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# taz.de -- Regierungsbildung in Frankreich: Ein Kabinett der letzten Chance
> Frankreich hat wieder eine Regierung, doch die Opposition möchte sie so
> schnell wie möglich wieder stürzen.
Bild: Der französische Ministerpräsident Sébastien Lecornu im Gespräch mit …
Paris taz | Frankreich hat eine neue Regierung. Der französische
[1][Premierminister Sébastien Lecornu] konnte spät am Sonntagabend nach
einer letzten Unterredung mit Staatspräsident Emmanuel Macron eine Liste
mit 34 Regierungsmitgliedern veröffentlichen. Lecornu hat trotz Zeitdruck
ein Kunstwerk fertiggebracht, das ihm in Frankreich die meisten nicht mehr
zugetraut hätten.
Lecornu war bei einem ersten Versuch der Regierungsbildung [2][gescheitert
und musste zurücktreten,] wurde dann aber von Macron erneut mit der Bildung
eines Ministerkabinetts beauftragt. Da ein Teil der bisherigen
Regierungsparteien zuvor angekündigt hatte, dass sie nicht mehr mitmachen
wollten und da auch weder die linke noch rechtspopulistische Opposition zum
Einlenken bereit war, reduzierte sich für Lecornu die Auswahl der
parteipolitischen Anwärter auf einen Ministerposten.
Für ihre Kompetenz bekannte Leute fand Lecornu hingegen außerhalb der
Parteien in der zivilen Gesellschaft und Wirtschaft. So wird der bisherige
Vorsitzende der staatlichen Bahn SNCF, Jean-Pierre Farandou, Arbeits- und
Sozialminister. Der neue Innenminister Laurent Nuñez war bisher
Polizeipräfekt von Paris. Und der neue Erziehungsminister Edouard Geffray
ist ein Spitzenbeamter aus dem Bildungssektor.
Die neue Ministerin für Umwelt- und Klimafragen bringt als ehemalige
WWF-Präsidentin ökologische Fachkenntnisse mit. Und der vormalige CEO der
Ladenkette Super U, Serge Papin, ist in dieser Regierung als Minister für
den Handel, den Tourismus, das Gewerbe und laut offizieller Bezeichnung
auch für die Kaufkraft zuständig.
## Minister mit politischem Gewicht
Im neuen Kabinett sitzen auch eine Reihe von Bisherigen mit politischem
Gewicht: Justizminister Darmanin, Außen- und Europaminister Jean-Noël
Barrot, Landwirtschaftsministerin Annie Genevard, Wirtschafts- und
Finanzminister Roland Lescure, Kulturministerin Rachida Dati; Amélie de
Montchalin bleibt für den Staatshaushalt, die derzeit zentrale Aufgabe,
verantwortlich. Und Catherine Vautrin wechselt vom Gesundheits- und
Sozialministerin zur Verteidigung.
Sieben der als Minister oder Staatssekretäre Bestätigten oder neu
Nominierten kommen aus der konservativen Partei Les Républicains (LR), die
eigentlich eine weitere Regierungszusammenarbeit mit den Macronisten am
Samstag abgelehnt hat. LR-Parteichef, Ex-Innenminister Bruno Retailleau,
ist wütend, er hat angekündigt, sie würden ausgeschlossen und könnten sich
nicht mehr auf LR berufen.
Betroffen wäre dabei namentlich Kulturministerin Dati, die mit
Unterstützung von LR und der Macronisten im März Bürgermeisterin von Paris
werden will. Am Samstag gab es innerhalb von LR wegen der Frage der
Regierungsbeteiligung Streit. Dass sich mehrere Persönlichkeiten der Partei
über Retailleaus Beschluss hinwegsetzen, ist ein Beleg für die existierende
Spaltung.
## Linke will Misstrauensantrag vorbereiten
Geschlossen bleibt hingegen [3][die Linke in ihrer Ablehnung einer
Mitarbeit.] La France insoumise will unverzüglich einen Misstrauensantrag
gegen die Regierung Lecornu einreichen. Die Sozialisten und Grünen möchten
ihm offenbar noch eine letzte Chance geben, falls er bereit wäre,
glaubwürdige Zugeständnisse bei der Umsetzung der Rentenreform zu machen.
Das rechtspopulistische Rassemblement national (RN) dagegen will wie LFI
den baldmöglichsten Sturz der Regierung, und danach Neuwahlen oder noch
lieber den Rücktritt von Präsident Macron. Dieser überlässt die
Innenpolitik ganz seinem Regierungschef, er reiste am Montag nach Ägypten.
Lecornu soll am Dienstag nach einem ersten Ministerrat seinen
Staatshaushalt für 2026 vorlegen und vor den Abgeordneten eine Rede mit
seiner Regierungserklärung halten.
Mit einer regierungsfähigen Mehrheit kann er nicht rechnen. Der Sturz durch
ein Misstrauensvotum ist bloß eine Frage des Termins. Noch mehr als bei
seinen Vorgängern Michel Barnier und François Bayrou sind die Tage dieser
Regierung von Beginn weg gezählt.
13 Oct 2025
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## AUTOREN
Rudolf Balmer
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