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# taz.de -- Lecornu verschiebt Rentenreform auf 2028: Warum nicht gleich so?
> Dass Macron die Verschiebung seiner Rentenpläne zulässt, kommt
> politischer Selbstverleugnung gleich. Und zeigt: Das Chaos wäre
> vermeidbar gewesen.
Bild: Hat nicht viel Spielraum: Sébastien Lecornu, französischer Premierminis…
Mit seiner politischen Kapitulation hat der französische Premierminister
Sébastien Lecornu seiner Regierung im Minimum eine Verschnaufpause,
vielleicht aber sogar ein paar Wochen Handlungsspielraum verschafft. Die
Konzession, die er dafür machen musste, ist enorm. Er ist bereit, bis 2028
[1][die weitere Umsetzung der umstrittenen Rentenreform] von 2023
auszusetzen. Diese soll das Rentenalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre
anheben und die erforderliche Beitragsdauer von heute 170 Quartalen weiter
verlängern.
Um den Preis dieses Rückzugs sollen im Gegenzug die 60 Abgeordneten des
Parti Socialiste nicht zusammen mit den anderen linken Fraktionen und den
Rechtspopulisten [2][mit einem Misstrauensantrag die Regierung stürzen].
Ohne die Stimmen der Sozialisten kommt die oppositionelle Mehrheit von
mindestens 289 Abgeordneten nicht zustande. Lecornu, und mit ihm Präsident
Emmanuel Macron, könnten also erstmals aufatmen.
Dass Macron seinem Premier mit einer „Carte blanche“ freie Hand ließ, um
die Sozialisten für ein Stillhalten zu gewinnen, beweist, wie sehr er mit
dem Rücken zur Wand steht. Einen Verzicht auf diese Reform hatte er immer
ausgeschlossen. Er hatte diese gegen einen massiven Widerstand eines
mehrmonatigen Konflikts durchgeboxt. Dass er jetzt zulässt, dass Lecornu,
sie in Klammern setzt, kommt einer politischen Selbstverleugnung des
Präsidenten. Natürlich muss man jetzt fragen: warum nicht gleich?
## Handgemachtes Chaos
Die heutige Krise und eine ganze Reihe von Streikbewegungen wären ihm – und
vor allem Frankreich! – erspart geblieben, wenn er auf die Opposition
gehört hätte. Dass es andere Mittel gäbe, den Fortbestand des Systems der
französischen Sozialversicherungen langfristig zu garantieren, wusste er
auch. Mit seiner selbstsicheren Unnachgiebigkeit hat er einfach die Kosten
für den Rückzug massiv erhöht und das Land in eine chaotische Situation
gebracht.
Umgekehrt hat die Linke, die aus dem Verzicht auf diese Rentenreform eine
Existenzfrage gemacht hatte, mit dieser bloß versprochenen „Suspendierung“
außer etwas Prestige noch gar nichts gewonnen. Die Sozialisten werden aber
aufatmen, wenn es mit einem Scheitern der beiden Misstrauensanträge von
linke und rechts nicht zu vorzeitigen Wahlen kommt, bei denen gerade sie
mit schweren Verlusten rechnen mussten. Zudem würde ein Wahlsieg der
extremen Rechten drohen.
Gibt es einen überzeugenden Grund, Lecornu mit seinen wohlklingenden
Versprechungen regieren zu lassen, außer der Angst vor Neuwahlen? Nichts
garantiert, dass die Regierung Lecornu sich den finanziellen Mehraufwand
für einen Zwischenhalt bei der Erhöhung des Rentenalters nicht [3][mit
anderen unsozialen Einsparungen im Staatshaushalt kompensieren lässt]. Dann
wäre Lecornus Einlenken bloß ein Pyrrhussieg für seine toleranten Gegner.
15 Oct 2025
## LINKS
[1] /Frankreich/!6120745
[2] /Regierungsbildung-in-Frankreich/!6119505
[3] /Regierungskrise-in-Frankreich/!6116303
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
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