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# taz.de -- Prozess gegen Maja T. verzögert sich: Mehr Druck auf das System Or…
> Maja T. werden Angriffe auf Neonazis in Budapest vorgeworfen, das Urteil
> verzögert sich. Abgeordnete fordern eine Staatenbeschwerde gegen Ungarn.
Bild: Am Mittwoch wurde nochmal verhandelt, nun ist Pause bis Januar: Maja T. i…
Berlin taz | Erst diese Woche stand [1][Maja T.] wieder in Budapest vor
Gericht. Wegen des Vorwurfs, vor zwei Jahren mit anderen Linken mehrere
Rechtsextreme in Budapest schwer attackiert zu haben. Das Gericht lehnte am
Mittwoch erneut einen Antrag der nonbinären Thüringer Antifaschist*in
ab, die Untersuchungshaft im Hausarrest zu verbringen. Nun ist der Prozess
gegen Maja T. bis Januar nächsten Jahres unterbrochen. Dann soll das Urteil
fallen, wohl am 22. Januar.
Den Antrag auf Hausarrest hatte Maja T. nicht zum ersten Mal gestellt, dies
zwischenzeitlich auch [2][mit einem Hungerstreik] eingefordert. Das Gericht
lehnte diesen aber erneut wegen einer Fluchtgefahr ab, und weil die Gefahr
bestehe, dass T. weitere Straftaten begehe. Angeführt wurden dafür auch
Unterstützer*innen. Diese zeigten, dass eine Vereinigung um Maja T.
angeblich weiter bestehe.
Wolfram Jarosch, der Vater von Maja T., kritisierte, dass in dem Budapester
Verfahren „die Unschuldsvermutung ausgehebelt“ werde. Er warf Ungarns
Ministerpräsident Viktor Orbán vor, öffentlichen Druck auszuüben, um sein
Kind hart zu bestrafen. „Das hat mit einem rechtsstaatlichen Verfahren
nichts mehr zu tun.“ Sein Kind sitze nun schon seit 15 Monaten in
Isolationshaft, dies sei „psychische Folter“, so Jarosch. Jetzt setze sich
diese Haft bis zum Urteil mindestens drei weitere Monate fort.
Den Prozesstag am Mittwoch hatte auch der Linken-Europaabgeordnete Martin
Schirdewan besucht. Auch er sprach von einem fortgesetzten
„deutsch-ungarischen Justizskandal“. Die Verweigerung des Hausarrests und
die weitere Isolationshaft für Maja T. sei „ein Skandal“. Schirdewan
forderte den deutschen Außenminister Johann Wadephul (CDU) auf, „endlich zu
handeln und für die sofortige Rückkehr von Maja T. nach Deutschland zu
sorgen“. Auch Grünen- und SPD-Abgeordnete hatten zuletzt eine Rückholung
gefordert.
## Anwalt fordert Sanktionen gegen Ungarn
Auch der Anwalt von Maja T., Sven Richwin, fordert mehr Druck Deutschlands.
„Es fehlt mittlerweile nicht mehr an Feststellungen zur mangelnden
Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, allerdings an Courage, daraus auch
Konsequenzen zu ziehen“, sagte Richwin der taz. „Neben Sanktionierungen und
Klagen auf EU-Ebene, muss die Zuarbeit deutscher Sicherheitsbehörden an
Orbáns System sofort gestoppt werden.“
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Luke Hoß bringt ein weiteres Druckmittel
ins Spiel: eine Staatenbeschwerde Deutschlands gegen Ungarn, wegen
Verstößen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention im Fall Maja T.
„Die Bundesregierung muss jetzt Informationen über das Ausmaß der
Rechtsverletzungen in ungarischen Gefängnissen einholen, um eine
Staatenbeschwerde vorzubereiten“, sagte Hoß der taz. „Deutschland hat die
Pflicht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Deutsche Behörden haben durch
die rechtswidrige Auslieferung diese Haftbedingungen ermöglicht.“ Maja T.
war im Juni 2024 von Deutschland nach Ungarn ausgeliefert worden – [3][das
Bundesverfassungsgericht hatte dies nachträglich für rechtswidrig erklärt].
Ein Gutachten des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags, das Hoß in
Auftrag gegeben hat und der taz vorliegt, zeigt die Möglichkeit einer
Staatenbeschwerde in diesem Fall auf. Die Beschwerde können alle
Vertragsstaaten vor dem Gerichtshof einlegen, wenn sie Verstöße gegen die
Europäische Menschenrechtskonvention feststellen. Deutschland und Ungarn
sind Vertragsstaaten. Zu solchen Verstößen zählen auch Folter für
Inhaftierte oder anderweitig unmenschliche Behandlungen und Strafen.
Das Bundestagsgutachten macht hier keine Aussagen über Erfolgsaussichten im
Fall Maja T., weist aber darauf hin, dass Deutschland eine
Staatenbeschwerde mit Verweis auf den „diplomatischen Schutz“ für eigene
Staatsangehörige einlegen könnte. In der Vergangenheit hatte das etwa
Dänemark bei einem in der Türkei inhaftierten Staatsbürger gemacht, mit dem
Vorwurf, dass Aussagen von ihm unter Folter eingeholt wurden. Möglich sei
zudem eine Beschwerde gegen die „allgemeine Verwaltungspraxis“ in einem
anderen Land oder zum „kollektiven Schutz von Menschenrechten als
gemeinsames Interesse aller Vertragsstaaten“, wegen systemischen Mängeln,
wozu auch Haftbedingungen, Rechtstaatlichkeitsdefizite oder breite
Menschenrechtsverletzungen gelten könnten.
Das Gutachten betont aber, dass vor einer Staatenbeschwerde in den meisten
Fällen vorerst der „innerstaatliche Rechtsweg ausgeschöpft“ sein müsse u…
es am Ende immer eine Einzelfallentscheidung sei. Der rechtliche Ausgang
sei daher „ungewiss“. Zudem sei auch die politische Dimension einer
Staatenbeschwerde „nicht zu unterschätzen“, da diese die Beziehungen
zwischen den betroffenen Ländern belaste.
Das Auswärtige Amt wollte sich auf taz-Anfrage nicht äußern, welche
diplomatischen Bemühungen aktuell für Maja T. unternommen werden – und ob
hierbei auch eine Staatenbeschwerde denkbar ist. Außenminister Wadephul
hatte zuletzt aber erklärt, man setze sich dafür ein, Maja T. nach
Deutschland zu holen. [4][T. hatte bei einem Haftbesuch der taz in Ungarn
dagegen beklagt, davon nichts zu merken.]
## Europaparlament stellt sich vor weitere Beschuldigte
Erst am Dienstag hatte das Europa-Parlament derweil die von Ungarn
beantragte Aufhebung der Immunität der italienischen Linken-Abgeordneten
Ilaria Salis verweigert. Salis wird ebenfalls vorgeworfen, an den Angriffen
in Budapest beteiligt gewesen zu sein. [5][Zuvor hatte bereits der
Rechtsausschuss des Parlaments die Ablehnung der Immunitätsaufhebung
empfohlen]. Das Votum im Plenum fiel indes denkbar knapp – mit nur einer
Stimme Vorsprung in geheimer Abstimmung. Auch die ebenso von Ungarn
beantragte Aufhebung der Immunität zweier ungarischer Oppositionspolitiker,
Peter Magyar und Klara Dobrev, wurde abgelehnt.
Ungarns Präsident Orbán nannte die Entscheidung eine „Schande“. Brüssel
schütze Kriminelle und Mitglieder terroristischer Gruppen. Martin
Schirdewan, Vorsitzender der Linksfraktion im Europaparlament, lobte
dagegen das Votum, das Salis vor einem politisch motivierten Verfahren in
Ungarn schütze.
9 Oct 2025
## LINKS
[1] /taz-besucht-Maja-T-exklusiv-in-Haft/!6101642
[2] /Nach-40-Tagen-Protest-in-Haft/!6100797
[3] /Maja-T-nach-dem-Hungerstreik/!6099884
[4] /taz-besucht-Maja-T-exklusiv-in-Haft/!6101642
[5] /Immunitaet-von-Ilaria-Salis-besteht-fort/!6115620
## AUTOREN
Konrad Litschko
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Maja T.
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