| # taz.de -- Ausstellung über Fotograf Andreas Herzau: Nach einem lieben Toten … | |
| > Reportage und Selbstbefragung: Eine erste Retrospektive erinnert in | |
| > Hamburg an den Fotografen Andreas Herzau. | |
| Bild: Polizisten beim G20-Gipfel in Hamburg. Mit diesem Foto gewann der Andreas… | |
| Was wird bleiben? Im kommenden Winter ist es schon zwei Jahre her, dass der | |
| [1][Fotograf Andreas Herzau] gestorben ist, noch keine 62 Jahre alt. | |
| „Killing Kurt“, den Namen gab er seinem Kampf gegen den Krebs. Bis heute | |
| geistern auf Instagram zwei vage Fotos dazu herum: die Fassade der Kölner | |
| Uni-Klinik, ein Kölsch der Marke 'Schreckenskammer’. Ein nächstes | |
| Fotoprojekt vielleicht, das notgedrungen nichts werden konnte. | |
| Sein Werk fand Aufnahme in die [2][F.C. Gundlach Stiftung], das ist schon | |
| mal eine sehr gute Sache. Die nun eine erste Retrospektive ausgerichtet | |
| hat, zu sehen in der Hamburger Akademie der Künste, oben im vierten Stock, | |
| mit weitem Blick über die Stadt, in einem interessanten wie seltsamen Raum: | |
| langgestreckt und halbrund, wie ein Flugzeughangar. Hier steht man nun, | |
| kann ungezwungen „Gucken“, wie der Titel eines wunderbaren Gesprächsbandes | |
| mit Andreas Herzau heißt, der just und passend dieser Tage ausgeliefert | |
| wurde. Er bietet ein Lesebuch zu seinem Werk und eben auch zu dieser | |
| Ausstellung. Wenn man ihn sich begleitend gönnen mag – nur zu! | |
| 1986 kam Herzau 24-jährig von Tübingen nach Hamburg, Schriftsetzer und | |
| Typograf von Beruf her, und auf diesem Weg hätte er bleiben können. Aber er | |
| wollte selbst die Buchstaben vorgeben, die zu gestalten waren, er wollte | |
| schreiben. Er bequatschte – so muss man es nennen – die Konkret, ihn als | |
| Volontär einzustellen, zog ins Schanzenviertel, wohin auch sonst. Zur | |
| Hamburger Rundschau ging er, nun Redakteur, bald Chef vom Dienst, also | |
| Dompteur zwischen Text, Bild und Seitenlayout, während immer mehr die | |
| Fotografie und ihre nicht-sprachlichen Möglichkeiten ihn packten. | |
| ## Reportage und Selbstbefragung | |
| Also wurde er Fotograf, wurde Mitbegründer für [3][Fotoagentur Signum] in | |
| einem Mottenburger Hinterhof, für die großen Magazine mit den damals großen | |
| Namen, die das Geld, das sie hatten, noch ausgaben, aber nicht nur für die: | |
| „Später haben wir auch viel für die taz gearbeitet. Die haben zwar schlecht | |
| bezahlt, hatten aber oft interessantere Themen“, heißt es an einer Stelle | |
| rückblickend. | |
| Nach zehn Jahren geht man wieder auseinander, und Herzau wird der freie | |
| Fotograf zwischen Reportage und immer auch Selbstbefragung, zwischen | |
| eindringlicher Dokumentation und immer freierer Ausgestaltung mittels | |
| grafischer Mittel: nach Moskau ging es und nach Istanbul; nach New York im | |
| unmittelbaren Schatten des 9/11, zweifach nach Liberia, auf die [4][Love | |
| Parade], dann in die Schweiz, mit dem Taxi durch Indien, zu den Bamberger | |
| Symphonikern als deren Hausfotograf. Aus den meisten seiner Arbeiten wurde | |
| von ihm gestaltete, exzellente Kunst-Foto-Bücher. | |
| Und so können nun ausschnittsweise Blicke auf ein weites und großes Werk | |
| geworfen werden, mal gerahmt, mal auf fahnenartigen Stoff gedruckt, mal | |
| schnöde an die Wand gepappt. Wie Exponate seiner Serie „AM“ – zehn Jahre | |
| hat er die einstige Kanzlerin Angela Merkel fotografiert, getragen von zwei | |
| Entscheidungen: die Bilder wieder strikt in Schwarz-weiß zu halten, und er | |
| fotografierte die heute Alt-Kanzlerin allein bei öffentlichen Auftritten, | |
| denn ihn interessierten unsere unklaren und daher zu erkundenden | |
| Bilderwünsche auf eine mächtige Frau, für die die gängigen | |
| Macht-Männer-Foto-Posen nicht mehr passen wollten und die sich auch noch | |
| ungern fotografieren ließ. Eines der Bilder löst sich gerade langsam von | |
| der Wand. | |
| Das ist sehr passend. Denn Herzau ging es nie ums Repräsentieren oder die | |
| Überhöhung der Darzustellenden. „Man könnte jetzt natürlich noch Popstar | |
| werden in der Fotografie. Aber das ist nie mein Ansinnen gewesen“, zwei | |
| fast letzte Sätze aus dem schon erwähntem Gucken-Band, mit Gesprächen, die | |
| Stiftungskurator Sebastian Lux mit Herzau acht Monate vor seinem Tod sehr | |
| genau, aber auch sehr zurückhaltend geführt hat und die Werk- wie | |
| Lebensrückschau bieten: richtig, richtig gut. | |
| 11 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frank Keil | |
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