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# taz.de -- Victim Blaming bei Belästigung: Selber schuld, schreibt der Krimin…
> Ein Polizist aus Aalen, der für Sexualdelikte zuständig ist, gibt
> mutmaßlich Frauen die Schuld an Sexismus im Netz. Sein Arbeitgeber prüft
> Konsequenzen.
Bild: Die Hochspringerin Johanna Göring
Zu einer bitteren Erkenntnis konnten [1][Betroffene sexueller Gewalt]
vergangene Woche in einer Kommentarspalte auf Instragram gelangen. Die
Kanäle der Sportschau und des „SWR Sport“ hatten auf der Plattform einen
Beitrag über die Ungleichbehandlung von Leistungssportlerinnen und ihre
Sexualisierung im Netz gepostet. Die Hochspringerin Johanna Göring ist in
dem Post zu sehen. Sie berichtet, wie sie in Kommentaren auf sozialen
Medien auf ihren Körper reduziert werde, dabei ein unwohles Gefühl bekomme
und sich deswegen in der Öffentlichkeit aktiv schützen müsse.
Schnell tauchten unter dem Beitrag sexistische Bemerkungen und
Beleidigungen auf. Hinter den Urhebern scheinen meist Männer zu stecken –
glaubt man zumindest den Namen und Profilbildern. Das Social-Media-Team der
Sportschau und von SWR Sport musste sogar aktiv um „einen fairen und
respektvollen Umgang“ werben.
Beim Scrollen in der Kommentarspalte stach unter den sexistischen Aussagen
eine besonders heraus. Ein User mit dem Namen „ml22.bike“ schrieb: „Leider
gibt es viel zu viele (Frauen), die genau das provozieren und damit
kokettieren. Und das wird sich nie ändern, das Netz ist voll davon.“ Mit
„das“ ist wohlmöglich die Sexualisierung durch Männer gemeint. Um diese
Ansicht zu unterstreichen, folgt ein grimmiges Unamused-Face-Emoji. Wer
hinter „ml22.bike“ steckt, ist im selben Kommentar zu lesen: „Martin L.,
Leiter einer Kriminaldienststelle, die Sexualdelikte bearbeitet.“
L., und das lässt sich sehr einfach über sein Profil herausfinden, ist
selbst sportbegeistert und Hobbyradler. Tatsächlich arbeitet er als
Führungskraft bei der Polizei in Aalen. Laut Angaben in seinem
LinkedIn-Profil lehrt er zudem an der [2][Deutschen Hochschule der Polizei]
und ist unter anderem Experte für IT-Forensic – während er selbst
reichliche Spuren beim Kommentieren im Netz hinterlässt. Sein Motto auf
LinkedIn lautet: „Es gibt keine Probleme – nur ungelöste Aufgaben.“
Nachfrage bei seinem Dienstherren, [3][der Polizei Aalen]: Ein Sprecher
informiert, dass man aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes
personenbezogene Daten weder nennen noch auf Anfrage bestätigen könne.
Indirekt wird aber klar, dass L. dort wirklich arbeitet und die Aussagen
unter dem Instagram-Post mutmaßlich getätigt hat. „Der gegenständliche
Kommentar erfolgte nicht in dienstlicher Funktion, sondern privat“,
informiert der Sprecher weiter schriftlich.
## Polizei prüft „beamtenrechtliche Maßnahmen“
Die Aussagen seien nun Gegenstand von eingeleiteten Maßnahmen gegen den
leitenden Polizisten. Der hat inzwischen seinen Kommentar gelöscht, damit
sind auch mehrere kritische Antworten von empörten User*innen weg. Alles
ist aber auf Screenshots dokumentiert – das Netz vergisst nie. Einige
Nutzer*innen hatten darauf hingewiesen, dass Betroffene von
sexualisierter Gewalt bei der Polizei selten Hilfe bekommen, oft nicht
ernst genommen oder sogar retraumatisiert oder von Polizisten belästigt
werden.
Die Polizei Aalen werde zeitnah eine Stellungnahme des Beamten einholen, um
die Umstände des Kommentars zu ermitteln, heißt es vom Sprecher.
Anschließend werde geprüft, ob und gegebenenfalls welche „beamtenrechtliche
Maßnahmen erforderlich sind“. Auch disziplinarrechtliche Maßnahmen könnten
zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden.
Die Polizei Aalen beteuert, dass Vertrauen in ihre Arbeit Grundlage für
ihre Akzeptanz und damit für die innere Sicherheit sei. Vor allem
Betroffene von sexualisierter Gewalt könnten weiterhin auf die Arbeit der
Polizei bauen und sollten sich weiterhin an sie wenden. Ob sich um
entsprechende Fälle weiterhin Martin L. kümmern wird, bleibt erst mal
offen. Sein Instagram-Account ist mittlerweile aber nicht mehr öffentlich
zugänglich.
21 Oct 2025
## LINKS
[1] /Sexuelle-Gewalt-in-der-Leichtathletik/!6109348
[2] /Studie-zur-deutschen-Polizei/!6034485
[3] /Fake-News-aus-Schorndorf/!5428805
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
## TAGS
Polizei
Sexismus
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