| # taz.de -- Augenzeugen berichten aus Darfur: „Sie zeigten keine Gnade“ | |
| > Vor den Massakern der RSF-Miliz der Stadt El Fasher in Sudan suchen | |
| > Menschen Zuflucht in der Stadt Tawila. Die taz sammelte Berichte von | |
| > Überlebenden. | |
| Bild: „Wir wurden 15-mal angehalten“: Saida Ahmed Hussain aus El Fasher sch… | |
| Die Massaker reichten bis in die Krankenhäuser. „Wir konnten kein | |
| medizinisches Personal in den Kliniken von El Fasher erreichen. Die | |
| RSF-Kämpfer drangen in die Einrichtungen ein und erschossen die Patienten“, | |
| berichtet der Sprecher des Widerstandskomitees von El Fasher der taz. Die | |
| „Resistance Committees“ sind die Basisstrukturen von Sudans | |
| Demokratiebewegung. | |
| „Im El Saudi Krankenhaus, im Universitätskrankenhaus und sogar in den | |
| medizinischen Einheiten, die wir eingerichtet hatten, um die Krankenhäuser | |
| zu entlasten, [1][töteten die RSF alle, von denen wir wussten, dass sie | |
| sich dort befanden]“, so der Sprecher weiter. „Wir wissen nicht, wer tot | |
| ist, wir können nur die Überlebenden zählen, die es geschafft haben, zu uns | |
| zu kommen. Einige Mitarbeiter sind vielleicht geflohen, aber wir haben | |
| keine Möglichkeit, sie zu kontaktieren.“ | |
| Die Milizen der Rapid Support Forces (RSF) [2][nahmen am 26. und 27. | |
| Oktober El Fasher ein], die letzte Hochburg der sudanesischen | |
| Regierungsarmee in Darfur. Hervorgegangen aus den Janjaweed-Milizen, die | |
| einst Darfur terrorisierten, hat sich die RSF zu einer mächtigen | |
| paramilitärischen Gruppe mit großem politischen und wirtschaftlichen | |
| Einfluss entwickelt. Unter der Führung von Mohamed Hamdan Daglo, bekannt | |
| als Hametti, kämpft sie seit April 2023 gegen Sudans Militärregierung. Der | |
| brutale Krieg hat Millionen Menschen vertrieben und das Land an den Rand | |
| des Zusammenbruchs gebracht. | |
| Über 460 Patienten soll die RSF allein im El Saudi Krankenhaus getötet | |
| haben, seit sie El Fasher eingenommen hat. [3][Und das ist nur einer von | |
| vielen Gewaltakten gegen Zivilisten.] Familien, denen die Flucht gelungen | |
| ist, berichten von Morden, körperlicher und sexueller Gewalt und Angriffen | |
| aufgrund ethnischer Zugehörigkeit. Viele Zivilisten sind weiterhin in der | |
| Stadt gefangen. | |
| ## Die RSF nutzte Hunger als Waffe | |
| El Fasher, die Hauptstadt der Provinz Nord-Darfur, beherbergte einst etwa | |
| ein Viertel der sechs Millionen Einwohner Darfurs. Die ganze Welt war | |
| Zeuge, wie die Stadt mehr als anderthalb Jahre lang von der RSF belagert | |
| wurde. Der Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten war | |
| blockiert, Kliniken wurden zerstört. Die RSF nutzte Hunger als Waffe und | |
| ließ die Zivilbevölkerung leiden, um Druck auf die Armee und andere Gruppen | |
| auszuüben. | |
| Seit ihrem Einmarsch in El Fasher haben die RSF ihre eigenen Gräueltaten | |
| dokumentiert, darunter öffentliche Hinrichtungen, Massenmorde und | |
| Misshandlung. Die Angriffe zwangen Tausende zur Flucht, auf der Suche nach | |
| einem ungewissen Schicksal. Die meisten fanden ihren Weg nach Tawila, eine | |
| ehemalige Kleinstadt südwestlich von El Fasher, die inzwischen 800.000 | |
| Menschen beherbergen soll. | |
| „Als sie zu unserem Haus kamen, sprang ich mit meinen beiden Kindern über | |
| die Mauer“, berichtet Saida Ahmed Hussain, die Tawila erreicht hat, über | |
| den Einmarsch der RSF in El Fasher. „Ich war barfuß und meine Kinder waren | |
| kaum bekleidet. Wir beschlossen, nach Tawila zu fliehen. Die Reise war die | |
| schwerste, die ich je erlebt habe. Nachts froren wir. Ich versuchte, meine | |
| Kinder mit meinem Schal warm zu halten, aber das reichte nicht aus. Wir | |
| wurden fünfzehn Mal angehalten. Jedes Mal durchsuchten sie uns und hielten | |
| uns mindestens drei Stunden lang fest. Sie zeigten keine Gnade, weder | |
| gegenüber den Kindern noch gegenüber den Älteren. Wir sind erschöpft und | |
| meine Kinder sind völlig fertig. Aber was konnten wir tun? Gott sei Dank | |
| haben wir es geschafft, einen sicheren Ort zu erreichen. Viele andere sind | |
| auf dem Weg gestorben.“ | |
| Im Lager Tawila haben die Verantwortlichen Mühe, die Neuankömmlinge zu | |
| versorgen. Überlebende in Tawila berichten der taz per Telefon, dass sie | |
| sich von Tierfutter ernährt hätten, da es nichts anderes zu essen gab. Der | |
| Sprecher der Kultur- und Medienverwaltung der Zivilbehörde in Tawila, | |
| Mohammed Yaqoob, sagt, dass das Lager seit Dienstag bereits mehr als 1.000 | |
| Familien aufgenommen habe. Die meisten dieser Neuankömmlinge hätten El | |
| Fasher am Sonntag oder früher verlassen. | |
| Die Reise von El Fasher nach Tawila dauert zu Fuß normalerweise etwa fünf | |
| bis sieben Stunden. Nun aber brauchten die Flüchtenden nach | |
| Augenzeugenberichten mehrere Tage, weil sie unterwegs an | |
| RSF-Kontrollpunkten angehalten wurden. An diesen Kontrollpunkten wurden | |
| viele misshandelt und einige getötet. Die Ankommenden beschreiben eine | |
| schreckliche und erschöpfende Flucht. | |
| ## „Hunderte kommen mit Schussverletzungen“ | |
| „Alle stehen unter Schock“, sagt Mohammed Yacoob. „Vor einem Monat trafen | |
| wir uns in Tawila mit einer UN-Delegation. Wir haben ihnen gesagt, dass die | |
| Lage schlecht ist. Die Hilfe reicht angesichts der Zahl der Ankommenden | |
| nicht aus und jetzt wird es noch schlimmer. Durch den Angriff auf El Fasher | |
| kommen jetzt viele sehr geschwächte Menschen hierher. Sie haben nichts und | |
| brauchen alles. Hunderte kommen mit Schussverletzungen, andere leiden an | |
| Malaria und Unterernährung. Wir haben nichts, was wir ihnen geben können. | |
| Es ist sogar schwer, ein Zelt zu finden.“ | |
| Satellitenbilder von El Fasher, die das [4][Humanitarian Research Lab der | |
| Yale University] analysiert hat, dokumentieren, dass die RSF bei ihrer | |
| Belagerung von El Fasher eine regelrechte „Kill Box“ um die Stadt herum | |
| geschaffen hat. Befestigungswälle blockieren die Ausgänge. Die Bilder | |
| zeigen auch schwere Schäden in der Stadt, Spuren von Brandstiftung, | |
| Beschuss und Leichen. Die Wissenschaftler kommen in ihrem Bericht zu dem | |
| Schluss, dass es für Zivilisten „keinen sicheren Ort in El Fasher“ gibt. | |
| RSF-Führer Hametti äußerte sich am Dienstag zum ersten Mal seit dem Angriff | |
| auf El Fasher in einem Video. Er beschrieb die Ereignisse als | |
| „strategischen Wendepunkt“, kündigte die Bildung einer | |
| Untersuchungskommission an und forderte sichere Korridore für Zivilisten, | |
| wobei er darauf bestand, dass diese Routen schon immer offen gewesen seien. | |
| Diese Behauptung widerspricht jedoch allen verfügbaren Beweisen, | |
| Augenzeugenberichten und Videos, die RSF-Mitglieder selbst dokumentiert | |
| haben. | |
| 30 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
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| [2] /Sudankrieg/!6125004 | |
| [3] /Krieg-in-Darfur/!6124238 | |
| [4] https://medicine.yale.edu/lab/khoshnood/publications/reports/ | |
| ## AUTOREN | |
| Aya Elsammani | |
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