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# taz.de -- Moderne Sklaverei: Cyberkriminalität dank Starlink
> Myanmars Junta will bei einer Razzia gegen Onlinebetrug 30 Empfänger von
> Musks Satellitennetzwerk beschlagnahmt haben. Wurden wirklich nur so
> wenige benutzt?
Bild: Ein berüchtigtes Internetbetrugszentrum: der KK Park-Komplex in der öst…
taz | Myanmars Militär hat bei einer Offensive gegen Rebellen der
Karen-Ethnie im Grenzgebiet zu Thailand nach eigenen Angaben auch eine
Razzia gegen ein bekanntes Onlinebetrugszentrum durchgeführt. Laut [1][The
Global New Light of Myanmar], dem Propagandaorgan der Militärjunta,
durchsuchten am Montag Soldaten das direkt am Grenzfluss Moei gelegene
Industriegebiet KK Park im Norden der Stadt Myawaddy.
Es seien 200 Gebäude mit 2.198 Beschäftigten durchsucht worden. Laut der
Nachrichtenagentur AFP seien dabei 15 mutmaßliche „chinesische Betrüger“
wegen Beteiligung an „Onlineglücksspielen, Onlinebetrug und anderen
kriminellen Aktivitäten“ festgenommen worden. Im KK Park hatte es bereits
im Februar eine Razzia gegeben.
Das Militär betonte, dass auch 30 Internetempfänger des Satellitennetzwerks
Starlink der Firma SpaceX des US-Milliardärs Elon Musk beschlagnahmt worden
seien. Wegen vom Militär blockierter Internetverbindungen und der
Abschaltung grenzüberschreitender Dienste durch Thailand sind in den
letzten Monaten immer mehr myanmarische Betrugszentren auf schnelles
Satelliteninternet ausgewichen.
Thailands Regierung war im Februar gegen die Cyberkriminalität jenseits der
Grenze vorgegangen, durch Abschaltung von Mobilfunkmasten und
Elektrizitätsleitungen. Denn viele der Opfer verschiedener Betrugsmaschen
sind auch Thais.
## Starlink gilt als Myanmars größter Internetprovider
Starlink soll inzwischen Myanmars größter Internetprovider sein, hat dort
aber keine Lizenz. Die Geräte dürften meist über die Grenze geschmuggelt
werden. Die Agentur AFP hat kürzlich per Drohne den mit Zäunen, Mauern und
Wachposten gesicherten KK Park überflogen. Allein auf dem Dach eines
einzigen Gebäudes wurden dabei knapp 80 der an ihrer Form leicht zu
erkennenden Starlink-Empfänger gezählt.
Der australische [2][Analyst Nathan Ruser vom Australian Strategic Policy
Institute (ASPI)] zählte in einer Auswertung von Satellitenaufnahmen des KK
Parks schon zwei Wochen nach Thailands Maßnahmen im Februar dort mehr als
1.000 Starlink-Empfänger. Inzwischen sollen es mehr als 2.000 sein. Die
jetzige Beschlagnahmung von nur 30 Empfängern ist also erstaunlich wenig
und wirft Fragen auf.
Letzte Woche war bekannt geworden, dass inzwischen ein [3][Ausschuss des
US-Kongresses die Rolle von Starlink bei den Onlinebetrügereien in Myanmar
untersucht]. Das südostasiatische Land wird von den USA seit dem
Militärputsch 2021 mit Sanktionen belegt. Musk und SpaceX haben sich bisher
zu den Vorwürfen nicht geäußert.
In Myanmar herrscht Bürgerkrieg zwischen der Junta und zahlreichen
prodemokratischen und ethnischen Rebellengruppen. Hinzu kommen kriminelle
Milizen, die wie die Karen Border Guard Force zusammen mit chinesischen
Triaden in Cyberkriminalität, Drogenhandel und Menschenschmuggel verwickelt
sind.
Sie werden oft vom Militär protegiert, zum einen, weil sie für die Militärs
die Drecksarbeit im Kampf gegen die Rebellen machen, zum anderen, weil sie
die Generäle an ihren kriminellen Geschäften mitverdienen lassen. So
verwundert es nicht, dass bei Razzien, die meist auf Druck der
Nachbarländer durchgeführt werden, vor allem Ausländer festgenommen werden.
Einheimische Hintermänner und Profiteure werden vorab gewarnt.
## Cybersklaven sind Täter und Opfer zugleich
Die Cyberbetrugszentren, die vor allem von [4][Kambodscha] und Myanmar aus
global operieren, locken ihre asiatischen und westlichen Opfer mit dem
Versprechen auf die große Liebe oder schnelles Geld zu (Fehl-)Investitionen
in Krypto-Währungen. Dabei bedienen sie sich sogenannter Cybersklaven, die
mit dem Versprechen auf lukrative Jobs angelockt und dann als Gefangene
unter Androhung von Gewalt zum Betrug gezwungen werden. Sie sind oft Opfer
wie Täter gleichermaßen.
Mit dem Hinweis auf Starlink könnte die Junta jetzt versuchen, von ihrer
eigenen Verantwortung abzulenken. Dabei deutet die geringe Zahl von nur 30
beschlagnahmten Empfängern letztlich auf eine nur halbherzige Razzia hin.
Das mutmaßliche Ziel: Den Eindruck eines entschlossenen Handelns zu
erwecken und Akteure im Ausland zu belasten und so von der eigenen
Untätigkeit und Mitverantwortung abzulenken.
21 Oct 2025
## LINKS
[1] https://www.gnlm.com.mm/tatmadaw-reoccupies-laykaekaw-area/
[2] https://aspicts.substack.com/p/the-monthly-roundup-nathan-ruser
[3] https://www.theguardian.com/world/2025/oct/14/us-congress-committee-investi…
[4] /Casino-Kapitalismus-in-Kambodscha/!5921768
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
Thailand
Militärjunta
Starlink
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