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# taz.de -- Deutscher Buchpreis für Dorothee Elmiger: Auszeichnung für „Die…
> Mit Dorothee Elmigers „Die Holländerinnen“ geht der Deutsche Buchpreis an
> den besten Roman unter den nominierten. Aber auch an den
> anspruchsvollsten.
Bild: Die Schweizer Autorin Dorothee Elmiger („Die Holländerinnen“) bekomm…
Man musste ihn ihr eigentlich geben, den Deutschen Buchpreis, denn der
Roman von Dorothee Elmiger ist das mit Abstand beste Buch [1][unter den
sechs nominierten.] Es ist jedoch auch das mit Abstand anspruchsvollste
Buch und so kann man sich vorstellen, dass die Jury womöglich kurz zögerte:
Kann man in diesen Zeiten, in denen Komplexität nun nicht gerade Konjunktur
hat, in denen simple Wahrheiten dominieren, einen Roman mit dem wichtigsten
deutschen Buchpreis auszeichnen, der stellenweise so undurchdringbar ist,
wie das Dickicht, in das er auch erzählerisch eintaucht?
Dorothee Elmiger lässt in [2][„Die Holländerinnen“] gleich eingangs ihre
Erzählerfigur einräumen: Ihr Schaffen befindet sich in Auflösung. Die
namenlose Protagonistin kapituliert schließlich vor dem Chaos aus Zeichen,
die die moderne Welt in unendlicher Ausführung überlagern – und bis in den
südamerikanischen Dschungel hineinragen, in dem der Roman spielt.
Eine Crew aus Kulturschaffenden, eingeladen von einem Theatermacher, der
sich erklärtermaßen an Werner Herzog orientiert, spürt dem Schicksal zweier
verschwundener Frauen nach, den „Holländerinnen“. Nachspielen soll diese
eingeflogene Gruppe den Fall gar, denn es ist vor allem die Mimesis, die
„Nachahmung“, der die Schweizer Schriftstellerin mit ihrem Buch zu Leibe
rückt.
Wie Elmiger spielerisch, aber zugleich mit einer Unbedingtheit Kultur- und
Philosophiegeschichte bemüht, ein Netz aus immer neuen Verweisen strickt,
das ist mit großem Gewinn zu lesen.
Es liest indes jeder anders. Jurymitglied Friedhelm Marx preist das Buch in
einem kurzen Videostatement und erwähnt etwas überraschend „übliche
True-Crime-Formate“, von denen sich „Die Holländerinnen“ abstoßen würd…
Die scheidende Vorsitzende des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels,
Karin Schmidt-Friderichs, lobt den Roman als „Ereignis“, in dem Menschen
„in ihr dunkelstes Gegenteil fallen“, ohne das genauer auszuführen.
## Kopf-an-Kopf-Rennen
Neben Dorothee Elmiger standen Kaleb Erdmann mit „Die Ausweichschule“,
Jehona Kicaj mit „ë“, Thomas Melle mit „Haus zur Sonne“, Fiona Sironic…
dem schönen Titel „Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen
Sachen in die Luft“ sowie Christine Wunnicke mit „Wachs“ auf der Shortlis…
die – und das wurde von Ina Hartwig, der Kulturdezernentin der Stadt
Frankfurt bei der Verleihung eigens noch einmal betont – als eine starke
Liste galt.
Ina Hartwig sprach von einer „ganz tollen Auswahl“ und provozierte damit
viele nickende Köpfe im Publikum der Verleihung. Dorothee Elmiger war dabei
im Vorfeld immer wieder als Favoritin gehandelt worden, hat sich aber dabei
aber ein gefühltes Kopf-an-Kopf-Rennen mit Thomas Melle geliefert.
Angenehm zurückhaltend moderiert wurde die Preisverleihung von der
Fernsehmoderatorin Julia Westlake. Vor der Verkündung der Preisträgerin
befragte sie die Literaturkritikerin und Autorin Laura de Weck, nach
welchen Kriterien die Jury des Buchpreises ihre Auswahl getroffen habe.
Laura de Weck betonte in ihrer Antwort vor allem die literarischen
Kriterien: Sprache, Erzählstrategien. Auffällig sei der hohe Anteil von
autofiktionalen Texten bei den eingereichten Romanen gewesen, wobei sie
gleich hinzusetzte, dass es dabei formal sehr unterschiedliche Zugänge zu
dem Erlebten gegeben habe.
## Die Weigerung Gewalt als faszinierend darzustellen
Auf der Shortlist selbst habe das Thema Gewalt in vielen möglichen
Spielarten dominiert: kriegerische Gewalt, Terror, Gewalt in Beziehungen,
psychische Gewalt. Der interessante Punkt sei dabei aber gewesen, dass alle
sechs nominierten Romane sich weigern würden, Gewalt als etwas
Faszinierendes darzustellen. Und das sei, so Laura de Weck, auch ein Signal
an unsere Zeit der vielen sich überlappenden Krisen: Literatur würde
anschreiben gegen Gewalt mit Zärtlichkeit, Sprache und Können. Es sei somit
ein Gegenmoment in unserer Zeit.
Die Verleihung des Deutschen Buchpreises im Frankfurter Römer gilt als
Auftakt der Frankfurter Buchmesse, die am 14. Oktober feierlich eröffnet
wird und bis Sonntag stattfindet.
13 Oct 2025
## LINKS
[1] /Shortlist-zum-Deutschen-Buchpreis/!6114006
[2] /Neuer-Roman-von-Dorothee-Elmiger/!6103400
## AUTOREN
Julia Hubernagel
Dirk Knipphals
## TAGS
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse
Deutscher Buchpreis
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Thomas Melle
Roman
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