| # taz.de -- Regierungskrise in Frankreich: It's Austerity, stupid! | |
| > Das Kernproblem ist nicht, welcher französische Premier im Amt ist, | |
| > sondern Macrons neoliberale Kürzungspolitik, die die Bevölkerung zu Recht | |
| > ablehnt. | |
| Bild: Demonstration gegen Kürzungen im nächsten Haushalt mit Anhängern der B… | |
| Bernard Arnault ist der reichste Mann Frankreichs, ja Europas. Sein | |
| geschätztes Vermögen von etwa 149 Milliarden Euro ist gar nicht allzu weit | |
| entfernt von Frankreichs Defizit 2024, das circa 169,6 Milliarden Euro | |
| betrug. Der Milliardär legte sich kürzlich mit dem Ökonomen Gabriel Zucman | |
| an, bezeichnete diesen öffentlich als „linksextremen Militanten“. Die | |
| „Zucman-Steuer“ sah eine Vermögensbesteuerung von jährlich 2 Prozent vor. | |
| Und wo käme man denn hin, wenn Überreiche wie Arnault statt 149 Milliarden | |
| nur noch mickrige 146 Milliarden besäßen? | |
| Was das alles mit der aktuellen [1][Regierungskrise in Frankreich] zu tun | |
| hat? Viel. Denn bei dem Kaspertheater aus Stühlerücken und | |
| Premierminister-Tauschen [2][geht es um nichts anderes]. Auf der einen | |
| Seite stehen die Verfechter einer krassen Austeritätspolitik, die den | |
| völligen Abbau des Sozialstaats wollen, auf der anderen die Verfechter | |
| einer Reichenbesteuerung. | |
| 2023 setzte die Regierung Macron/Borne gegen den Bevölkerungswillen und | |
| gegen das [3][Parlament per Dekret eine Rentenreform um], die die Ärmsten | |
| noch ärmer macht. Als Macron 2024 aus Machtkalkül parlamentarische | |
| Neuwahlen ausrief, gewann überraschend das Linksbündnis „Nouveau Front | |
| Populaire“ (NFP) und nominierte als Premierministerin Lucie Castet. Sie | |
| steht für konsequente Besteuerung von Überreichen. Das war das NFP-Rezept | |
| gegen das Haushaltsdefizit – im Grunde ein gemäßigt sozialdemokratisches | |
| Programm. Pustekuchen. | |
| ## Bis die Interessen der Reichen durchgesetzt sind | |
| Macron setzte sich erneut über die Wähler*innen hinweg und ernannte | |
| einen Premier, den er stattdessen von Rechtsextremen (RN) tolerieren ließ. | |
| Und dann noch einen, und noch einen. Jedes Mal scheiterten diese Premiers | |
| daran, einen Sparhaushalt zu verabschieden. Nun will Macron zum vierten Mal | |
| versuchen, das gleiche Programm [4][mit einer anderen Personalie | |
| durchzudrücken]. Doch auch er muss längst wissen: Der Kern des Problems ist | |
| nicht, welche Premier-Fratze nun da sitzt und den Haushalt verabschiedet. | |
| Der Kern ist, dass Frankreich diesen Haushalt – ein hartes | |
| Austeritätsprogramm – schlichtweg nicht will. | |
| Was wir sehen, ist ein Versuch, durch immer neue Zirkusrunden den | |
| parlamentarischen Apparat derart zu zermürben, dass er nachgibt und das | |
| Projekt einiger Superreicher durchsetzt. Dieser Vorgang ist zutiefst | |
| autoritär. Wer nun den opponierenden Parteien Verantwortungslosigkeit | |
| vorwirft, impliziert erstens, dass Kapitalinteressen und reibungslose | |
| parlamentarische Abläufe über den Interessen der Bevölkerung und somit über | |
| der Demokratie stehen, und zweitens, dass Austerität unausweichlich sei – | |
| was schlicht falsch ist. Die Krise in Frankreich steht sinnbildlich für das | |
| dramatische Demokratiedefizit der parlamentarischen Systeme im Westen | |
| allgemein. 2015 hat sich das in Griechenland besonders drastisch gezeigt, | |
| als die demokratische Mehrheit für Alexis Tsipras und gegen | |
| Austeritätspolitik letztlich auf etwas Stärkeres stieß: Kapitalinteressen. | |
| Das ist der Name der Demokratiekrise, die wir erleben. | |
| 10 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lea Fauth | |
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