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# taz.de -- Vorlass von Jürgen Habermas: Neunzig Aktenordner und auch sein pri…
> Jürgen Habermas gibt auch den zweiten Teil seines Vorlasses an die
> Frankfurter Uni. Er bekräftigt damit seine Traditionslinie zur Kritischen
> Theorie.
Bild: Jürgen Habermas bei einem Vortrag an der Frankfurter Uni anlässlich sei…
Nach Frankfurt. Das leuchtet ein. Es besteht kein Zweifel daran, dass die
Frankfurter Universitätsbibliothek der richtige Ort für diese Schriften
ist, auch wenn die meisten von ihnen weiter südlich, in Starnberg, an
Habermas’ Wohn- und Arbeitsort, entstanden sein werden.
Mit der Frankfurter Uni war und ist Jürgen Habermas eng verbunden. Indem er
auch den zweiten Teil seines Vorlasses dorthin gibt, zieht der 1929
geborene Sozialphilosoph eine Traditionslinie zur Kritischen Theorie und
zum Frankfurter [1][Institut für Sozialforschung], deren Ansätze er
fortführend modifiziert hat. Auf jeden Fall ist es gut, dass hier alles
einvernehmlich geklärt scheint.
Einen ersten Teil seines Archivs hatte Jürgen Habermas bereits 2011 nach
Frankfurt übergeben. Er wurde längst bibliothekarisch erschlossen und
fließt inzwischen in das aktuelle Nachdenken über dieses Werk ein, wie man
etwa an dem 2024 erschienenem Buch von [2][Philipp Felsch], „Der Philosoph.
Habermas und wir“ sehen kann; Felsch konnte sich ein Stück weit in frühe
Notizen, Artikel und Briefe von Habermas vergraben, um aus der Sicht eines
Nachgeborenen eine aktuelle Sicht auf sein Denken zu entwickeln.
## Neuorientierung und Westbindung
Auch Roman Yos hat in seiner einschlägigen ideengeschichtlichen Studie der
frühen Entwicklung dieser Gedankengänge, „Der junge Habermas“, diesen
ersten Vorlass „konsultiert“, wie er im Vorwort schreibt – wobei Yos glei…
die Grenzen einer Beschäftigung mit diesen Materialien benennt: Auf ihrer
alleinigen Grundlage lasse sich die Entwicklung von Habermas’ Denken
keineswegs darstellen.
Was sicher stimmt. Ein aktuelles Erkenntnisinteresse und eine Perspektive
aufs ganze Werk müssen hinzukommen. Doch wird sich so eine Perspektive
stets an den konkreten Materialien bewähren müssen. Tut es bei Yos’
Darstellung von Habermas’ Abwendung von den seinsgeschichtlichen Thesen
Heideggers und Hinwendung zu den Ansätzen der Kritischen Theorie auch. Was
man bei Yos deutlich sieht: dass die [3][Neuorientierung in der
Nachkriegszeit] samt Hinwendung zur Westbindung politisch leichter fiel als
philosophisch.
Im Unterschied zum ersten Teil des Vorlasses handelt es sich bei dem
zweiten Teil, der nun auch die Materialien nach 1994, dem Jahr von
Habermas’ Emeritierung, enthält, vor allem um digital gespeicherte Texte.
90 Aktenordner mit Briefen sind zudem dabei und auch Habermas’ privater
Computer, auf dem seine eigenen Briefe gespeichert sind sowie
unveröffentlichte Typoskripte und Textversionen seiner nach der
Emeritierung entstandenen Werke.
Bei Nachweis eines besonderen Interesses, so lässt die Frankfurter Uni
verlauten, ist die Benutzung des Archivs für wissenschaftliche Zwecke auf
unkomplizierte Weise möglich. Außerdem bahnt sie die Übernahme der gesamten
Privatbibliothek des Philosophen an. Habermas habe das angeboten –
allerdings erst für die Zeit nach seinem Tod.
7 Nov 2025
## LINKS
[1] /100-Jahre-Institut-fuer-Sozialforschung/!5909598
[2] /Tagebuecher-eines-Publizisten/!5224228
[3] /Geschichte-der-BRD/!5748109
## AUTOREN
Dirk Knipphals
## TAGS
Jürgen Habermas
Philosophie
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