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# taz.de -- Umgang mit den Rechtsextremen: Ein Rezept gegen die AfD findet sich…
> Jede Strategie gegen die AfD hat ungute Nebenwirkungen. Aber: Wenn die
> Stadtgesellschaften zusammenhalten, hat die Partei machtpolitisch keine
> Chance.
Bild: Der AfD keine Chance gelassen: Kommunalwahlen in Duisburg, am 14.9.2025
Die AfD steht, anders als fast alle rechtspopulistischen und -extremen
Parteien in Europa, unter politischer Quarantäne. In Parlamenten arbeitet
keine Partei mit ihr zusammen, von Merz’ Anbiederung im Februar abgesehen.
Die rechten Rowdys werden zu Recht von repräsentativen Ämtern wie dem
Bundestagspräsidium ferngehalten. Wer Foul spielt, taugt nicht als
Schiedsrichter.
Diese Ausgrenzung hat den Aufstieg der AfD nicht gestoppt. Der
CSU-Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg möchte daher den Boykott beenden
und die AfD entzaubern. Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber, kein rechter
Flügelmann, [1][will die CDU „aus der babylonischen Gefangenschaft von
Rot-Grün“ befreien.] Keine Zusammenarbeit mit der AfD, beteuern beide –
aber irgendwie doch.
Die Metapher dafür ist eine CDU-Minderheitsregierung. Diese könnte sich
nach den Wahlen 2026 in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt links bei
Rot-Grün-Rot oder rechts bei der AfD Mehrheiten besorgen. Dann hätten die
Rechten den Fuß in der Tür. Ist das klug?
Kühl betrachtet: Es gibt keine Strategie, die gegen die AfD hilft. Jede hat
ungute Nebenwirkungen. Die Abgrenzung, unglücklich Brandmauer getauft,
verschafft der zwischen Biederkeit und Rechtsextremismus changierenden
Partei eine attraktive Aura des Gefährlichen, Subversiven. Die AfD nutzt
ihre Ausgrenzung, um den Mitte-Parteien Doppelmoral unter die Nase zu
reiben und sich als Robin Hood zu inszenieren.
Die Union setzt derzeit in Teilen auf eine andere Taktik: Imitation.
Alexander Dobrindt versucht, die Rechten bei der Antimigrationspolitik zu
überholen. Dieser Kurs enthält eine doppelte Botschaft: Es gibt ihn nur,
weil die AfD existiert. Die Wähler aber trauen dem Original mehr als dem
Imitat. Die Rechnung, dass sinkende Migrationszahlen gleich sinkende
AfD-Zustimmung bedeuten, geht nicht auf.
Kurzum: Weder linke noch konservative Rezepte, weder Abgrenzung noch
Wiederholung, schlagen an. Die Debatte, wie man die AfD wirksam bekämpft,
erinnert an ein Formel-1-Rennen. Man braust mit viel Tempo und
Energieaufwand im Kreis.
Es lohnt sich, nach Templin oder Duisburg zu schauen. [2][Die
Kommunalwahlen in NRW] und Brandenburg zeigen: Die AfD bekommt
machtpolitisch kein Bein auf den Boden. In Eisenhüttenstadt, wo die Rechten
bei der Bundestagswahl mehr Erststimmen bekamen als CDU, SPD, FDP und Grüne
zusammen, verlor der AfD-Kandidat die Stichwahl um den Posten des
Bürgermeisters.
In Frankfurt (Oder) schlug ein Parteiloser den rechten Kandidaten, obwohl
die CDU noch nicht mal eine Wahlempfehlung abgegeben hatte. In Duisburg,
Hagen, Gelsenkirchen hatte die AfD bei den Stichwahlen keine Chance.
[3][Und in Templin zog der favorisierte AfD-Bürgermeisterkandidat gegen
einen SPD-Mann den Kürzeren.]
Das Muster ist immer gleich: Die AfD wächst – aber der Widerstand gegen sie
ist am Ende stärker. Die trübe Aussicht, von Rechtsextremen repräsentiert
zu werden, mobilisiert die Stadtgesellschaften vom Rhein bis an die Oder.
Das ist nicht selbstverständlich, es ist ein – mal positiver – deutscher
Sonderfall. In Frankreich und Österreich regieren Front National und FPÖ
teilweise schon seit Jahrzehnten Städte wie Perpignan, Orange oder Wels.
Rechtsextreme Bürgermeister sind dort normal.
## Scheinriese AfD
Was folgt daraus? Die AfD radikalisiert sich, bei Wahlen zahlt sich ihr
völkischer Fundamentalismus sogar aus. Damit aber blockiert sie sich
selbst. Sie ist ein Scheinriese. Sie gewinnt Umfragen, stößt aber, wenn es
um etwas geht, regelmäßig an eine gläserne Decke. Weidel und Co sind weder
willens noch fähig, auf den Spuren von Marine Le Pen einen Kurs der
Entteufelung und zumindest scheinbaren Deradikalisierung einzuschlagen. Die
AfD sitzt in einer strategischen Falle.
Die politpädagogischen Ideen von Peter Tauber und Andreas Rödder, die AfD
mit Angeboten zu zähmen, würde nur eines bewirken – diese Falle lockern.
Und aus dem Scheinriesen womöglich einen Riesen machen. Auf die Idee, sich
zu entdämonisieren, muss die AfD schon von allein kommen. Alice Weidel wie
ein bockiges Kind zur Mäßigung bringen zu wollen, ist naiv. Die Versuche
von Konservativen, [4][Rechtsextreme per Zusammenarbeit zu entzaubern,
endeten in der EU fast alle im Desaster].
Die politische Quarantäne, die die bundesdeutsche politische Elite
einigermaßen durchhält, wirkt oft hilflos, ist aber auf eine unauffällige
Art wirksam. Sie ist die beste aller schlechten Strategien. Falls die Union
die AfD als mehr oder weniger normal akzeptiert – dann wird es bald
AfD-Bürgermeister und Landräte geben. Und später Ministerpräsidenten.
18 Oct 2025
## LINKS
[1] https://open.spotify.com/episode/5zTDjA6GInxmUGALi9LQfo
[2] /NRW-Kommunalwahlen/!6116208
[3] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2025/05/neuer-buergermeister-gewaehlt-…
[4] https://www.kas.de/de/einzeltitel/-/content/zwischen-abgrenzung-einbindung-…
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
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