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# taz.de -- Elbtower: Hamburg kauft Olafs Stummel
> Der Hamburger Senat erwägt, einen Teil des halbfertigen Hochhauses an den
> Elbbrücken zu kaufen, um dort ein Naturkundemuseum unterzubringen.
Bild: Prominente Lage direkt am Stadteingang: Hamburgs Elbtower
Entgegen früherer Versprechungen will der Hamburger Senat nun doch bei dem
stillstehenden Hochhaus-Projekt Elbtower einsteigen. Wie Bürgermeister
Peter Tschentscher (SPD) und seine Kollegen am Dienstag vor der Presse
darlegten, erwägt die Stadt, zwölf Etagen des Hochhauses zu einem Festpreis
von 595 Millionen Euro zu kaufen, um darin ein Naturkundemuseum
unterzubringen. Zugleich soll der Wolkenkratzer von 245 auf 199 Meter
schrumpfen. Eine Kaufzusage würde es einem Investorenkonsortium
ermöglichen, das Hochhaus fertig zu bauen.
Der Elbtower soll den Abschluss des neuen Stadtteils Hafencity an den
Elbbrücken bilden. Selbst in der reduzierten Version wäre er etwa doppelt
so hoch wie die übrigen Hochhäuser der Stadt. Hundert Meter Höhe hat der
Rohbau bisher erreicht. Doch seit Oktober 2023 tut sich auf der Baustelle
nichts mehr.
Nachdem die Bauherrin Signa Prime Selection längere Zeit Rechnungen nicht
bezahlt hatte, stellte die Baufirma Rupp die Arbeit ein. Signa Prime
Selction gehörte zum Imperium des Immobilien-Wunderkindes René Benko, dem
das Ende der Niedrigzinsphase, in Kombination mit seinem schneeballartigen
Geschäftsmodell, das Genick brach: Er musste Insolvenz anmelden. [1][Benko
steht seit Freitag in Innsbruck vor Gericht], weil er Vermögenswerte im
privaten Insolvenzverfahren beiseitegeschafft haben soll.
Bei dem Geschäft mit Benko hatte sich die Stadt auf vielfache Weise
abzusichern versucht. Das Projektrisiko sollte allein bei dem Investor
liegen. Noch im vergangenen Jahr versprach Tschentscher: „Der Senat
beabsichtigt definitiv nicht, die Federführung oder Regie für den Weiterbau
zu übernehmen oder sich mit eigenem Kapital an der Fertigstellung zu
beteiligen“, worauf die Opposition genüsslich hinweist und dem
Bürgermeister Wortbruch vorwirft.
## Öffentliche Gelder zum Wohl von Investor*innen
Die Co-Fraktionsvorsitzende der Linken, Heike Sudmann, sagte, der Senat
mache „einmal mehr deutlich, dass sie jederzeit bereit sind, öffentliche
Gelder zum Wohl von Investor*innen aus dem Fenster zu schmeißen“.
CDU-Fraktionschef Dennis Thering sprach von einer „Schock-summe von 595
Millionen Euro, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“, für die der
Senat eine Gegenfinanzierung schuldig bleibe.
Allerdings ist es nicht so leicht auszuhalten, jeden Tag eine Bauruine vor
der Nase zu haben. Der Plan, den der Senat gerade erarbeitet, sieht daher
vor, sich nicht mit Kapital an dem Investorenkonsortium zu beteiligen,
sondern den Teil für das Museum in mehreren Raten zu kaufen.
Dabei würde die Stadt aber auf bestimmten Baufortschritten bestehen. „Die
erste Rate würde erst fälllig, wenn der Elbtower äußerlich fertig ist“,
sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Falls dann wieder etwas
schiefginge, könnte die Stadt zum Preis des Grundstückrückkaufs einen
fortgeschrittenen Bau erwerben, sagte Tschentscher.
Dem Senat zufolge haben Prüfungen verschiedener Behörden und städtischer
Gesellschaften ergeben, dass sich das Museum technisch und funktional in
die unteren Etagen des Elbtowers einpassen ließe. Im Vergleich zu einem
Neubau wäre diese Lösung um 230 Millionen Euro billiger. Sie hätte zudem
den Vorteil, das Museum schätzungsweise zehn Jahre früher, also womöglich
schon 2029 eröffnen zu können.
Angesichts dieser Differenz [2][könne der Senat eigentlich gar nicht
anders, als die Option Elbtower zu ziehen], sagte Dressel. Bauen müsse
Hamburg das „Evolutioneum“ so oder so. Denn in einem Staatsvertrag mit dem
Land Nordrhein-Westfalen hat sich Hamburg verpflichtet, ein Gebäude für das
gemeinsame Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) zu
errichten.
Auf den Vorwurf des Wortbruchs erwiderte Tschentscher: „Ich kann nicht
wegen der öffentlichen Diskussion sagen, ich kann die günstigste Option
nicht wählen.“ Über das Teileigentum hinaus werde die Stadt keine
wirtschaftlichen Risiken tragen. „Der Maßstab bleibt, dass die
Fertigstellung in der Verantwortung der Investoren liegt“, betonte der
Bürgermeister.
Finanzsenator Dressel versicherte, die 595 Millionen Euro wären
„Global-Pauschal-Festpreis, der nicht überschritten werden darf“ für ein
schlüsselfertiges Museum. Nun hat die Stadt so ihre Erfahrungen mit
Festpreisen gemacht – namentlich bei der Elbphilharmonie. Dressel
versichert, der Senat habe daraus gelernt und alle möglichen Sicherungen
eingebaut: Rechtsanwälte, die die Transaktion prüfen, eine umfassende
Risikobewertung, sowie einen detaillierten Leistungskatalog.
Bei der im Preis explodierten Elbphilharmonie war eines der Probleme, dass
das Projekt nicht durchgeplant war und spätere Wünsche teure Umplanungen
und Umbauten notwendig machten. Und auch das [3][geplante Forschungsmuseum
in Hamburg] mit seinen Labors, Sammlungen und einer möglichst attraktiven
Ausstellung ist keine triviale Bauaufgabe, wenn Exponate wie ein vier Meter
langer, in Alkohol schwimmender Hai darin unterzubringen sind.
Bernhard Misof vom Leibniz-Institut versicherte am Dienstag, an dem
Naturkundemuseum in Hamburg werde schon sehr lange mit internationalen
Fachplanern und Experten gearbeitet. „Deswegen können wir sehr genau und
belastbar schätzen, welche Kosten auf uns zukommen.“
Der Leiter des Bonner Forschungsmuseums Koenig hatte während der gesamten
Presskonferenz ein freudiges Lächeln im Gesicht. „Wir als LIB sind absolut
begeistert“, sagte Misof. Im LIB werden das Centrum für Naturkunde der Uni
Hamburg (Cenak) und das [4][Zoologische Forschungsmuseum
Alexander-Koenig-Leibniz-Institut für die Biodiversität der Tiere]
zusammengeschlossen.
## Weltweit bedeutendes Zentrum für Klimaforschung
Wenn das Naturkundemuseum fertig sei, werde Hamburg nicht nur ein weltweit
bedeutendes Zentrum für Klimaforschung haben, sondern auch ein weltweit
bedeutendes Zentrum für Biodiversitätsforschung, sagte Misof – und dann
auch noch eines, mit dem sich das Thema kommunizieren lasse.
Die vorgestellten Eckpunkte will der Senat in der kommenden Woche
beschließen, so dass die städtische Gesellschaft für Vermögens- und
Beteiligungsmanagement federführend mit dem Investorenkonsortium um die
Firma Becken Development verhandeln kann. Das Konsortium verhandelt
wiederum exklusiv mit dem Insolvenzverwalter.
Die Kürzung des Wolkenkratzers von 64 auf 52 Stockwerke wurde dem Senat
zufolge zusammen mit dem Architekten David Chipperfield entwickelt. Sie sei
„städtebaulich verträglich“.
14 Oct 2025
## LINKS
[1] /Ex-Investor-Rene-Benko-vor-Gericht/!6116717
[2] /Rettung-des-Hamburger-Elbtowers/!6116612
[3] /Hamburger-Hochhaus-Stumpf/!6096173
[4] https://leibniz-lib.de/de/ueber-das-lib/mitarbeitende/bernhard-misof.html
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Stadtentwicklung Hamburg
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