrzeugs | |
| vor. Auf einer silbernen Plakette steht „Nimr“ in lateinischen und | |
| arabischen Buchstaben. Die Nimr-Radpanzer werden von der staatlichen | |
| Edge-Gruppe in Abu Dhabi hergestellt, der Hauptstadt der Vereinigten | |
| Arabischen Emirate. Edge wirbt für die eigenen Produkte mit seiner | |
| „Weltklasse-Expertise im Bereich militärischer Radfahrzeuge, die den sich | |
| wandelnden Missionsanforderungen unserer Kunden gerecht werden“. | |
| In den Vereinigten Arabischen Emiraten werden auch europäische Bauteile in | |
| den Radpanzer von Edge montiert. Die britische Tageszeitung [3][Guardian] | |
| verweist etwa auf eine Plakette auf dem Motor: „Made in Great Britain by | |
| Cummins Inc“ steht dort, Baujahr 2016. Cummins ist ein Hersteller von | |
| Diesel- und Gasmotoren mit Sitz im US-Bundesstaat Indiana und hat ein | |
| britisches Tochterunternehmen. Das Galix-Verteidigungssystem auf dem Dach | |
| des Radpanzers wiederum wird von der französischen Firma Lacroix Défense | |
| hergestellt, es feuert Rauch und Geschosse. Lacroix wirbt damit, dass es | |
| „nicht nur der Selbstverteidigung“ diene, „sondern auch der aktiven | |
| Neutralisierung feindlicher Personen“. Im RSF-Video schwenkt der Kämpfer | |
| auch auf die Klimaanlage – für Sudans Wüste ein echter Luxus: „Webasto“ | |
| steht unter der Temperaturanzeige. Die Firma aus Oberbayern hat | |
| Tochterunternehmen in der Türkei, wo diese Klimaanlagen hergestellt und an | |
| die Emirate geliefert werden. | |
| ## Waffenteile kommen aus Europa | |
| Edge, Cummins und Lacroix antworten auf taz-Anfragen nicht. Ein | |
| Webasto-Sprecher erklärt, dass „unsere vertraglichen Vereinbarungen mit | |
| Kunden klare Regelungen zur Einhaltung internationaler | |
| Handelskontrollvorschriften beinhalten“. Er betont: „Insbesondere schließen | |
| wir Lieferverträge unter der Bedingung ab, dass geltende Waffenembargos der | |
| Vereinten Nationen, der Europäischen Union sowie des jeweiligen | |
| Exportlandes strikt eingehalten werden.“ | |
| Amnesty International zufolge wurden Nimr-Transporter bereits 2019 bei der | |
| RSF in Sudan gesichtet. Damals war die Miliz noch ein anerkannter Teil von | |
| Sudans Streitkräften – unter anderem für die Überwachung der Grenzen | |
| zuständig. Die RSF brauchte solche Fahrzeuge, um ihre Truppen in der Wüste | |
| zu transportieren. Als sie 2023 in den Aufstand trat, das geht aus | |
| Amnesty-Auswertungen hervor, setzte sie den Nimr in Darfur ein – dabei sind | |
| Waffenlieferungen in die Region illegal. | |
| Für Libyen gilt seit 2011 ein UN-Waffenembargo der Vereinten Nationen, nur | |
| die international anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis darf mit | |
| Genehmigung Rüstung importieren. Für Sudans Bürgerkriegsregion Darfur, die | |
| an Libyen grenzt, gilt bereits seit 2004 ein UN-Embargo, es dürfen auch | |
| keine legal an Sudan verkauften Rüstungsgüter in Darfur zum Einsatz kommen. | |
| Doch seit Kriegsausbruch in Sudan 2023 kommen die zuständigen UN-Ermittler | |
| nicht mehr hin. Mike Lewis überwachte von 2010 bis 2011 als | |
| UN-Luftfahrtexperte mögliche Waffenlieferungen nach Darfur. Die langen | |
| Grenzen in der Wüste seien ohnehin „extrem schwer zu kontrollieren“, sagt | |
| Lewis. Vor dem Krieg hätten die UN-Ermittler wie er „sehr viel Zeit an | |
| Flughäfen an verschiedenen Orten verbracht, um uns selbst ein Bild davon zu | |
| machen, was physisch in ein Flugzeug ein- und ausgeladen wurde“. Jetzt | |
| nicht mehr. | |
| Lewis sagt, dass das Problem mit den Lieferungen aus den Emiraten nicht neu | |
| sei. „Die verschiedenen UN-Expertengremien für Somalia, Libyen und Jemen | |
| berichten seit über einem Jahrzehnt, dass an die VAE gelieferte Waffen und | |
| besonders diese Nimr-Radpanzer unter Beteiligung hochrangiger emiratischer | |
| Beamter in all diese Länder umgeleitet wurden.“ Die Unterzeichnerstaaten | |
| des globalen Arms Trade Treaty (ATT), des internationalen Regelwerks für | |
| konventionelle Rüstungsexporte, seien in der „Pflicht“, Lieferungen | |
| einzustellen, „bis sie sicher sein können, dass sie nicht weiter umgeleitet | |
| werden“. | |
| Alle Staaten in Europa außer Russland und Belarus sind ATT-Vertragsstaaten, | |
| auch Libyen und die Emirate. Doch europäische Regierungen exportieren | |
| weiterhin in die Emirate. Das deutet für den Ex-UN-Ermittler Lewis darauf | |
| hin, dass die Europäer diese Berichte über das Umleiten von Waffen | |
| „entweder nicht zur Kenntnis genommen haben – was schwer vorstellbar ist, | |
| da sie zu den ersten Dingen gehören, die ein Beamter der | |
| Rüstungsexportkontrolle überprüfen würde – oder dass sie diese schlichtweg | |
| ignorieren“. | |
| Die Emirate sind ein mächtiger Player in Afrika, mit rund 60 Milliarden | |
| US-Dollar Handelsvolumen jährlich und Großinvestitionen in Häfen, Minen, | |
| Energie und Landwirtschaft. Ein Teil ihrer Exporte sind Waffensysteme, die | |
| sich arme Länder eigentlich nicht leisten können. Als die marode Armee der | |
| Demokratischen Republik Kongo 2023 aus den Emiraten Militärfahrzeuge, | |
| Waffen und Hubschrauber zum Kampf gegen Rebellen spendiert bekam, erhielten | |
| VAE-Firmen im Gegenzug Minenkonzessionen im Wert von fast zwei Milliarden | |
| Dollar, unter anderem für Gold. | |
| Umgekehrt ist Sudans RSF-Miliz schon lange in Dubai in den Emiraten | |
| präsent, gründete offenbar schon vor dem Krieg ein Netz an Firmen, darunter | |
| Logistikunternehmen und Goldhandelsfirmen: „In Dubai wurde ein ehemaliger | |
| hochrangiger Beamter der Zentralbank Sudans zum Finanzberater der RSF | |
| ernannt und half der Organisation bei der Verwaltung dieses komplexen | |
| Geflechts von Strohfirmen und anderen Organisationen“, heißt es in einem | |
| UN-Bericht vom Januar 2024. Über die Al Khaleej Bank in Dubai, die wegen | |
| ihrer Kontakte zur RSF mittlerweile auf den EU- und US-Sanktionslisten | |
| steht, würden die Zahlungen abgewickelt, heißt es im Bericht weiter: | |
| „Vertrauliche Quellen übermittelten den UN-Experten Dokumente, aus denen | |
| hervorgeht, dass im März 2023, wenige Wochen vor Kriegsbeginn, eine | |
| Überweisung in Höhe von 50 Millionen US-Dollar von Sudans Zentralbank an | |
| die Al Khaleej Bank erfolgte.“ Das Geld, mit dem die RSF Waffen einkaufen | |
| kann, liegt also womöglich längst auf Konten in Dubai. | |
| Ab 2024 sind auf RSF-Videos neuere Waffen zu sehen, etwa Kampfdrohnen und | |
| Haubitzen aus China, die offiziell an die VAE geliefert worden waren. In | |
| einem Video von April 2024 sieht man hochmoderne Sturmgewehre der | |
| serbischen Firma Zastava mit Sitz in Belgrad, die diese in Partnerschaft | |
| mit der emiratischen Firma ASG-Trading herstellt. Auf taz-Anfrage antwortet | |
| Zastava nicht. Die Firma hat laut Amnesty solche Sturmgewehre an Burkina | |
| Faso verkauft. Auch Endnutzerzertifikate aus Malawi und der DR Kongo für | |
| serbische Waffen könnten Lieferungen nach Sudan verschleiern, so eine | |
| Recherche des Pariser Fachblatts Africa Intelligence. Experte Lewis, der | |
| einst als UN-Ermittler Endnutzerzertifikate geprüft hat, sagt, dass „viele | |
| Regierungen an der Umleitung von Waffenlieferungen mitschuldig sind, indem | |
| sie echte, aber inhaltlich falsche und nutzlose Zertifikate ausstellen.“ | |
| ## Die Maschinen starten meist in Abu Dhabi | |
| Ruben de Koning, der RSF-Schmuggelrouten über die Nachbarländer für die | |
| „Globale Initiative gegen grenzüberschreitende organisierte Verbrechen“ | |
| recherchiert, weist darauf hin: Es sei schwer, nachzuweisen, „ob die Waffen | |
| von einer legitimen Lieferung abgezweigt wurden oder ob sie direkt nach | |
| Darfur eingeführt wurden.“ Dies macht es laut de Koning schwer | |
| herauszufinden, ob die Lieferungen aus den VAE an die RSF offizielle | |
| Regierungspolitik der Emirate darstellen, oder ob es nicht informelle | |
| „Schlupflöcher“ gebe. | |
| Gegen die Vorwürfe wehrt sich die Regierung der VAE. Deren Botschaft in | |
| Berlin verfasste gegenüber der taz lange Stellungnahmen, die nicht zitiert | |
| werden dürfen. Mitte November erklärte das VAE-Außenministerium, es habe | |
| eine interne Untersuchung durchgeführt, und bekräftigt, dass „jegliche | |
| Versuche des Missbrauchs unseres Territoriums, unserer Häfen oder unseres | |
| Luftraums für illegale Aktivitäten“ verhindert würden. „Dies schließt a… | |
| Versuche des Waffenschmuggels an die Kriegsparteien im sudanesischen | |
| Bürgerkrieg oder in andere Konfliktgebiete ein.“ | |
| Mike Lewis reicht das nicht: „Wenn die emiratische Regierung behauptet, | |
| dass diese Gegenstände ohne ihre Genehmigung heimlich aus den VAE | |
| geschmuggelt werden, muss sie erklären, warum sie ihre Grenzen nicht | |
| kontrolliert“, sagt er. „Warum können sie Flugzeuge nicht vor dem Abflug | |
| auf Waffen überprüfen, wie es in allen anderen Ländern der Welt üblich | |
| ist?“ | |
| Die Flugrouten ändern sich stetig. „Es ist ein ständiges | |
| Katz-und-Maus-Spiel“, sagt de Koning. Die Lieferwege würden stetig neu | |
| angepasst, um „das Risiko des Abfangens zu minimieren.“ Nicht immer mit | |
| Erfolg: Im vergangenen Jahr gelangten über 120 Toyota-Jeeps über den | |
| Atlantikhafen Douala in Kamerun nach Tschad mit dem Ziel Sudan. Sie wurden | |
| vom Interpol-Büro in Tschad konfisziert und parken nun dort im Hinterhof. | |
| Daraufhin wurden die Flugrouten eine Zeit lang über Kenia, Uganda und | |
| Ruanda umgeleitet, sagt de Koning. In Libyen mit seinem zerfallenen Staat | |
| ist das Risiko des Abfangens deutlich kleiner. | |
| Im Internet kann man die Flugrouten nachvollziehen. Die Maschinen starten | |
| meist in Abu Dhabi, Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Von dort | |
| geht es an den äußersten Zipfel am Horn von Afrika: Bosaso in der von | |
| Somalia abtrünnigen Region Puntland. Am dortigen Flughafen, der von den VAE | |
| gebaut wurde, gibt es ein Warenlager, ein Munitionsdepot, einen Hangar, ein | |
| Feldlazarett. Von Bosaso geht es weiter nach Kufra in Libyen. Der Rückweg | |
| folgt derselben Route. | |
| Gegenüber UN-Ermittlern hat die Regierung der Emirate im vergangenen Jahr | |
| erklärt, die Maschinen würden keine Waffen bringen, sondern Hilfsgüter; | |
| keine Militärfahrzeuge, sondern Krankenwagen, Schulranzen sowie Computer | |
| und Nähmaschinen. Neben einem Feldlazarett für Kriegsversehrte seien | |
| Schulen renoviert, Brunnen gebohrt und eine Moschee erneuert worden. | |
| Die Kontaktpersonen, mit denen der libysche Journalist Senussi in Kufra in | |
| einem Café sitzt, können darüber nur schmunzeln. Sie berichten, dass | |
| Offiziere der Libyschen Nationalarmee von General Haftar, einem Verbündeten | |
| der VAE, sie angeheuert haben. Aus den Flugzeugen würden sie Toyota-Jeeps | |
| und Lastwagen holen. Auf deren Ladeflächen: Raketen. Die Fahrzeuge würden | |
| sie nach Sudan fahren und an RSF-Offiziere übergeben. Kufra sei eine | |
| „Logistikbasis“ der RSF geworden. Neben Geländewagen auch für Ersatzteile, | |
| Medikamente, Lebensmittel, sogar Kühe. Seit Kriegsbeginn im Sudan boomt | |
| dort der Handel. | |
| „Wir sind einmal bis an den Belagerungsring von El Fasher gefahren“, | |
| berichtet ein libyscher Student aus Kufra der taz am Telefon. Er habe für | |
| die LNA mehr als 20 Fahrten unternommen: „Meist in die nächste Garnison der | |
| RSF, 200 Kilometer innerhalb Darfurs.“ | |
| Inzwischen werden Rüstungsgüter, die in Kufra landen, nicht mehr nur per | |
| Lastwagen zur RSF nach Darfur gebracht, berichten lokale Quellen, sondern | |
| auch in Kleinflugzeugen. „Am Morgen nach den nächtlichen Landungen starten | |
| kleinere Maschinen in Richtung Darfur“, bestätigt Journalist Senussi. Die | |
| Landebahnen der verlassenen Basen der einstigen UN-Darfur-Mission Unamid, | |
| die mittlerweile unter RSF-Kontrolle stehen, seien dafür geeignet, sagt der | |
| ehemalige UN-Ermittler Lewis. Im September 2024 eröffnete die RSF außerdem | |
| feierlich die Landebahn auf dem Flughafen von Nyala im Süden Darfurs neu – | |
| traditionell ein Umschlagplatz für Gold und andere Rohstoffe. Am Flughafen | |
| hat die RSF ihr Hauptquartier eingerichtet, die Landebahn ist für schwere | |
| Transportmaschinen geeignet – Satellitenaufnahmen lassen darauf schließen, | |
| dass die RSF in Nyala auch Kampfdrohnen geparkt hat, die aus China an die | |
| Emirate geliefert wurden. | |
| ## Deutschland liefert großzügig | |
| Als die deutsche Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) Mitte | |
| November nach Abu Dhabi flog, kurz nach den RSF-Massakern in El Fasher, | |
| wäre es ein guter Moment gewesen, das Thema Sudan anzusprechen. Die | |
| schwerreichen Emirate sind Deutschlands wichtigster Handelspartner in der | |
| Region, noch vor Saudi-Arabien. Stattdessen sagte die Ministerin: „Mit | |
| dieser Reise vertiefen wir unsere Zusammenarbeit und erschließen neue | |
| Chancen. In einer Welt zunehmender geopolitischer Spannungen muss | |
| Deutschland seine strategischen Partnerschaften aktiv gestalten.“ | |
| Die aktive Gestaltung übernimmt etwa der deutsch-französische | |
| Flugzeughersteller Airbus. Er strebt mit den VAE ein Milliardengeschäft | |
| über den Militärtransporter A400M an. Die Maschine soll zukünftig auch in | |
| den Emiraten gebaut werden. Mitte November präsentierte Airbus den | |
| Transporter mit großem Pomp auf einer Messe in Dubai. Die Werbeoffensive, | |
| die einen Flug mit offener Laderampe über den Golf umfasste, dürfte sich | |
| gelohnt haben. Airbus einigte sich am Rande der Messe mit der Mubadala | |
| Invest Company aus Abu Dhabi auf einen industriellen Rahmenvertrag. | |
| Dies sei ein „bedeutender Schritt, um den Luft- und Raumfahrtsektor der VAE | |
| zu stärken“, teilte Airbus auf taz-Anfrage mit. „Die Vereinbarung schafft | |
| einen Rahmen für die Zusammenarbeit bei der Herstellung, Montage und | |
| Wartung des Militärtransportflugzeugs Airbus A400M.“ Airbus wirbt damit, | |
| dass die A400M besonders gut für den Transport schwerer gepanzerter | |
| Fahrzeuge geeignet sei. Zudem könne das Flugzeug mit seinen | |
| Propellerturbinen auch gut auf kurzen und unbefestigten Landebahnen landen. | |
| Für Rüstungsforscher Max Mutschler vom Bonner Konfliktforschungsinstitut | |
| BICC ist klar: „Der A400M eignet sich hervorragend, um Fahrzeuge wie den | |
| Nimr zu transportieren.“ Zudem könnten die VAE mit dem Transportflugzeug | |
| ihre Exportpolitik noch aktiver gestalten. „Je selbstständiger die Emirate | |
| über ihre eigene Produktion entscheiden, desto mehr könnte zukünftig nach | |
| Sudan, Jemen und anderswohin gelangen“, sagt Mutschler. | |
| Noch steht die finale Vereinbarung zwischen Airbus und den Emiraten aus. | |
| Zur Frage nach einer möglichen Sudan-Verwendung des A400M gibt sich das | |
| Unternehmen zugeknöpft. „Airbus hält sich vollständig an die nationalen und | |
| europäischen Vorschriften für den Export von Rüstungsgütern.“ | |
| Das in Deutschland für Liefergenehmigungen von Rüstungsgütern zuständige | |
| Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) antwortet nicht auf | |
| die Frage, ob es dort Befürchtungen gebe, dass deutsche Waffen im Sudan zum | |
| Einsatz kommen. Ausfuhrgenehmigungen für Waffen würden nur erteilt, „wenn | |
| der Endverbleib dieser Güter im Empfängerland per Endverbleibserklärung“ | |
| sichergestellt sei, heißt es ganz allgemein auf taz-Anfrage. In den | |
| Emiraten prüfte die deutsche Seite nur ein einziges Mal den Endverbleib der | |
| Waffen – im Jahr 2017. | |
| Dabei zeigt sich [4][Deutschland durchaus großzügig mit Waffenlieferungen | |
| an die Emirate.] Seit 2023 beliefen sich die deutschen Rüstungsexporte an | |
| die VAE auf mehr als 244 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Jahreswert der | |
| deutschen Waffenexporte nach Frankreich im Jahr 2023 lag bei etwa 293 | |
| Millionen Euro. | |
| Trotz der Kritik an den VAE hält die Unionsfraktion im Bundestag an den | |
| Lieferungen an das Land fest. „Generelle Exportstopps sind selten die | |
| richtige Lösung“, erklärte ihr außenpolitischer Sprecher, Jürgen Hardt, | |
| gegenüber der taz. Der Bundessicherheitsrat entscheide im Einzelfall, und | |
| das sei die richtige Vorgehensweise. „Die desaströse Bilanz der | |
| emiratischen Sudanpolitik wird dabei berücksichtigt werden.“ Der | |
| außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Adis Ahmetović, äußerte sich auf | |
| wiederholte taz-Anfrage nicht zu der Frage. | |
| Vertreter*innen des Auswärtigen Amts hätten wiederholt „alle | |
| Unterstützer der Kriegsparteien gedrängt, die Lieferung von Waffen nach | |
| Sudan einzustellen“, heißt es von dort gegenüber der taz. Die | |
| Waffenlieferanten beider Seiten „tragen Verantwortung dafür, das Leid der | |
| Menschen in Sudan zu beenden“. | |
| Unterdessen sucht Ägypten, wichtigster Verbündeter von Sudans Armee gegen | |
| die RSF, nach anderen Möglichkeiten. Ende November bombardierten ägyptische | |
| Kampfflugzeuge in Libyen einen Konvoi auf dem Weg von Kufra Richtung Sudan. | |
| Tankwagen und Munitionstransporte sollen explodiert sein, zahlreiche Tote | |
| und Verletzte später ins Krankenhaus von Kufra eingeliefert worden, | |
| berichten lokale Quellen. „Wir stehen jetzt wohl nicht mehr am Rande“, sagt | |
| Journalist Senussi aus Kufra zur taz: „Wir sind jetzt mitten im Krieg.“ | |
| 7 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Augenzeugen-berichten-aus-Darfur/!6121520 | |
| [2] /Krieg-im-Sudan/!6125943 | |
| [3] https://www.theguardian.com/global-development/2025/oct/28/uk-military-equi… | |
| [4] /Ruestungsexporte-in-die-Emirate/!6132286 | |
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