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# taz.de -- Ende für grünes Pilotprojekt: Doch keine Schwammstadt
> Die Stadt Hannover muss den Bau einer Großzisterne in der Innenstadt
> stoppen, weil es zu große Schäden an den historischen Wohnhäusern daneben
> gab.
Bild: So schön hätte die Prinzenstraße am Ende aussehen sollen. Saniert wird…
Hannover taz | Es hätte das Vorzeigeprojekt schlechthin werden sollen: In
der Prinzenstraße wollte Hannover eine große „smarte“ Zisterne bauen, die
mehr als 400.000 Liter Regenwasser speichern und – digital gesteuert – zur
Bewässerung wieder abgeben kann.
Doch nun müssen die Bauarbeiten gestoppt werden. Zu schwerwiegend sind die
Risse und sonstigen Schäden, die sich an Häusern in der Straße aufgetan
haben. Dabei handelt es sich überwiegend um repräsentative Wohn- und
Geschäftshäuser aus dem 19. Jahrhundert, eingetragene Baudenkmäler.
Dabei hatte es doch so gut angefangen: Die Umgestaltung der Prinzenstraße
gehörte zu den wenigen Dingen, auf die man sich im Rat der Stadt Hannover
trotz unklarer, wechselnder Mehrheitsverhältnisse über Parteigrenzen hinweg
einigen konnte.
Die Generalsanierung der Straße war ohnehin überfällig, auf Teilen fanden
sich noch alte Straßenbahnschienen von einer Strecke, die längst nicht mehr
befahren wird. Außerdem sollte dieser Teil der Innenstadt, zwischen
Fußgängerzone und Bankenviertel, aufgewertet werden.
## Hilfe bei Hitzewellen und Starkregenereignissen
An der Prinzenstraße liegt das Schauspielhaus – Teil des „Kulturdreiecks“
mit dem nahegelegenen Künstler- und Opernhaus – auch dafür sollte mehr
Aufenthaltsqualität entstehen und bei der Gelegenheit auch gleich für mehr
Klimaresilienz gesorgt werden. Denn Hitzewellen und Starkregenereignisse
sind natürlich vor allem in der hochverdichteten, komplett versiegelten
Innenstadt ein Problem.
Die Zisterne hätte beides regeln sollen: Bei Starkregen Wasser aufnehmen
und so eine Überlastung des Kanalnetzes verhindern, bei Hitze und
Trockenheit Wasser bereitstellen für die Bewässerung von Bäumen, Beeten und
Grünflächen. Also das, was unter dem Schlagwort „Schwammstadt“ zwar viel
diskutiert, aber selten umgesetzt wird.
Für die Umgestaltung der Prinzenstraße wurde sogar Förderung eingeworben –
2,4 Millionen Euro sollten vom Bund und aus dem Landeshaushalt kommen.
Doch schon im Juni wurde bekannt, dass der ursprünglich von der Stadt
anvisierte Kostenrahmen von zwei Millionen Euro aus eigenen
Haushaltsmitteln nicht zu halten sein würde. Auf rund sechs Millionen
stiegen die Kosten an – vor allem wohl, weil die Spezialgeräte für die
notwendigen Tunnelbohrungen schwer zu bekommen und teuer sind.
## Treppenhaus und Bürgersteig abgesackt
Schon damals trat die CDU auf die Bremse: Das sei das Projekt nicht wert,
fand ihr umweltpolitischer Sprecher Maximilian Oppelt. SPD und Grüne
beschlossen im Rat aber, das Projekt trotzdem fortzusetzen.
Anfang September begannen dann die Bauarbeiten für die Zisterne. In die
Startbaugrube wurden nun Spundwände gerammt und „eingerüttelt“ – ein
Verfahren, das nicht nur für viel Lärm, sondern auch für so deutliche
Erschütterungen sorgte, dass die Anlieger sofort alarmiert waren.
Am 11. September zeigten sich die ersten Risse an der Prinzenstraße 8. Die
Verantwortlichen reagierten sofort und verhängten einen Baustopp. Doch nach
einer kurzen Prüfung wurden die Arbeiten schon am 15. September fortgesetzt
– bis sich am 16. September weitere Schäden an der Nummer 8 und neue Risse
in den Häusern mit den Nummern 5 und 6 zeigten.
Dabei geht es inzwischen nicht mehr nur um ein paar kleine Risse in der
Mauer, sondern auch um solche in der Bodenplatte. Eindringende
Feuchtigkeit, ein abgesacktes Treppenhaus – das sind sonst noch Dinge, die
Anwohner in einer eigens anberaumten Sitzung im Rathaus am 29. September
beklagten.
## Ursachen sind noch weitgehend unklar
Kurz zuvor hatte Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) [1][das Aus des
Projektes vor der Presse verkündet], nun musste Umwelt- und
Wirtschaftsdezernentin Anja Ritschel (Grüne) sich mit ihren Fachleuten vor
den Ratsmitgliedern im Fachausschuss rechtfertigen.
Dabei gibt es auf wesentliche Fragen noch gar keine Antwort, zuvorderst:
Wie konnte das passieren? Natürlich habe man vor Beginn der Bauarbeiten ein
Bodengutachten veranlasst und den Zustand der Häuser geprüft und
dokumentiert, versichern die Ingenieure im Ausschuss. Allein die
Schwingungen, die bei dieser Art von Arbeiten entstehen, seien jedenfalls
nicht für die Schäden verantwortlich. Die genauen Ursachen werden jetzt
untersucht.
Eine Arbeitshypothese: Möglicherweise gibt es dort alte Kanäle aus der
Gründerzeit, die nicht so verfüllt wurden, wie man es heute tun würde. Wenn
darin durch die Entwässerungsarbeiten und das Gerüttel eine Nachverdichtung
stattgefunden hat, könnte es zu Verlagerungen im Boden gekommen sein.
Ob man das hätte vorhersehen können und müssen, ist eine Frage, mit der
sich nun Gutachter beschäftigen werden. Davon wird dann auch abhängen, wer
für den Schaden aufkommen muss.
## Schon das zweite grüne Großprojekt, das scheitert
Die Stadtentwässerung sicherte den erbosten Anwohnern jedenfalls schon
einmal zu, in Vorleistung treten zu wollen. Alle notwendigen Auslagen zur
Schadenanalyse und Stabilisierung wolle man schnell und unbürokratisch
leisten, hieß es im Betriebsausschuss. Den Rest müssten dann die
Versicherungen unter sich aushandeln.
Wie hoch der Schaden für die Stadt und damit den Steuerzahler ausfallen
wird, ist auch noch nicht klar. An den Plänen für die oberirdische
Neugestaltung für die Prinzenstraße soll in jedem Fall festgehalten werden
– ob der Zeitplan zu halten ist, der eine Fertigstellung in 2028 vorsah,
steht aber ebenfalls in den Sternen.
Für Umweltdezernentin Anja Ritschel (Grüne) ist das schon das zweite
innovative Großprojekt, das krachend gescheitert ist, wie ihr die CDU
vorhält. Erst im letzten Jahr hatte sie das Aus für ein anderes
Leuchtturmprojekt verkünden müssen: [2][Die Produktion von grünem
Wasserstoff am Klärwerk].
4 Oct 2025
## LINKS
[1] https://www.hannover.de/Aus-Stadt-Region/Stadt-Hannover-beendet-das-Zistern…
[2] /Elektrolyse-in-Klaerwerk-gescheitert/!5987546
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Hannover
Klimaanpassung
Schwerpunkt Klimawandel
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Hitze
Starkregen
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