| # taz.de -- Abhängigkeit von US-Diensten: Europas Antwort auf Paypal | |
| > Der europäische Bezahldienst Wero soll eine Alternative zu Paypal bieten. | |
| > Es ist nicht der einzige Ansatz, der für mehr Unabhängigkeit sorgen soll. | |
| Bild: Wero, wie, was? Nach dem Start im vergangenen Jahr soll bald auch das Bez… | |
| Berlin taz | Sie sind praktisch überall, im Supermarkt, im Online-Handel, | |
| bei Spendenaufrufen, auf Gebrauchtwarenportalen und sogar auf | |
| handgeschriebenen Zetteln auf dem Flohmarkt: die Hinweise, dass sich hier | |
| mit Paypal zahlen lässt. Der US-amerikanische Anbieter ist so etwas wie die | |
| eierlegende Wollmilchsau der Zahlungsdienstleister. Alleine in Deutschland | |
| sind Unternehmensangaben zufolge 35 Millionen Nutzer:innen aktiv. | |
| Das schafft Abhängigkeiten und sorgt damit für Kritik – spätestens seitdem | |
| im August eine größere Störung bei mehreren Hunderttausend Nutzer:innen | |
| in Deutschland zu Problemen führte. Was, wenn Trump das Funktionieren von | |
| US-Diensten in Europa als Druckmittel einsetzt, etwa im Handelsstreit? | |
| „Wir haben momentan einen Zahlungsmarkt, der extrem abhängig ist von | |
| US-Anbietern“, sagt Sascha Straub, Experte für Finanzdienstleistungen bei | |
| der Verbraucherzentrale Bayern. „Natürlich soll das Bezahlen aus | |
| Konsumentensicht einfach, sicher und schnell sein.“ Aber darüber hinaus sei | |
| auch wichtig, die Souveränität Europas im Zahlungsverkehr mitzudenken. | |
| Diese Ausgangslage könnte einem potenziellen neuen Konkurrenten | |
| zugutekommen: Wero. Für ihn haben sich ein gutes Dutzend europäischer | |
| Finanzinstitute zu einer Allianz zusammengeschlossen, der European Payments | |
| Initiative (EPI), die mit Wero eine europäische Alternative zu [1][Paypal] | |
| schaffen soll. Gestartet ist der Dienst im vergangenen Jahr. | |
| Bislang ist er allerdings nur in Frankreich, Belgien und Deutschland | |
| nutzbar, nur von Privatperson zu Privatperson und noch nicht im Handel. | |
| Doch das soll noch kommen: „In Kürze“, so die EPI, sollten geschäftliche | |
| Zahlungen möglich sein, online und vor Ort. | |
| ## Millionen potenzielle Nutzer:innen | |
| Wenn es so weit ist, können auf einen Schlag Millionen Nutzer:innen Wero | |
| verwenden: In Deutschland sind unter anderem die Sparkassen und Volksbanken | |
| dabei, die GLS- und die Postbank. Erst im August hat sich die Direktbank | |
| ING an Wero angeschlossen. Damit sind alleine in Deutschland rund 10 | |
| Millionen potenzielle Nutzer:innen dazugekommen. | |
| Wero ist nicht der einzige Ansatz, um Europa etwas unabhängiger zu machen | |
| von US-amerikanischen Finanzdienstleistern. Dazu zählt nicht nur Paypal, | |
| sondern auch Apple Pay, Google Pay und die Branchenriesen Visa und | |
| Mastercard. Die erste Neuerung: Ab dem 9. Oktober müssen Banken, zunächst | |
| im Euroraum, Echtzeitüberweisungen anbieten, und zwar kostenlos. Bislang | |
| kann es mehrere Tage dauern, bis überwiesenes Geld beim Zielkonto | |
| gutgeschrieben ist. Wer es schneller braucht, muss draufzahlen. | |
| ## Digitaler Euro | |
| Und dann ist da noch der [2][digitale Euro]. Der soll der Idee nach so | |
| etwas sein wie digitales Bargeld. Also: niedrigschwellig, grenzübergreifend | |
| im Euroraum einsetzbar. Auch Anonymität wird immer wieder als Merkmal | |
| genannt, auch wenn lange noch nicht raus ist, ob dieses Versprechen | |
| wirklich eingelöst wird. Doch bis es so weit ist, wird es noch eine Weile | |
| dauern: Piero Cipollone, Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB), sagte | |
| im September, 2029 wäre ein realistisches Datum für die Einführung des | |
| digitalen Euro. | |
| Nicht alle sehen diese Gleichzeitigkeit positiv. Stefan Reuß, | |
| Geschäftsführender Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes | |
| Hessen-Thüringen, kritisierte laut Redemanuskript kürzlich bei der | |
| Vorstellung der Halbjahresgeschäftszahlen: „Die Pläne für einen digitalen | |
| Euro für Privatkunden behindern jedoch diesen flächendeckenden Ausbau von | |
| Wero kolossal, weil in Europa manche Banken keine Parallelstrukturen | |
| aufbauen möchten und deshalb abwarten.“ | |
| ## Viele Wege, viele Möglichkeiten | |
| Diese Haltung kritisiert wiederum Verbraucherschützer Straub. Der digitale | |
| Euro habe neben Wero sehr wohl eine Berechtigung: Zum einen, weil längst | |
| nicht sämtliche Banken an Wero angebunden sind und unklar ist, ob das eines | |
| Tages der Fall sein wird. Beim digitalen Euro wären alle Institute | |
| automatisch dabei. Zum anderen, weil der digitale Euro, wie Bargeld, | |
| gesetzliches Zahlungsmittel sein soll. Er würde also auch im Handel direkt | |
| eingesetzt und müsse für alle Menschen niedrigschwellig zugänglich sein. | |
| Womöglich werden daher eines Tages all diese Wege ihre Berechtigung haben. | |
| Denn leicht zugänglich ist Wero derzeit nicht unbedingt: Für die Nutzung | |
| ist ein Smartphone mit der Banking-App des Instituts nötig, bei dem das | |
| eigene Girokonto liegt. Bei einem Teil der Banken lässt sich auch die | |
| Wero-App selbst verwenden. Eine Desktop-Version, um Wero auf dem Computer | |
| im Browser zu benutzen, gibt es aber nicht. Und wer Banking vom Smartphone | |
| fern halten will oder wessen Gerät zu alt ist, ist raus. | |
| Darüber hinaus ist bei mindestens einem Teil der Apps ein Zugriff auf die | |
| Kontakte im Telefonbuch nötig. Damit wird abgeglichen, welche der eigenen | |
| Kontakte Zahlungen über Wero empfangen oder senden können. Zwar reicht laut | |
| den Erläuterungen der EPI eigentlich auch eine E-Mail-Adresse. | |
| Das wäre ein Vorteil, weil sich eine E-Mail-Adresse einfacher wechseln | |
| lässt, wenn man sie etwa auf einem Kleinanzeigenportal angegeben hat und | |
| später von Spam überrollt wird. Doch nicht jede Bank setzt diese Option um: | |
| So ist laut ING die Angabe der Mobilfunknummer und der Zugriff auf die | |
| Kontakte nötig. | |
| Dazu kommt: Ob Wero tatsächlich funktionieren würde, wenn Trump das | |
| Europageschäft von US-Diensten unterbinden würde, ist unklar. Zumindest was | |
| den Betrieb der Webseite angeht, setzt Wero nach Informationen der taz | |
| teilweise auf Dienstleister, die US-Recht unterstehen, auch wenn die | |
| konkreten Server in der EU stehen sollen. Die Frage, wie das bei Diensten | |
| aussieht, die für das Funktionieren von Wero notwendig sind, ließ die EPI | |
| trotz wiederholter Anfrage unbeantwortet. | |
| Verbraucherschützer Straub hofft: „Je mehr unterschiedliche Systeme wir in | |
| Europa haben, desto eher ist für jeden was dabei.“ Im nächsten Schritt | |
| müsse Wero nun schnell in den Handel kommen. Denn solange man darüber nur | |
| Geld an andere Privatpersonen schicken könne, werde sich wohl kaum ein:e | |
| Nutzer:in zum Umstieg bewegen lassen. | |
| 9 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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