| # taz.de -- Regierungsbildung in Frankreich: Selbst Lecornu will nicht „irgen… | |
| > Selbst bisherige Regierungsparteien legen sich quer bei Premier Lecornus | |
| > Versuch, ein Ministerkabinett zu bilden. Der spricht von erneutem Abgang. | |
| Bild: Hat mit einem Schatten zu kämpfen: Sebastien Lecornu am Samstag | |
| Paris taz | Der Versuch von Sébastien Lecornu in Frankreich erneut eine | |
| Regierung zu bilden, ist offenbar nicht von Erfolg gekrönt. Über einen | |
| großen Andrang von ambitiösen Möchtegernministern kann er sich nicht | |
| beklagen. Seit [1][seiner erneuten Ernennung durch Präsident Emmanuel | |
| Macron] bekommt er Absagen nicht nur von einzelnen Persönlichkeiten, | |
| sondern gleich von ganzen Parteien, die er bisher für loyale Partner hielt. | |
| Der „Gemeinsame Sockel“, den Macron bei einer Aussprache mit Parteispitzen | |
| am Freitagnachmittag für solide hielt, ist innerhalb weniger Stunden in | |
| Staub zerfallen. Lecornu II. wirkte am Sonntag mit seiner Mission so allein | |
| wie der Staatschef angesichts der Kritik seine bisherigen Vertrauten. | |
| ## Republikaner und Zentrumspartei steigen aus | |
| Am Samstagnachmittag teilten die Konservativen der Partei Les Républicains | |
| (LR) nach einer turbulenten internen Diskussion mit, sie würden sich nicht | |
| mehr an der nächsten Regierung beteiligen. Hingegen würden sie aus | |
| „Verantwortungsbewusstsein“ dazu beitragen, dass Frankreich mit einem | |
| Staatshaushalt seine Stabilität wiederfinde. Die LR gehörten nicht zu | |
| denjenigen, die jetzt zusätzlich „Chaos schaffen“ wollten. | |
| In den Reihen der Abgeordneten und Senatoren dieser Partei, die seit einem | |
| Jahr Minister auf Schlüsselposten stellte, gehen die Meinungen zu dieser | |
| Frage aber angeblich so sehr auseinander, dass die Einheit und weitere | |
| Existenz der Partei fraglich wird. | |
| Im Anschluss an den Korb, den der LR-Parteivorsitzende und Ex-Innenminister | |
| Bruno Retailleau dem alt-neuen Premier Lecornu gab, ging auch die kleine | |
| Zentrumspartei UDI auf Distanz. | |
| ## Selbst Macronisten gehen auf Distanz | |
| Und auch innerhalb der Macronisten schwindet Macrons Autorität rapide. Sein | |
| früherer Premierminister Edouard Philippe hatte angekündigt, seine eigene | |
| Partei „Horizons“ habe nicht die Absicht, weiterhin in einer zweiten | |
| Regierung Lecornu zu verbleiben. Er hatte sogar Macron aufgefordert, mit | |
| vorzeitigen Präsidentschaftswahlen den Weg aus der Krise zu öffnen. | |
| Die bisherigen Koalitionspartner wollen nur noch Passivmitglieder in | |
| Macrons „Klub“ sein, wohl um später nicht für das absehbare Scheitern von | |
| Lecornus „Mission“ und die Sturheit des Präsidenten mitverantwortlich | |
| gemacht zu werden. | |
| Der Vorsitzende der Macronisten-Partei „Renaissance“, Ex-Premierminister | |
| Gabriel Attal, ging nicht ganz so weit. Zu seiner Meinung zu Lecornus | |
| wiederholten Nominierung befragt, antwortete Attal wortkarg: „Das ist eine | |
| Entscheidung des Präsidenten“. Man soll verstehen, dass er sie nicht | |
| billigt. Sowohl Attal wie Philippe und der Konservative Retailleau wollen | |
| bei den nächsten Präsidentschaftswahlen antreten. Und das Erbe des | |
| Macronismus wird langsam zu einem Ballast. | |
| ## Linke ist zerstritten | |
| [2][Auf der Seite der linken Opposition] haben die Sozialisten jede | |
| Absicht, sich an einer Lecornu-Regierung zu beteiligen, dementiert. Es gebe | |
| keinerlei „Deal“, erklärte am Samstag Parteichef Olivier Faure. Die | |
| Konzessionen, die ihm Macron und Lecornu bezüglich der Rentenreform in | |
| Aussicht gestellt hätten, seien viel zu „unbefriedigend“. Die Linkspartei | |
| La France insoumise witterte in dieser Stellungnahme sofort eine | |
| Bereitschaft des Parti Socialiste, weiter mit Lecornu über eine | |
| Nichtangriffspakt zu verhandeln. | |
| Derzeit wagen es die französischen Medien kaum noch irgendwelche Prognosen | |
| zu machen. Auf die Frage, wann denn eine neue Regierung zu erwarten sei, | |
| sagen sie: „In den nächsten Tagen“. Und „Le Figaro“ will von | |
| Verfassungsexperten erfahren haben, dass auch ein allein amtierender | |
| Premierminister, der nicht über ein Kabinett von nominierten Ministern | |
| verfügt, dem Parlament einen Staatshaushalt vorlegen könne. | |
| ## Lecornu will auch nicht „irgendwas“ machen | |
| Und, wie noch um die pessimistische und Besorgnis erregende Situation noch | |
| zu verschlimmern, teilt Lecornu [3][in der Sonntagzeitung „La Tribune du | |
| Dimanche“] mit, er habe nicht die Absicht „irgendwas“ (im Originaltext | |
| „n’importe quoi“), das heißt etwas Aussichtsloses, zu machen. Falls die | |
| Bedingungen für eine Regierungsbildung nicht erfüllt seien, werde er | |
| „gehen“ – [4][wie schon vor einer Woche]. Im Fall seines erneuten | |
| Scheiterns werden vorzeitige Wahlen unausweichlich. | |
| 12 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Regierungsbildung-in-der-Sackgasse/!6119148 | |
| [2] /Chaostage-in-Frankreich/!6116243 | |
| [3] https://www.latribune.fr/article/la-tribune-dimanche/politique/592175898000… | |
| [4] /Regierungskrise-in-Frankreich-Macron-ist-optionslos/!6115282 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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