| # taz.de -- Anke Feuchtenberger Ausstellung: Körper von Frauen und Nacktschnec… | |
| > Körper ziehen sich durch die Kunst von Anke Feuchtenberger. Nun wird ihr | |
| > Werk, samt ihrer ikonischen Plakate für die Frauenbewegung, ausgestellt. | |
| Bild: Wahlplakat für den Unabhängigen Frauenverband zur ersten gemeinsamen de… | |
| taz | „Der Körper ist das einzige Haus, das wir haben“, zitiert Kuratorin | |
| Dörte Ahrens die Künstlerin Anke Feuchtenberger bei einem geführten | |
| Rundgang durch die Feuchtenberger-Ausstellung, die jetzt im Schweriner | |
| Schleswig-Holstein-Haus zu sehen ist. Die Schau ist ein kleiner | |
| Rundumschlag durch das Werk der vor allem für ihre ungewöhnlichen Comics | |
| bzw. Graphic Novels – keiner dieser Begriffe trifft es wirklich – bekannt | |
| gewordenen Künstlerin. Das eingangs angeführte Zitat bezieht sich auf | |
| Feuchtenbergers Arbeit „Das Haus“, die anno 2000 als Fortsetzungs-Comic in | |
| den Berliner Seiten der FAZ erschien. | |
| In extrem schmalem Hochformat (in Buchform erschienen im Reprodukt Verlag) | |
| dekliniert Feuchtenberger [1][im engen Rahmen eines mehrstöckigen Hauses | |
| mit surrealistisch verrätselten Bildern und Worten] den menschlichen Körper | |
| durch. | |
| Aus geradezu körperlicher Sehnsucht nach Berlin sei diese Arbeit entstanden | |
| – in Folge 6, „Der Nabel“, ist der Fernsehturm erkennbar –, hat die | |
| Urheberin selbst dazu erklärt. Sie war damals gerade nach Hamburg gezogen, | |
| wo sie heute immer noch als Professorin für Graphische Erzählung und | |
| Zeichnen tätig ist. Ihren Lebensmittelpunkt hat sie jedoch inzwischen nach | |
| Vorpommern verlegt, jenen Landstrich, in dem sie einst aufwuchs. | |
| Der größte Raum der Schweriner Ausstellung ist Feuchtenbergers Plakatkunst | |
| gewidmet, einem Schwerpunkt ihres Frühwerks. 1963 in Ost-Berlin geboren, | |
| erlebte die Künstlerin die Wendezeit als junge Mutter und begann sich | |
| verstärkt mit gesellschaftlich geformten Frauenbildern auseinanderzusetzen. | |
| Wer in den neunziger Jahren in Berlin lebte, wird unweigerlich irgendwo | |
| [2][Feuchtenbergers ikonisches Plakat] mit der Aufschrift „Alle Frauen sind | |
| mutig! stark! schön!“ gesehen haben, mit dem der neugegründete Unabhängige | |
| Frauenverband 1990 in den Wahlkampf zog. Die Künstlerin sei damals, erzählt | |
| die Kuratorin, mit diesem Plakat einfach beim Frauenverband aufgekreuzt und | |
| prompt wieder weggeschickt worden. Doch dann sei eine Frau ihr nachgelaufen | |
| und habe gemeint, vielleicht sei da ja doch etwas möglich … | |
| Zur Schweriner Ausstellung hat Feuchtenberger das Plakat als Lithografie | |
| neu aufgelegt. – Für Bündnis 90/Die Grünen entstand in den 90ern ein | |
| weiteres ikonisches Bild: „Mein Bauch gehört mir!“ steht neben einer | |
| expressionistisch stilisierten, nackten Frauengestalt mit wehender lila | |
| Haarmähne und einem Baby auf dem Arm. | |
| Dieses Motiv, Frau mit anhängendem Kleinkind, findet sich auch in viel | |
| späteren Feuchtenberger-Werken immer wieder. Auch in „Bärmi und Klett“, | |
| einem ihrer ersten Werke im Comic-Sektor aus den 90er Jahren, ist das | |
| Eltern-Kind-Thema zentral. Und selbst in der sehr viel später | |
| [3][entstandenen Graphic Novel „Die hure h“], einem in komplexer Weise dem | |
| weiblichen Körperbild nachspürenden Werk, taucht das Kind auf dem Arm | |
| wieder auf. | |
| ## Rezeption in Deutschland erst spät | |
| Im europäischen Ausland, wo zwischen Comic- und sonstiger bildender Kunst | |
| eine weniger scharfe Trennlinie gezogen wird oder wurde als hierzulande, | |
| wurde Anke Feuchtenberger viel früher intensiv rezipiert als in | |
| Deutschland. Aber auch hierzulande hat sich die Wahrnehmung der | |
| Bild-mit-Wort-Kunst in den letzten Jahrzehnten entscheidend gewandelt. Eine | |
| wirksame Hochkultur-Weihe wurde Feuchtenberger 2024 zuteil, als ihr | |
| [4][Opus magnum „Genossin Kuckuck“ für den Literaturpreis] der Leipziger | |
| Buchmesse nominiert wurde. | |
| Darin evoziert sie in assoziativer Weise und mit surrealistisch überhöhten | |
| Bildern Kindheitserlebnisse und -traumata eines Aufwachsens im ländlichen | |
| Osten Deutschlands. Zahlreiche Sequenzen und Einzelbilder daraus sind in | |
| der Ausstellung zu sehen. Eigentlich, so wird erkennbar, ist jedes einzelne | |
| dieser Bilder nicht nur Teil einer Geschichte, sondern könnte auch für sich | |
| allein an einer Wand hängen. | |
| Wobei sich die Frage stellen würde, ob man etwa ein mit hochästhetischer | |
| Detailtreue erstelltes Großporträt einer Nacktschnecke wirklich an der | |
| Wohnzimmerwand haben wollte. Ihre intensive Beschäftigung mit Schnecken, so | |
| hat [5][die Künstlerin einmal im Interview] erklärt, sei daraus entstanden, | |
| dass dort, wo sie lebe, diese Lebewesen mitunter „zu Hunderten ins Haus | |
| gekrochen“ kämen. | |
| Die Ekelgefühle der Menschen den Nacktschnecken gegenüber hätten sie | |
| interessiert, denn sie sei das Gefühl nicht losgeworden, als richteten sich | |
| diese „in sehr ambivalenter Weise gegen uns selbst. […] Wir alle sind | |
| Schleim.“ | |
| 22 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ankefeuchtenberger.de/das-haus/ | |
| [2] /Ausstellung-feministisches-Grafikdesign/!5916987 | |
| [3] /Comics-mit-konsequent-weiblichem-Blick/!5864694 | |
| [4] /Hoechste-Ehren-fuer-Anke-Feuchtenberger/!5998135 | |
| [5] /Illustratorin-Anke-Feuchtenberger/!5998015 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Granzin | |
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