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# taz.de -- Parlamentswahl in Ägypten: Stimmenkauf, Manipulation und Druck
> Bei der Wahl häufen sich Berichte zu Irregularitäten. Auf Al-Sisi wächst
> der Druck. Nun wird die Wahl in Teilen wiederholt.
Bild: Möchte gerne weiter Präsident sein und deshalb die Verfassung anpassen:…
Ägypten wiederholt in mehreren Wahlkreisen die Wahl für das
Repräsentantenhaus, das Parlament des Landes. Diese hatte erst im November
in zwei Wahlrunden stattgefunden. Doch aufgrund von Verstößen gegen
geltendes Wahlrecht – und daraus folgendem massivem Druck – wurden diese in
Teilen für ungültig erklärt. Sogar Präsident Abdel Fattah El-Sisi
kritisierte öffentlich die Verstöße – eine Seltenheit in Ägypten.
Das ägyptische Repräsentantenhaus ist die wichtigste gesetzgebende Kammer
des Landes: Es ist nicht nur für die Verabschiedung von Gesetzen zuständig,
sondern hat auch [1][die Befugnis], Verfassungsänderungen zu initiieren.
Dieser Schritt wird von vielen in den kommenden Jahren erwartet: Denn
El-Sisis Herrschaft müsste eigentlich mit der dritten Amtszeit enden – so
will es die Verfassung.
Wer also im Repräsentantenhaus sitzt, ist daher umso wichtiger. Und die
derzeit vorherrschende Kritik am Wahlprozess ernst.
## Wie das Wahlsystem funktioniert
Gewählt wird mit einem gemischten System aus geschlossenen Listen und
Einzelmandaten. Dabei gewinnt jede Liste, die 50 Prozent plus eine Stimme
in einem Wahlkreis erhält, alle Sitze des Wahlkreises. Selbst wer also
knapp unter 50 Prozent bleibt, geht leer aus. Versuche von Parteien,
Politikern und Menschenrechtsgruppen, dieses System durch eine
proportionale Vertretung [2][zu ersetzen], wurden von regierungsnahen
Kräften blockiert. Denn die dominieren das Repräsentantenhaus – und
profitieren von diesem System.
Es ist anfällig für Manipulation: Zum einen lehnte die Nationale
Wahlbehörde vor der Abstimmung drei mit der Regierung konkurrierende Listen
ab. Sie hätten die „technischen Anforderungen“ nicht erfüllt. Außerdem
wurden einige Oppositionsparteien vom Beitritt zu einer sogenannten
Staatsliste überzeugt – sodass die Zusammensetzung der Kammer in Teilen
bereits im Voraus festgelegt ist. Weiter gab es Vorwürfe, dass
Parlamentssitze für bis zu 50 Millionen ägyptische Pfund – rund 900.000
Euro – [3][verkauft wurden].
## Was die Ägypterinnen und Ägypter darüber denken
Die „Nationale Liste“ hatte damit praktisch kaum Konkurrenz. Das spiegelt
sich auch auf den Straßen: Die Wahlen seien sinnlos, meinen viele. Laut der
nationalen Wahlbehörde lag die Beteiligung bei etwa 25 Prozent, einige
Medien berichteten von noch niedrigeren Zahlen.
Die erste Wahlrunde, die am 10. und 11. November stattfand, war über das
für Manipulation so anfällige System hinaus von Unregelmäßigkeiten geprägt.
Beispielsweise sollen Stimmen einfach mit Bargeld gekauft worden sein. Die
wirtschaftliche Lage in Ägypten ist schlecht, offiziellen Zahlen zufolge
leben rund 34 Prozent der Ägypter unterhalb der Armutsgrenze. Eine einzelne
Wahlstimme soll Berichten zufolge gerade mal 200 ägyptische Pfund, weniger
als 4 Euro, gekostet haben.
Trotzdem beharrte die Nationale Wahlbehörde lange darauf, dass der
Wahlprozess ordnungsgemäß verlaufen sei. Doch selbst Präsident Abdel Fattah
El-Sisi [4][gab schließlich eine Erklärung ab], in der er die Wahlbehörde
aufforderte, Ermittlungen einzuleiten – und Entscheidungen zu treffen, die
„Gott gefallen und den wahren Willen der Wähler ehrlich widerspiegeln“.
## Reporter wurden an ihrer Arbeit gehindert
Nach dieser Intervention ordnete die Nationale Wahlbehörde [5][also die
Wiederholung] der Wahl in 19 Wahlkreisen an. Das Oberste Verwaltungsgericht
annullierte die Ergebnisse in weiteren Wahlkreisen. Insgesamt wurden in 46
von 70 Wahlkreisen die Ergebnisse der ersten Wahlphase für ungültig
erklärt.
In der zweiten Wahlphase am 24. und 25. November wurden ähnliche Vorwürfe
laut: [6][Stimmenkauf], [7][Betrugsvorwürfe]. Aber die Nationale
Wahlbehörde [8][lehnt es] ab, Ergebnisse für ungültig zu erklären. Die
Journalistengewerkschaft meldete außerdem dutzende von Beschwerden seitens
Reportern, die trotz Akkreditierung schikaniert oder an ihrer Arbeit
gehindert worden waren.
Diese chaotische Wahl lässt ernsthafte Zweifel an der Legitimität und
Unabhängigkeit des nächsten Repräsentantenhauses aufkommen. Das ist
besonders pikant, weil eben erwartet wird, dass es die Verfassung ändern
soll – um El-Sisi eine unbeschränkte Amtszeit als Präsident zu ermöglichen.
Der Autor war 2024 [9][Stipendiat] des Auszeit-Stipendienprogramms der
[10][taz Panter Stiftung].
7 Dec 2025
## LINKS
[1] https://www.google.com/url?q=https://manshurat.org/node/14675&sa=D&source=e…
[2] https://www.google.com/url?q=https://arabic.cnn.com/middle-east/article/202…
[3] https://manassa.news/news/27072
[4] https://www.google.com/url?q=https://www.facebook.com/AlSisiofficial/posts/…
[5] https://www.google.com/url?q=https://aawsat.com/%25D8%25A7%25D9%2584%25D8%2…
[6] https://www.google.com/url?q=https://www.facebook.com/reel/1172064505038008…
[7] https://www.google.com/url?q=https://www.facebook.com/reel/707587245748598/…
[8] https://www.google.com/url?q=https://mada38.appspot.com/www.madamasr.com/20…
[9] /Rest--Resilience-Fellowship-2024/!vn6015517
[10] /taz-panter-stiftung/das-refugium-stipendium/!v=07336dde-9a7f-42d5-af22-36…
## AUTOREN
Karim Assaad
## TAGS
Ägypten
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